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Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege
Basisdaten | |
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Titel: | Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege |
Kurztitel: | NS-Unrechtsurteileaufhebungsgesetz |
Abkürzung: | NS-AufhG |
Art: | Bundesgesetz |
Geltungsbereich: | Bundesrepublik Deutschland |
Rechtsmaterie: | Strafverfahrensrecht |
Fundstellennachweis: | 450-29 |
Datum des Gesetzes: | 25. August 1998 (BGBl. I S. 2501) |
Inkrafttreten am: | 1. September 1998 |
Letzte Änderung durch: | Art. 1 ÄndG vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3150) |
Inkrafttreten der letzten Änderung: |
30. September 2009 (Art. 2 ÄndG vom 24. September 2009) |
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten. |
Durch das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile (NS-AufhG) oder kurz NS-Unrechtsurteileaufhebungsgesetz in der Strafrechtspflege, beschlossen 1998 und geändert 2002 und 2009, werden verurteilende strafgerichtliche Entscheidungen, die unter Verstoß gegen elementare Gedanken der Gerechtigkeit nach dem 30. Januar 1933 zur Durchsetzung oder Aufrechterhaltung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes aus politischen, militärischen, rassischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen ergangen sind, aufgehoben. Die den Entscheidungen zugrunde liegenden Verfahren werden eingestellt.
Pauschal aufgehoben wurden 1998 zunächst nur alle Urteile des Volksgerichtshofes und der Standgerichte. Im Gesetzentwurf waren die Urteile der Militärgerichte gleichfalls aufgeführt, wurden aber in letzter Lesung gestrichen. Urteile anderer Gerichte werden aufgehoben, wenn sie auf einer der im Gesetzesanhang aufgezählten nationalsozialistischen Normen beruhten oder „unter Verstoß gegen elementare Gedanken der Gerechtigkeit nach dem 30. Januar 1933 zur Durchsetzung oder Aufrechterhaltung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes aus politischen, militärischen, rassischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen ergangen sind“ (§ 1). Ein finanzieller Entschädigungsanspruch, der über das nach anderen Vorschriften Gewährte hinausgeht, wird durch das Gesetz nicht begründet.
Änderungsgesetz vom 23. Juli 2002
Erst 2002 wurde das Gesetz durch das NS-AufhGÄndG in der Weise geändert, dass nun auch die Urteile der Militärgerichte gegen Deserteure der Wehrmacht sowie Urteile nach §§ 175, 175 a Nr. 4 (widernatürliche Unzucht = Homosexuelle Handelungen) pauschal aufgehoben wurden.[1] Im Bundestag wurde die Gesetzesänderung beschlossen mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS bei Gegenstimmen der Fraktionen von CDU/CSU und FDP. In der Plenardebatte hatten Redner von CDU/CSU und FDP betont, die Regelung nach dem Gesetz von 1998 sei ausreichend, die Generalklausel des § 1 erfasse auch diese Betroffenengruppen. Im Übrigen entstünde durch die pauschale Rehabilitierung der Deserteure die Gefahr, alle übrigen Soldaten moralisch abzuqualifizieren und auch die Richter der Militärjustiz pauschal zu verurteilen. Die Redner der Regierungsfraktionen betonten, dass Betroffene sich nach der Regelung von 1998 einer Einzelfallprüfung unterziehen mussten. Insbesondere der dabei zu erbringende Beweis ihrer Verurteilung sei wegen der oft fehlenden Dokumentation der Urteile schwierig, zudem für die Betroffenen entwürdigend. Nun seien sie pauschal vom „Makel des Vorbestraften“ befreit. Weitergehende Anträge der PDS-Fraktion, die auch eine Rehabilitierung und Versorgung bei Landesverrat (ein Tatbestand, der auch die Eingliederung in eine fremde Armee nach einer erfolgreichen Desertion beinhaltet) bzw. eine großzügigere Entschädigungsregelung forderte (BTDrucks 14/5612), wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt.
Zweites Änderungsgesetz vom 24. September 2009
Am 10. Mai 2007 befasste sich der Bundestag in seiner 97. Sitzung[2] unter Tagesordnungspunkt 20 mit einem von der Fraktion der Linken eingebrachten Entwurf[3] vom 25. Oktober 2006 eines zweiten Änderungsgesetzes. Damit sollten auch die Urteile gegen so genannte „Kriegsverräter“ aufgehoben werden. Die Reden der Abgeordneten Norbert Geis (CDU/CSU), Carl-Christian Dressel (SPD), Jörg van Essen (FDP), Jan Korte (Die Linke) und Volker Beck (B’90/Grüne) wurden dazu zu Protokoll (Anhang 10) gegeben und der Entwurf an Ausschüsse übergeben. Eine Plenardebatte fand nicht statt.
Am 2. Juli 2009 wurde ein neuer Gesetzentwurf zur Aufhebung der Urteile gegen sogenannte Kriegsverräter von der SPD-CDU-Koalition, den auch Grüne und FDP mitzeichnen, ins Plenum eingebracht. Der Bundestag beschloss dieses Gesetz am 24. September 2009 und es trat am 30. September 2009 in Kraft[4]. Danach ist zur Aufhebung von Urteilen wegen „Kriegsverrats“ keine Einzelfallprüfung mehr erforderlich.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries äußerte dazu, dass durch dieses Urteil die Ehre und Würde sogenannter Kriegsverräter als langvergessene Gruppe von Opfern der NS-Justiz wiederhergestellt werde. Damit werde der Widerstand einfacher Soldaten anerkannt, die die häufigsten Opfer dieser Vorschrift gewesen seien.[5]
Literatur
- Wolfram Wette: Deserteure der Wehrmacht rehabilitiert. Ein exemplarischer Meinungswandel in Deutschland (1980–2002). In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 52, 2004, ISSN 0044-2828, S. 505–527.
Siehe auch
Weblinks
- Gesetzestext in der aktuellen Fassung
- Protokoll der zweiten und dritten Beratung des Änderungsgesetzes im Bundestag am 17. Mai 2002 (S. 23733 ff.) (PDF; 1,04 MB)
- Pressemitteilung der Bundesvereinigung Opfer der NS-Militärjustiz e.V. zur Gesetzesänderung 2002
Einzelnachweise
- ↑ Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (PDF; 16 kB)
- ↑ BT Plenarprotokoll 16/97 (PDF; 2,5 MB) Abgerufen am 31. Dezember 2010.
- ↑ BT-Drucks. 16/3139 (PDF; 101 kB) Abgerufen am 31. Dezember 2010.
- ↑ Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege vom 24. September 2009 (BGBl. I S. 3150)
- ↑ Bundestag rehabilitiert Kriegsverräter, fr online
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