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Micha Brumlik
Micha Brumlik (* 4. November 1947 in Davos) ist ein Schweizer Erziehungswissenschaftler und Publizist. Er wurde als Kind jüdischer Flüchtlinge in der Schweiz geboren und lebt seit 1952 in Deutschland. Er war bis zu seiner Emeritierung im Frühjahr 2013 Professor am Fachbereich Erziehungswissenschaften an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.[1] Als Publizist und Gastautor diverser Zeitungen veröffentlichte er Sachbücher, Essays und Artikel zur Geschichte des Judentums und zeitgenössischer jüdischer Themen.
Leben
Micha Brumlik wurde als Sohn von Josef[2] und Recha Brumlik geboren. Sein Vater war in der zionistischen Jugendbewegung aktiv gewesen und arbeitete zeit seines Lebens für verschiedene zionistische Organisationen, ohne selbst jemals in Israel gewesen zu sein.[3] 1953 siedelte die Familie nach Frankfurt am Main über, wo er das Lessing-Gymnasium besuchte. Von 1959 bis 1967 war er Mitglied einer zionistischen Jugendorganisation.[4] Nach dem Abitur 1967 verbrachte Brumlik zwei Jahre in Israel. Er studierte Philosophie und arbeitete in einem Kibbuz. Israel erlebte er als „imperialistisches Land“ und wurde deswegen zum „Antizionisten“.[5] Nach seiner Rückkehr nach Deutschland studierte er Pädagogik, Philosophie und Soziologie in Frankfurt am Main. 1973 schloss er das Studium mit einem Diplom in Sozialpädagogik ab. Danach war er wissenschaftlicher Assistent der Pädagogik an den Universitäten Göttingen und Mainz, dann Assistenzprofessor in Hamburg. In den achtziger Jahren revidierte er, gefördert durch eine Analyse bei einem Psychoanalytiker aus Israel, seine Haltung zum Staat Israel und zur Bedeutung des Zionismus für das Judentum erneut.[6] Seit dieser Zeit kritisiert er antisemitische Denkmuster in der politischen Kultur Deutschlands, besonders in der Linken. Anfang 1991 trat er aus der Partei der Grünen wegen deren Ablehnung von Waffenlieferungen an Israel aus.[7] Von 1981 bis 2000 lehrte er Erziehungswissenschaft an der Universität Heidelberg.
Im Jahr 2000 übernahm er eine Professur am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main mit dem Schwerpunkt „Theorie der Erziehung und Bildung“ an.[8] Von 2000 bis 2005 war er der Leiter des Fritz Bauer Instituts, eines Studien- und Dokumentationszentrums zur Geschichte und Wirkung des Holocaust.[9]
Brumlik ist Mitherausgeber der politisch-wissenschaftlichen Monatszeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik und des Periodikums Babylon – Beiträge zur jüdischen Gegenwart. Er war Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Juden und Christen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag. Er kritisierte im Februar 2008 die Neuformulierung der Karfreitagsfürbitte für die Juden innerhalb der tridentinischen Messe und sagte seine Teilnahme am 97. Deutschen Katholikentag im Mai in Osnabrück ab.[10]
Brumlik war in Deutschland im Sozialistischen Büro politisch aktiv, als Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und als Frankfurter Stadtverordneter.
Auszeichnungen
- 2003: Hermann-Cohen-Medaille für Jüdische Kulturphilosophie der Hermann-Cohen-Akademie[11]
- 2016: Buber-Rosenzweig-Medaille für Verständigung zwischen Juden und Christen[12]
- 2016: Franz-Rosenzweig-Gastprofessur[13]
Werke (Bücher; Auswahl)
- Gemeinsam mit Petra Kunik (Hrsg.): Reichspogromnacht. Vergangenheitsbewältigung aus jüdischer Sicht. Brandes und Apsel Verlags-GmbH 1988, ISBN 3-925798-92-7
- Weltrisiko Naher Osten – Moralische und politische Perspektiven in einem Konflikt ohne Ende, Junius, Hamburg 1991, ISBN 3-88506-188-0.
- Der Anti-Alt – Wider die furchtbare Friedfertigkeit, Eichborn, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-8218-0453-X (Reaktion und Kritik Brumliks zu einigen Veröffentlichungen des Journalisten Franz Alt).
- Die Gnostiker. Der Traum von der Selbsterlösung des Menschen, Eichborn, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-8218-0426-2.
- Neuausgabe: Philo, Berlin/Wien 2004, ISBN 978-3-86572-207-2.
- Schrift, Wort, Ikone. Wege aus dem Verbot der Bilder, Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-596-12257-0.
- Neuausgabe: Philo und EVA, Hamburg 2006, ISBN 978-3-86572-626-1.
- Gerechtigkeit zwischen den Generationen, Berlin Verlag, Berlin 1995, ISBN 3-8270-0175-7. (auch Büchergilde Gutenberg 1997)
- Kein Weg als Deutscher und Jude. Eine bundesrepublikanische Erfahrung, Luchterhand, München 1996, ISBN 978-3-630-87985-7.
- Deutscher Geist und Judenhass. Das Verhältnis des philosophischen Idealismus zum Judentum, Luchterhand (sl 2028), München 2000, ISBN 3-630-62028-0 (Rezensionen: Heinz Dieter Kittsteiner in NZZ, 10. Januar 2001; Martin Lüdke in: Die Zeit, 11. Januar 2001; Martin Jander in: taz, 30. Januar 2001; Peter Jacobs in: Die Welt, 17. Februar 2001)
- Vernunft und Offenbarung, Philo, Berlin / Wien 2001, ISBN 3-8257-0241-3 (Neuauflage 2014, ISBN 978-3-86393-024-0).
- Bildung und Glück. Versuch einer Theorie der Tugenden, Philo, München 2002 ISBN 3-8257-0241-3.
- C. G. Jung zur Einführung, Junius, Hamburg 2004 (Neufassung), ISBN 978-3-88506-397-1.
- Advokatorische Ethik. Zur Legitimation pädagogischer Eingriffe, Philo, Berlin / Wien 2004, ISBN 978-3-86572-346-8.
- Aus Katastrophen lernen? Grundlagen zeitgeschichtlicher Bildung in menschenrechtlicher Absicht, Philo, Berlin / Wien 2004, ISBN 978-3-86572-359-8.
- Wer Sturm sät. Die Vertreibung der Deutschen, Aufbau, Berlin 2005, ISBN 978-3-351-02580-9.
- Sigmund Freud. Der Denker des 20. Jahrhunderts, Beltz, Weinheim 2006, ISBN 978-3-407-85780-4.
- Vom Missbrauch der Disziplin. Antworten der Wissenschaft auf Bernhard Bueb, Beltz, Weinheim 2007, ISBN 978-3-407-85765-1.
- Judentum. Was stimmt? Die wichtigsten Antworten, Herder, Freiburg im Breisgau 2007, ISBN 978-3-451-05796-0.
- Wenn nicht jetzt, wann dann? Zur Zukunft des deutschen Judentums. Charlotte Knobloch, Micha Brumlik und Gesa S. Ederberg im Gespräch mit Wilfried Köpke, Herder, Freiburg im Breisgau 2007, ISBN 978-3-451-29395-5.
- mit Jürgen Micksch (Hrsg.) u.a.: Evangelisch aus fundamentalem Grund. Wie sich die EKD gegen den Islam profiliert, Lembeck, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-87476-545-9.
- Kritik des Zionismus, Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2007, ISBN 978-3-434-50609-6.
- Ab nach Sibirien?: Wie gefährlich ist unsere Jugend?, Beltz, Weinheim 2008, ISBN 978-3-407-85873-3.
- „…ein Funke des römischen Gedankens…“: Leo Strauss’ Kritik an Hermann Cohen, Universitätsverlag Winter, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8253-5123-6.
- Kurze Geschichte Judentum, Verlagshaus Jacoby & Stuart, Berlin 2009, ISBN 978-3-941087-53-8.
- Kurze Geschichte in 5 Kapiteln: Frühes Christentum, Verlagshaus Jacoby & Stuart, Berlin 2010, ISBN 978-3-941787-14-8.
- mit Steffen Hagemann (Hrsg.): Autoritäres Erbe und Demokratisierung der politischen Kultur. Festschrift für Hajo Funke (= Schriftenreihe Politik und Kultur. 11). Schiler, Berlin 2010, ISBN 978-3-89930-313-1.
- Innerlich beschnittene Juden. Zu Eduard Fuchs’ „Die Juden in der Karikatur“, KVV konkret, Hamburg 2012, ISBN 978-3-930786-65-7.
- Die Gewalt des einen Gottes. Die Monotheismusdebatte zwischen Jan Assmann, Micha Brumlik, Rolf Schieder, Peter Sloterdijk und anderen, Herausgegeben von Rolf Schieder, University Press, Berlin 2014, ISBN 978-3-86280-067-4.
- Wie ein Kugelblitz? Das Rätsel der kindlichen Sexualität. In: Ilka Quindeau/Micha Brumlik (Hrsg.): Kindliche Sexualität. Weinheim, Basel 2012. ISBN 978-3-7799-1552-2.
- Messianisches Licht und Menschenwürde. Politische Theorie aus Quellen jüdischer Tradition. Nomo, Baden-Baden 2013, ISBN 978-3-8487-0102-5.
- Wann, wenn nicht jetzt? Versuch über die Gegenwart des Judentums.Neofelis Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-95808-032-4.
Weblinks
- Literatur von und über Micha Brumlik im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Micha Brumlik in der Internet Movie Database (englisch)
- Webseite Micha Brumlik
Interviews
- Ich glaube an die Mittel der Aufklärung, Interview mit Micha Brumlik über die Aktualität des Antisemitismus in Deutschland und anderswo
- Gibt es einen jüdischen Antisemitismus?
Kontroverse Micha Brumlik/Rolf Verleger
- Antisemitismus unter Juden? Von Micha Brumlik, taz vom 3. April 2007
- Antisemitologie Artikel von Rolf Verleger in der taz vom 12. April 2007
Andere Veröffentlichungen
- Ein doppelter Geburtstagsgruß Hannah Arendt und den „Blättern“ gewidmet (mit Links zu weiteren Artikeln von Brumlik)
- Niemals von Schuld erlöst, Freud las in den Religionen – und erkannte Trauma, Schuldbewusstsein und Spuren von Mord wie Totschlag. Was daran aber war spezifisch jüdisch, was universalistisch? von Micha Brumlik, taz vom 25. Februar 2006.
- Wer lehrt die Würde des Menschen?, taz, 25. April 2009
Einzelnachweise
- ↑ Micha Brumlik: Das vulnerable Kind (PDF; 327 kB), Abschiedsvorlesung Februar 2013
- ↑ Brumlik, Josef, in: Hermann Schröter (Hrsg.) : Geschichte und Schicksal der Essener Juden : Gedenkbuch für die jüdischen Mitbürger der Stadt Essen. Essen : Stadt Essen, 1980, S. 496
- ↑ Micha Brumlik: Kein Weg als Deutscher und Jude, S. 61
- ↑ Micha Brumlik: Kein Weg als Deutscher und Jude, S. 35–39.
- ↑ Micha Brumlik: Kein Weg als Deutscher und Jude, S. 73–75.
- ↑ Micha Brumlik: Kein Weg als Deutscher und Jude, S. 146 f.
- ↑ Micha Brumlik: Auf Waffenlosigkeit zu beharren, ist böswillig. Ein unwiderruflicher Parteiaustritt, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 3. Februar 1991.
- ↑ seine Seite in der Universität
- ↑ Nachrichten des Fritz Bauer Instituts
- ↑ Auch Micha Brumlik sagt Teilnahme am Katholikentag ab epd
- ↑ Hermann-Cohen-Medaille für Jüdische Kulturphilosophie, abgerufen am 20. März 2016
- ↑ Verleihung durch den Dachverband des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (DKR) bei der zentralen Eröffnungsfeier der Woche der Brüderlichkeit in Hannover am 6. März 2016.
- ↑ http://www.uni-kassel.de/uni/nc/universitaet/nachrichten/article/kasseler-rosenzweig-professur-an-den-philosophen-micha-brumlik.html
Katajun Amirpur | Seyla Benhabib | Norman Birnbaum | Peter Bofinger | Ulrich Brand | Micha Brumlik | Dan Diner | Jürgen Habermas | Detlef Hensche | Rudolf Hickel | Claus Leggewie | Ingeborg Maus | Klaus Naumann | Jens Reich | Rainer Rilling | Irene Runge | Saskia Sassen | Karen Schönwälder | Friedrich Schorlemmer | Gerhard Stuby | Hans-Jürgen Urban | Rosemarie Will
Personendaten | |
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NAME | Brumlik, Micha |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Erziehungswissenschaftler und Publizist |
GEBURTSDATUM | 4. November 1947 |
GEBURTSORT | Davos, Schweiz |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Micha Brumlik aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |
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