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Morbus Stargardt
Klassifikation nach ICD-10 | ||
---|---|---|
H35.5 | Hereditäre Netzhautdystrophie | |
ICD-10 online (WHO-Version 2013) |
Morbus Stargardt, Fundus flavimaculatus (engl. Macular dystrophy with flecks) oder Behr-Syndrom II ist eine sehr seltene juvenile Makuladegeneration, die nahezu ausschließlich autosomal-rezessiv vererbt wird.[1] In einigen Fällen konnte allerdings bislang keine genetische Ursache nachgewiesen werden. Es sind bislang vier beteiligte Genorte beschrieben worden.
In den Sehzellen wird unter Lichteinfluss Sehpurpur (11-cis-Retinal) in Sehgelb (all-trans-Retinal) umgewandelt, welches mit Phosphatidylethanolamin (PE) konjugiert und durch eine Membran-ATPase (codiert durch das ABCA4-Gen) aus den Sehzellen herausgeschafft wird. Mutationen in dem ABCA4-Genprodukt führen zur Ansammlung von giftigen Abbauprodukten von Sehgelb in den Sehzellen, die häufigste Ursache von Morbus Stargardt.
Auffällig sind Ablagerungen im Pigmentepithel der Netzhaut, die mit einer vermehrten Autofluoreszenz einhergehen und in einigen Fällen auch funduskopisch als fleckige Gelbfärbungen der Netzhaut sichtbar sind, weshalb die Krankheit auch als Fundus flavimaculatus bekannt ist. Die Diagnose wird zumeist mit dem multifokalen Elektroretinogramm gestellt.
In der Pubertät verschlechtert sich die Sehschärfe im zentralen Sehfeld bis auf etwa 0,1, sodass die Lesefähigkeit im Verlauf verloren gehen kann. Möglich ist auch ein über Jahre oder Jahrzehnte stabiler Visus von 0,2 bis 0,3. Eine vollständige Erblindung droht indes nicht. Die Erkrankung beschränkt sich auf den Bereich des scharfen Sehens, während das Gesichtsfeld intakt ist. Die Ausbildung einer außerhalb des Zentralskotoms liegenden exzentrischen Fixation bei Patienten mit Morbus Stargardt erfolgt in 3 Stufen: Neben einer zentralen Fixation lässt sich zunächst ein Wechsel zwischen zentraler und außerhalb des Zentralskotoms gelegener Fixation beobachten, ehe eine dauernde Fixationsverlagerung eintritt. Dieses wechselnde Fixationsverhalten kann die Beschwerden der Patienten beim Lesen und die Schwierigkeiten beim Versorgen mit Sehhilfen erklären. Weitere Symptome sind erhöhte Blendungsempfindlichkeit, Farbsinnstörung, Zentralskotom.
Bisher ist keine ursächliche Therapie verfügbar.[2] Betroffenen kann der Einsatz von vergrößernden optischen und elektronischen Sehhilfen den Alltag erleichtern.
2012 wurde entdeckt, dass der Wirkstoff Soraprazan möglicherweise in der Lage ist Lipofuszin aus den retinalen Pigmentepithelzellen zu entfernen.[3][4] Nach einer erfolgreichen Zulassung würde dies eine neue Therapieoption für die Behandlung des Morbus Stargardt eröffnen. Dem Medikament wurde 2013 der Orphan-Drug-Status für die Behandlung von Morbus Stargardt von der European Medicines Agency (EMA) gewährt.[5] Die klinische Wirksamkeit muss vor einer Zulassung aber noch nachgewiesen werden.
Mittlerweile gibt es auf Basis von embryonalen Stammzellen neue Therapiemöglichkeiten. Seit April 2011 laufen die einzigen zwei von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) genehmigten Patientenversuche.[6] Hier werden ältere Patienten mit trockener Makuladegeneration (AMD) und jüngere Patienten mit Morbus Stargardt mit Zellen des retinalen Pigmentepithels (RPE) behandelt, d. h. ihnen werden 50–200.0000 RPE-Zellen in die Netzhaut eines Auges injiziert. Diese Zellen werden aus embryonalen Stammzellen gewonnen ohne das ein Embryo zerstört wird (patentierte Blastomeretechnik, ähnlich der PID-Diagnostik). Mittlerweile sind über 40 Patienten in vier Augenkliniken der USA und zwei in Großbritannien behandelt worden. Im Oktober 2014 erschien in The Lancet ein Peer-Review Artikel.[7] Ihm zufolge habe die Mehrzahl der Patienten signifikante Sehverbesserungen aufgewiesen. Das hat die FDA dazu bewogen, auch für jüngere Patienten eine Versuchsreihe zu genehmigen. Grundsätzlich beginnen solche Versuche mit älteren Patienten, die schon eine fortgeschrittene Erkrankung ihrer Sehleistung haben. Vorrangig geht es um die sichere Verwendung der Therapie. Ende März 2015 werden bei der CHA (Pharma-Unternehmen in Südkorea) auch erste Ergebnisse von mit RPE-Zellen behandelten Patienten veröffentlicht. Die Versuche werden von dem Pharma-Unternehmen OCATA Therapeutics (früher ACTC) unter der Führung von Robert Lanza durchgeführt. Mai 2015 soll eine breit angelegte Phase II erfolgen.
Geschichte
Die Krankheit ist nach dem Arzt Karl Stargardt benannt, der sie 1909 während seiner Tätigkeit an der Augenklinik in Bonn beschrieben hat.[8]
Synonyme sind lat. Fundus flavimaculatus (engl. Macular dystrophy with flecks[9]) oder Behr-Syndrom II, nach einer Veröffentlichung von Carl Julius Peter Behr 1920[10][11]
Weblinks
- Morbus Stargardt auf der Website des Pro Retina Deutschland e. V.
Einzelnachweise
- ↑ Morbus Stargardt --- Molekulargenetik - Netzhauterkrankungen
- ↑ Überblick über das Krankheitsbild Morbus Stargardt
- ↑ S. Julien, U. Schraermeyer: Lipofuscin can be eliminated from the retinal pigment epithelium of monkeys. In: Neurobiology of aging. Band 33, Nummer 10, Oktober 2012, S. 2390–2397, ISSN 1558-1497. doi:10.1016/j.neurobiolaging.2011.12.009. PMID 22244091.
- ↑ Sonderformen der Makuladegeneration - Morbus Stargardt auf www.makula-degeneration.net
- ↑ Webseite EMA
- ↑ ongoing-clinical-trials. Website von OCATA Therapeutics. Abgerufen am 28. März 2015.
- ↑ Steven D. Schwartz et al.: Human embryonic stem cell-derived retinal pigment epithelium in patients with age-related macular degeneration and Stargardt's macular dystrophy: follow-up of two open-label phase 1/2 studies. In: The Lancet. Band 385, Nr. 9967, 2015, S. 509–516, doi:10.1016/S0140-6736(14)61376-3.
- ↑ K. B. Stargardt: Über familiäre, progressive Degeneration in der Makulagegend des Auges. In: Albrecht von Graefes Archiv für Ophthalmologie, 1909, Bd 71, S. 534-550.
- ↑ Morbus Stargardt. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
- ↑ C. Behr: Die Heredodegeneration der Makula. In: Klinische Monatsblätter für Augenheilkunde, Stuttgart, 1920, Bd 69, S. 469-505.
- ↑ Wo named it
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