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Menschen am Sonntag

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Filmdaten
OriginaltitelMenschen am Sonntag
ProduktionslandDeutschland
OriginalspracheDeutsch
Erscheinungsjahr1930
Länge74 Minuten
Stab
RegieCurt Siodmak
Robert Siodmak
Edgar G. Ulmer
Fred Zinnemann
DrehbuchBillie Wilder
Curt und Robert Siodmak
ProduktionEdgar G. Ulmer
MusikOtto Stenzeel
KameraEugen Schüfftan
Fred Zinnemann
Besetzung

Menschen am Sonntag ist ein Film junger Berliner Filmamateure, gedreht im Jahr 1929 und 1930 in Berlin und Umgebung. Der Film wurde im Februar 1930 in Berlin uraufgeführt. Er zählt zu den späten Vertretern der Neuen Sachlichkeit im Film.

Handlung

Der Film beginnt an einem Samstag am Berliner Bahnhof Zoo. Gezeigt wird das hektische Treiben von Menschen, Autos, S-Bahn, Bus und Straßenbahn. Es folgt die Vorstellung der Hauptcharaktere – ein Taxifahrer, eine Komparsin, eine Schallplattenverkäuferin, ein Mannequin und ein Weinverkäufer. Der Weinverkäufer trifft die Komparsin in einem Straßencafé und sie verabreden sich für Sonntagvormittag. Es folgen Aufnahmen von Schiffen auf der Spree und Kindern am Ufer. Szenenwechsel. Der Taxifahrer betritt seine Wohnung, wo das Mannequin „Annie“ müde im Bett liegt. Er setzt sich an den für zwei Personen gedeckten Tisch, trinkt, isst und liest Zeitung. Danach werfen sich die beiden in Abendrobe und scheinen ausgehen zu wollen. Doch da dem Taxifahrer nicht gefällt, wie Annie den Hut trägt, kommt es zum Streit und sie bleiben zu Hause. Ein Nachbar, der den Lärm gehört hatte, kommt vorbei. Die beiden Männer spielen Poker.

Sonntag. Man sieht Bilder aus Berlin. Zwei Obdachlose liegend auf Parkbänken, Straßenszenen, ein verwahrlostes Haus, einen Friedhof. Dann trifft sich die Komparsin Christl wie vereinbart mit dem Weinverkäufer Wolfgang in der Stadt. Sie hat eine Freundin mitgenommen, die Schallplattenverkäuferin Brigitte, er einen Freund, den Taxifahrer Erwin. Sie fahren nach Nikolassee und gehen an den Großen Wannsee, an einen weniger überlaufenen Sandstrand am "Großen Fenster", wo sie sich umziehen. Dort ist das Ufer von Schilf und hohen Gräsern gesäumt. Es folgen Bilder vom deutlich besser besuchten Strandbad Wannsee. Dort tummeln sich viele badende Erwachsene und Kleinkinder und ein Fotograf. Es folgt die Darstellung dutzender Fotos von Strandbesuchern, die in immer schnellerer Schnittfolge gezeigt werden.

Zurück an der Havel vergnügt sich der Weinverkäufer mit der Freundin der Komparsin im Wasser. Danach verschwinden die beiden im angrenzenden Wald, wo es zu einer Liebesszene kommt. Durch Kameraführung und mise-en-scène wird angedeutet, dass sie Sex haben. Als später alle vier wieder beisammen sind müssen die beiden Frauen entrüstet zusehen, wie die beiden Männer mit zwei anderen Frauen flirten. Zum Abschluss des Tagesausflugs unternehmen sie gemeinsam noch eine Tretbootfahrt, bei der die Frauen eine kleine Genugtuung erfahren, weil sich die Männer bei ihnen Geld leihen müssen, um das Boot zu bezahlen. Danach fahren sie mit einem Stockbus zurück in die Stadt. Die Fahrt wird von der Kamera begleitet. Man sieht sowohl den fahrenden Bus mit den Darstellern darin, als auch die Umgebung, an der sie vorbeifahren. Die Komparsin wird von den anderen Dreien nach Hause begleitet. Ihre Freundin vereinbart mit dem Weinverkäufer ein Treffen am nächsten Sonntag.

Es folgt der Zwischentitel: „Und dann am Montag“. Man sieht hektisches Treiben auf den Straßen – Menschen bei der oder auf dem Weg zur Arbeit. Dazwischen werden in gleichmäßigen Abständen die Zwischentitel „wieder Arbeit“, „wieder Alltag“, „wieder Woche“ eingeblendet. Der Film endet mit dem Satz, dessen Worte nacheinander einzeln eingeblendet werden: „4 Millionen warten auf den nächsten Sonntag“. „Ende“.

Hintergründe

Der Film schildert halbdokumentarisch das Leben junger Menschen in der Metropole Berlin Ende der 1920er Jahre. Die jungen Amateure schrieben in ihrer Freizeit das Drehbuch und filmten an Sonntagen, wenn alle Beteiligten Zeit hatten. Das Budget stammte aus den Ersparnissen des Regisseurkollektivs. Vier der fünf Hauptdarsteller standen das erste Mal vor der Kamera. Die junge Christl Ehlers hatte ein Jahr zuvor eine Hauptrolle in dem Märchenfilm Frau Holle gespielt. Kurze Auftritte haben Kurt Gerron und Valeska Gert (in der Fotografien-Szene). Auch Berlin-historisch ist der Film sehenswert aufgrund der authentischen Bilder aus dieser Zeit, vom Bahnhof Zoo, dem Bahnhof Nikolassee, der Havel am "Großen Fenster" und Wannsee. Die Aufnahmen haben neben Authentizität Stimmung und poetische Kraft. Der Film ist die erste Filmarbeit der späteren Oscarpreisträger Billy Wilder und Fred Zinnemann. Edgar G. Ulmer drehte in Hollywood vor allem B-Filme. Die Brüder Siodmak machten ebenfalls Karriere im deutschen wie im amerikanischen Film. Seine Entstehungsgeschichte macht den Film zu einem der ersten Independent-Filme und zu einem Vorläufer des Neorealismus der Nachkriegszeit.

Fassung

Die Originalfassung, welche nicht mehr vorhanden ist, hatte eine Länge von 2.014 Metern. Die nun existierende Version besteht aus einer 1.615 Meter langen Fassung aus dem Nederlands Filmmuseum, dessen fehlende Szenen so weit als möglich mit erhaltenen Sequenzen aus der Cinémathèque Suisse, der Cinémathèque Royale de Belgique und der Fondaziona Cineteca Italiana ergänzt wurden. Die deutschen Zwischentitel wurden neu angefertigt, basierend auf noch vorhandenen Textquellen. Resultat ist eine 1.856 Meter lange Endfassung.

Kritik

„Eine halbdokumentarische Collage aus Spielszenen und Sozialreportage, durch Bildverismus, Darstellung und Vermittlung sozialer Realität eines der herausragenden Werke der deutschen Stummfilm-Avantgarde. Die präzisen und authentischen Beobachtungen aus dem Milieu der Angestelltenkultur, beispielhaft für die gesellschaftliche Entwicklung der späten 20er Jahre, haben den Charakter eines historischen Dokuments; der Inszenierungsstil des Films, der seine Episoden aus dem Flair der Originalschauplätze und der spontanen Selbstdarstellung seiner Laienschauspieler entwickelt, beeinflußte den poetischen Realismus im Frankreich der 30er Jahre und wirkte stilbildend für den italienischen Neorealismus. Die Mitglieder des Autorenkollektivs emigrierten später in die USA.“

Literatur

  • Rudolf Freund Menschen am Sonntag. In Günther Dahlke, Günther Karl (Hrsg.): Deutsche Spielfilme von den Anfängen bis 1933. Ein Filmführer. Henschel Verlag, 2. Auflage, Berlin 1993, S. 214 f. ISBN 3-89487-009-5

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Menschen am Sonntag aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.