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Marcel Luthe
Marcel Luthe (* 31. August 1977 in Bottrop) ist ein deutscher Politiker (Freie Wähler, davor FDP),[1] Autor und Unternehmer. Er ist seit 2016 Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin.
Leben und Wirken
Ausbildung und berufliche Laufbahn
Luthe studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen.[2]
Er war ab 2002 Geschäftsführer und Teilhaber einiger Gesellschaften, unter anderem der Plaza Coffee GmbH, Confabs GmbH, premior.de Betriebsgesellschaft mbH und alpha omega Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH.[3] Er entwickelte ein mobiles Coffeeshopsystem in Form eines Lastenfahrrads und meldete dieses 2006 in Deutschland[4] und 2008 in den USA zum Patent an.[5]
Von 2009 bis 2013 war er ehrenamtlicher Richter am Landgericht Berlin.[6]
Im Mai 2021 erschien Luthes Buch Sanierungsfall Berlin: Unsere Hauptstadt zwischen Missmanagement und Organisierter Kriminalität im Münchener Finanzbuchverlag.[7]
Politische Laufbahn
Während des Studiums vertrat Luthe die Liberale Hochschulgruppe im Senat der Universität-Gesamthochschule Essen. Im April 2002 wurde er zum Vorsitzenden des Bundesverbandes Liberaler Hochschulgruppen gewählt.[8] Bei der Bundestagswahl 2002 kandidierte er im Wahlkreis Bottrop-Recklinghausen III.[9] Bis 2005 war Luthe Kreisvorsitzender der FDP-Jugendorganisation Junge Liberale, ab 2014 Schatzmeister des Berliner FDP-Ortsverbands Wilmersdorf.[10]
Bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl am 18. September 2016 trat er als Direktkandidat in Wahlkreis Grunewald an, wo die FDP ihr berlinweit bestes Erst- und Zweitstimmenergebnis erzielte, und zog über die Bezirksliste Charlottenburg-Wilmersdorf ins Abgeordnetenhaus ein. Zu seinen Themen als Abgeordneter zählt unter anderen der Flughafen Berlin-Tegel, zu dessen Erhalt er den Verein Pro Tegel gründete.[11] Der Pro Tegel e.V. war der Trägerverein des erfolgreichen Volksbegehrens „Berlin braucht Tegel“. Luthe war Mitte 2018 laut einer INSA-Umfrage mit einem Bekanntheitsgrad von 38 % einer der bekanntesten Berliner Landespolitiker.[12]
Im Abgeordnetenhaus setzte sich Luthe für die Einsetzung des 1. Untersuchungsausschusses zum Terroranschlag am Breitscheidplatz ein, in dem er ebenfalls Sprecher der FDP-Fraktion war. Dort monierte er die Verschleppung der Aufklärung durch den rot-rot-grünen Senat und besonders den Innensenator Andreas Geisel.[13] Weiter kritisiert er die Abschiebung von wichtigen Zeugen durch die Generalstaatsanwaltschaft.[14]
In der Affäre um defekte Schießstände der Berliner Polizei erhob Luthe 2018 wiederholt schwere Vorwürfe gegen die damalige Polizeivizepräsidentin und Berliner Generalstaatsanwältin Margarete Koppers.[15] 2018 erstattete Luthe Strafanzeige, weil der Innensenator trotz strafrechtlicher Ermittlungen gegen Koppers kein Disziplinarermittlungsverfahren eingeleitet hatte.[16]
Im Skandal um die mutmaßlich von Kriminellen unterwanderte Polizeiakademie Berlin warf Luthe der für Personal zuständigen Polizeivizepräsidentin Koppers vor, die Missstände nicht aufzuklären, sondern zu vertuschen.[17] Luthe fordert einen Untersuchungsausschuss zum kompletten Personalwesen bei Polizei und Justiz.[18]
Luthe vertrat seine Fraktion im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin und war auch deren innenpolitischer Sprecher. Seine Position als religionspolitischer Sprecher der Fraktion hatte er aufgegeben, nachdem seine Auffassung, dass sich eine „Gleichsetzung von Angriffen auf Juden mit irgendwelchen anderen Angriffen auf Menschen in Deutschland“ vor dem Hintergrund des Holocaust in Deutschland verbiete, nicht den Beifall seiner Fraktion fand.[19]
Im Mai 2018 hob das Abgeordnetenhaus Luthes Immunität für Ermittlungen wegen Unterhaltspflichtverletzung auf. Luthe bestritt die Vorwürfe. Erstmals in der Geschichte des Abgeordnetenhauses stimmte die gesamte Opposition gegen den Antrag, weil sie eine Einflussnahme durch den Justizsenator Dirk Behrendt aus politischen Gründen vermutete, da Luthe den Senat oft scharf attackiere.[20]
Am 13. April 2020 reichte Luthe Organklage vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin gegen den Senat von Berlin wegen der Berliner Corona-Verordnung ein.[21] Er machte geltend, diese sei widersprüchlich und teils willkürlich. Deshalb widerspreche sie dem Bestimmtheitsgebot. Zum Beispiel müssten Motorradläden schließen, Fahrradläden aber nicht.[22] Zudem sei es ein Eingriff in das freie Mandat, wenn er gegenüber einem Polizisten erklären müsse, weshalb er außerhalb seiner Wohnung unterwegs sei.[23]
Am 3. Juli 2020 schloss die FDP-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus Luthe ohne Angabe inhaltlicher Gründe einstimmig aus ihrer Fraktion aus. Die FDP Berlin forderte ihn auf, sein Mandat niederzulegen.[24] Luthe kündigte eine rechtliche Prüfung des Beschlusses an.[25]
Luthe gilt als der bekannteste FDP-Abgeordnete in Berlin[26] und wird auch von Innenpolitikern der Koalition wie den Abgeordneten Tom Schreiber (SPD) und Benedikt Lux (Grüne) fachlich geschätzt.[27] Eine INSA-Umfrage im Juli 2020 ermittelte einen berlinweiten Bekanntheitsgrad Luthes von 55 %, wobei sich 8 % von ihm "voll und ganz" und weitere 27 % überwiegend vertreten sahen.[28] Im selben Zeitraum ermittelte das Institut für die FDP einen Umfragewert von 5 %.
Im Oktober 2020 trat er aus der FDP aus.[29] Luthe begründete diesen Schritt unter anderem damit, dass er als Liberaler in der heutigen FDP keine Heimat mehr sehe, da diese nicht bereit sei, „auch gegen eine übergroße Mehrheit, gegen Anfeindungen und Angriffe seine Überzeugung zu verteidigen und gegen den Strom zu schwimmen“.[30] In seiner Austrittserklärung kritisierte er insbesondere, es sei aus dem Blick geraten, dass nicht die Gesundheit, sondern die Würde des Menschen das wichtigste Rechtsgut sei.[31]
Am 17. April 2021 wurde Luthe zum Spitzenkandidaten der Freien Wähler Berlin für die Wahl zum Abgeordnetenhaus 2021 gewählt.[32]
Im Juni 2021 führte das Meinungsforschungsinstitut www.wahlkreisprognose.de in einer repräsentativen Umfrage unter 2500 Berlinern Marcel Luthe mit einer Zustimmung von 24,5 Prozent noch vor den Fraktionsvorsitzenden von SPD (Raed Saleh), CDU (Burkard Dregger) und AfD (Georg Pazderski) und der auf Rang 9 der populärsten Berliner Politiker.[33]
Weitere Engagements
- Seit 2016: Vorsitzender des Wirtschaftsrats der Deutsch-Afghanischen Gesellschaft (DAGeV). Seit Juli 2018 Vizepräsident[34][35]
- Erstunterstützer der Positionen zur Bundestagswahl 2017 der WerteInitiative. jüdisch-deutsche Positionen, eines Vereins, der seit 2014 jüdisch-deutsche Positionen in der Politik vertritt[36]
- Seit 2019: Gemeinsam mit Mario Barth, Ralf Richter und Martin Semmelrogge Botschafter der Kampagne Stoppt-Mobbing des Schauspielers Carsten Stahl[37]
Auszeichnungen
- 2020: Luthe erhält für sein Engagement um den wirtschaftlichen Aufbau Afghanistans als erster deutscher Politiker eine Ehrenprofessur der Universität Kunduz[38]
Buch
- Sanierungsfall Berlin: Unsere Hauptstadt zwischen Missmanagement und Organisierter Kriminalität. FinanzBuch Verlag, ISBN 978-3-95972-446-3.
Weblinks
- Biografie auf der Website des Berliner Abgeordnetenhauses für die 18. Wahlperiode
- Marcel Luthe, MdA Webpräsenz bei Facebook
Einzelnachweise
- ↑ Team News, Philippe Debionne, Mike Wilms: Paukenschlag in der Berliner Politik: Marcel Luthe führt Freie Wähler an. Abgerufen am 17. April 2021.
- ↑ Armin Himmelrath: Querelen im Revier: Schallende Ohrfeige für Essens Rektorin. In: spiegel.de. 19. Dezember 2001, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Marcel Luthe, Berlin – Geschäftsführer der premior.de Betriebsgesellschaft mbH. In: moneyhouse.de. Abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ US20060273604A1 – Mobile serving unit. In: patents.google.com. 7. Dezember 2006, abgerufen am 2. Oktober 2018 (english).
- ↑ US20080122237A1 – Mobile serving unit. In: patents.google.com. 29. Mai 2008, abgerufen am 2. Oktober 2018 (english).
- ↑ Bernd Pickel: Dankschreiben Schöffenperiode 2009 bis 2013. (PDF; 456 kB) 24. Januar 2014, abgerufen am 1. Oktober 2018.
- ↑ Von Alex, er Wendt Mi, 19 Mai 2021: „Aus sozialistischer Sicht ist Berlin eine Erfolgsgeschichte“. 19. Mai 2021, abgerufen am 29. Mai 2021 (deutsch).
- ↑ Ahnengalerie. In: liberale-hochschulgruppen.de. Abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Bundestagswahl 2002 im Kreis Recklinghausen endgültige Ergebnisse. (PDF; 305 kB) In: kreis-re.de. 1. Oktober 2002, S. 12, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Bezirksvorstand – FDP-Bezirksverband Charlottenburg-Wilmersdorf. In: fdp-cw.de. Abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Andreas Abel, Isabell Jürgens: Berliner Initiative verklagt Müller wegen Tegel-Brief. In: morgenpost.de. 5. September 2017, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Anna Neuenfeld: INSA-Politikerranking Berlin. In: INSA-Consulere. 2. August 2018, abgerufen am 1. Oktober 2018.
- ↑ Bericht zu Breitscheidplatz-Attentäter: 32 schwere Mängel im Umgang mit Anis Amri. In: tagesspiegel.de. 15. April 2018, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ FDP-Abgeordneter Luthe kritisiert Senat – Gefährder kann wegen Abschiebung nicht befragt werden. In: rbb24.de. 31. Juli 2018, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Joseph Hausner: Margarete Koppers: Immer neue Vorwürfe gegen Berliner Polizei-Vizepräsidentin. In: focus.de. 3. November 2017, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Alexander Fröhlich: Schießstand-Affäre in Berlin: Luthe zeigt Geisel wegen Koppers an. In: tagesspiegel.de. 5. September 2018, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Michael Behrendt, Jan Lindenau: Berichte über Missstände: Jetzt sprechen Berliner Polizeischüler über die Skandal-Akademie. In: welt.de. 3. November 2017, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Hannes Heiner, Sabine Beikler: Polizei Berlin: Razzia unter Kollegen: Drogengeld: Polizist unter Korruptionsverdacht – Brandenburg – PNN. In: pnn.de. 18. März 2016, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Nach umstrittener Äußerung – Luthe nicht mehr religionspolitischer Sprecher der FDP. In: rbb24.de. 26. April 2018, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Abgeordnetenhaus hebt Immunität von Marcel Luthe (FDP) auf. In: bz-berlin.de. 31. Mai 2018, abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Andreas Kopietz: Coronavirus : FDP-Abgeordneter klagt gegen Corona-Verordnung des Berliner Senats. In: berliner-zeitung.de. 14. April 2020, abgerufen am 16. April 2020.
- ↑ Alexander Wendt: FDP-Abgeordneter Marcel Luthe: „Wir öffnen die Büchse der Pandora“. In: tichyseinblick.de. 15. April 2020, abgerufen am 16. April 2020.
- ↑ Organklage. In: yumpu.com. Abgerufen am 16. April 2020.
- ↑ Alexander Fröhlich, Ingo Salmen: Berliner FDP-Fraktion schließt Abgeordneten Marcel Luthe aus. Abgerufen am 3. Juli 2020.
- ↑ Berliner FDP-Fraktion schließt Abgeordneten Marcel Luthe aus. Abgerufen am 4. Juli 2020.
- ↑ Wie der Rauswurf von Marcel Luthe Berlins FDP schaden kann. Abgerufen am 28. Juli 2020.
- ↑ Wie der Rauswurf von Marcel Luthe Berlins FDP schaden kann. Abgerufen am 28. Juli 2020.
- ↑ INSA Omnibus Juli 2020 Berlin – PDF kostenlos ins Internet hochladen. (PDF) Abgerufen am 5. August 2020 (deutsch).
- ↑ Marcel Luthe tritt aus der FDP aus. Abgerufen am 10. Oktober 2020.
- ↑ Berliner Zeitung: Landespolitik. Abgerufen am 10. Oktober 2020 (deutsch).
- ↑ Austrittserklärung Luthe. (PDF) Abgerufen am 10. Oktober 2020.
- ↑ Team News, Philippe Debionne, Mike Wilms: Paukenschlag in der Berliner Politik: Marcel Luthe führt Freie Wähler an. Abgerufen am 17. April 2021.
- ↑ WKP: Berlin: SPD erobert Platz 1 zurück - Grüne verlieren deutlich - CDU auf Erholungskurs. In: Wahlkreisprognose.de. Abgerufen am 11. Juni 2021 (deutsch).
- ↑ Abgeordnetenhaus von Berlin – Luthe, Marcel. In: parlament-berlin.de. Abgerufen am 2. Oktober 2018.
- ↑ Das Präsidium der DAGeV – Deutsch-Afghanische Gesellschaft. Abgerufen am 8. Oktober 2018.
- ↑ Jüdische Positionen zur Bundestagswahl 2017. In: werteinitiative.de. Abgerufen am 5. Juli 2020.
- ↑ Marcel Luthe : Stoppt Mobbing! Abgerufen am 2. Juni 2020 (deutsch).
- ↑ Fachkräftemangel: Ostdeutsche Partnerbetriebe gesucht. Abgerufen am 29. Mai 2020.
Personendaten | |
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NAME | Luthe, Marcel |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (FDP), MdA |
GEBURTSDATUM | 31. August 1977 |
GEBURTSORT | Bottrop |
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