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Palästinensische Autonomiebehörde

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Die Palästinensische Autonomiebehörde (abgekürzt PNA oder PA) (arabisch السلطة الوطنية الفلسطينية, DMG as-Sulṭa al-Waṭaniyya al-Filasṭiniyya) ist eine quasistaatliche Einrichtung, die nominell Regierungsfunktionen in den Palästinensischen Autonomiegebieten im Westjordanland und dem Gaza-Streifen ausübt.[1] Diese Gebiete werden von der Palästinensischen Autonomiebehörde palästinensische Territorien genannt.

Bisherige Entwicklung

Die Palästinensische Autonomiebehörde wurde als Teil des Gaza-Jericho-Abkommens zwischen der PLO und Israel eingerichtet. Sie hat in den städtischen Gebieten (sog. Area A) die Zuständigkeit für Sicherheitsfragen und öffentliche Verwaltung und in den ländlichen Gebieten (sog. Area B) die Zuständigkeit für die öffentliche Verwaltung. In einem weiteren, flächenmäßig großen, jedoch sehr dünnbesiedelten Gebiet des Westjordanlandes (Area C) hat die israelische Armee weiterhin die volle Kontrolle, dazu gehören auch die israelischen Siedlungen.

Die Verträge von Oslo sahen keine explizite Regelung für die Zukunft der Palästinensischen Autonomiebehörde vor, es war jedoch ungeschriebenes Übereinkommen, dass die Palästinensische Autonomiebehörde im Zuge einer endgültigen Regelung die Basis für einen zu gründenden palästinensischen Staat werden solle.

Die Palästinensische Autonomiebehörde genießt internationale Anerkennung als Vertretung des palästinensischen Volkes, jedoch in einem eingeschränkten Sinne.[2] Sie ist kein Völkerrechtssubjekt und hatte bei den Vereinten Nationen anders als die PLO keinen Beobachterstatus. Erst mit der Abstimmung am 29. November 2012 wurde dem Staat Palästina der Beobachterstatus gewährt. Daraufhin beschloss die Autonomiebehörde ihre Umbenennung in "Staat Palästina". Aus Sorge über die Nichtanerkennung von Ausweisen wird der neue Namen aber nicht überall gedruckt.[3]

Die Palästinensische Autonomiebehörde erhält umfangreiche Subventionen von der Europäischen Union[4] und den USA und Ausgleichszahlungen von Israel.[5] Traditionell ist die EU der Hauptgeldgeber zu dem Deutschland 20 Prozent beiträgt. 2011 waren insgesamt 830 Millionen Euro vorgesehen.[6]

Die Palästinensische Autonomiebehörde unterhält Polizeikräfte im Umfang von etwa 40.000 bis 80.000 Mann, die über gepanzerte Fahrzeuge verfügen und automatische Waffen tragen. Seitens des Auswärtigen Amts wird die palästinensische Zivilpolizei seit 2008 unter anderem mit neuen Einsatzfahrzeugen unterstützt.[7]

Wahlen

Seit der Einrichtung der Palästinensischen Autonomiebehörde im Jahr 1993 fanden nur zwei Wahlen statt. Alle weiteren, geplanten Wahlen wurden aus verschiedenen Gründen verschoben.

Eine einzelne Wahl des Präsidenten und der Legislative fand 1996 statt. Die nächsten Wahlen waren für das Jahr 2001 geplant, fanden aber nicht statt. Nach dem Tod des Präsidenten Jassir Arafat wurde ein Wahltermin für den 9. Januar 2005 angesetzt. Die Palästinenser wählten an diesen Präsidentschaftswahlen Mahmud Abbas zum neuen Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde.

Am 10. Mai 2004 kündigte das palästinensische Kabinett erstmals Kommunalwahlen an. Die örtlichen Bürgermeister werden derzeit nicht gewählt, sondern zentral ernannt. Die Wahlen sollten in Jericho im August 2004 stattfinden, anschließend auch in einigen Ortschaften im Gazastreifen. Im Juli 2004 wurden diese Wahlen ebenfalls verschoben.

Parlamentswahlen wurden im Sommer 2005 auf den 25. Januar 2006 festgelegt. Nach anfänglicher Unklarheit darüber, ob die Palästinenser im arabischen Ostteil Jerusalems (das von Israel als annektiertes, nicht als besetztes Gebiet angesehen wird) an diesen Wahlen teilnehmen dürfen, drohte Mahmud Abbas damit, die Wahlen insgesamt abzusagen. Nach Druck der US-Regierung willigte die israelische Regierung jedoch am 15. Januar 2006, also zehn Tage vor dem angesetzten Wahltermin, ein und gestattete den Wahlberechtigten in Ost-Jerusalem, in bestimmten Postämtern zu wählen.

Ergebnisse der Wahlen vom 25. Januar 2006

Nach den Wahlen, die eine Mehrheit für die islamistische Hamas brachten, kam es Ende des Jahres 2006 zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Parteien, die in einen innerpalästinensichen Bürgerkrieg mündeten. Die Hamas übernahm daraufhin im Kampf um Gaza Juni 2007 die alleinige Kontrolle im Gazastreifen, im Gegenzug wurden ihre Anhänger im Westjordanland entwaffnet und aus politischen Ämtern entfernt. Die Hamas-Regierung um Ismail Haniyya ist seither international isoliert und wird wegen ihrer kompromisslosen Haltung gegenüber Israel, die sie auch mit terroristischen Angriffen untermauert, von den meisten Regierungen (Israel, USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Ägypten, Saudi-Arabien) nicht anerkannt, der Gazastreifen wurde von Israel und Ägypten militärisch abgeriegelt. Kritiker der westlichen Politik bemängeln, dass dadurch das Wahlergebnis nicht respektiert werde. Seither wurden zahlreiche Vermittlungsversuche zwischen den beiden verfeindeten Gruppierungen unternommen, diese sind aber stets gescheitert.

Innerer Aufbau

Die Palästinensische Autonomiebehörde ist historisch eng mit der PLO verknüpft, mit der Israel die Verträge von Oslo verhandelte. Daher wurde die Palästinensische Autonomiebehörde bislang von Jassir Arafat geführt, und die Exekutive wurde aus den Reihen der PLO besetzt, hauptsächlich mit Mitgliedern der Tanzim-Organisation, einem militärischen Zweig der PLO aus den Zeiten der Ersten Intifada.

2003 setzte Arafat auf internationalen Druck Mahmud Abbas (genannt Abu Mazen) als „Premierminister“ der Palästinensischen Autonomiebehörde ein, denn sowohl Israel wie die USA lehnten es ab, mit Arafat zu verhandeln, da er Verbindungen zum Terrorismus unterhalte. Nach dem Tod Arafats und nach der Besetzung dieses Postens mit Ismail Haniyya von der Hamas (2006) wurde das Amt von denselben Staaten wieder für irrelevant erklärt. Verhandlungen finden seitdem nur mehr mit dem Präsidenten statt. Ismail Haniyya und seine Minister in Gaza wurden im Juni 2007 vom Präsidenten abgesetzt und Salam Fayyad als neuer Premierminister eingesetzt. Seitdem gibt es in Gaza de facto eine zweite Regierung, die international nicht anerkannt wird.

Arafats Regierungsstil war durch ein nicht westlichen Standards entsprechendem Demokratieverständnis, Korruption innerhalb der Verwaltung,[8] Verteilung der Macht auf Familienmitglieder[9] und eine unübersichtliche Vielzahl von Regierungsorganisationen mit unklaren Zuständigkeiten gekennzeichnet. Arafat kontrollierte über verschiedene Mechanismen ca. acht verschiedene Sicherheitsorganisationen, und dem Erziehungsministerium standen mehr als 20 Führungskräfte vor. Nach den einzigen Wahlen 1996, die er mit überwältigender Mehrheit gewann, verschob Arafat alle weiteren Wahlen auf unbestimmte Zeit. Darin ähnelt sein Führungsstil den Diktaturen des Nahen Ostens, die nach dem Motto „Ein Mann, eine Stimme, ein einziges Mal“ regierten.

Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde
Nr. Name Amtsantritt Ende der Amtszeit Partei
1 Jassir Arafat 5. Juli 1994 11. November 2004 Fatah
Rauhi Fattuh (interim) 11. November 2004 15. Januar 2005 Fatah
2 Mahmud Abbas 15. Januar 2005 im Amt Fatah

Die Regierungen wurden bis 2003 vom Präsidenten geführt und seither vom Premierminister.

Regierungen der Palästinensischen Autonomiegebiete
Nr. Regierung Amtsantritt Ende der Amtszeit Koalition
1 & 2 Regierung Arafat I 1998 2001
3 Regierung Arafat II 9. Juni 2002 29. Oktober 2002 Fatah-FIDA-PPP
4 Regierung Arafat III 29. Oktober 2002 29. April 2003
5 Regierung Abbas 29. April 2003 4. Oktober 2003 Fatah-FIDA-PPP
6 Notstandsregierung 5. Oktober 2003 November 2003
7 Regierung Kurei November 2003 29. März 2006 Fatah-FIDA-PPP
8 Regierung Haniyya I 29. März 2006 16. März 2007 Hamas
9 Regierung Haniyya II 17. März 2007 14. Juni 2007 Hamas-Fatah-Dritter Weg-
PNI-PPP-DFLP
10 Notstandsregierung* 15. Juni 2007 Juli 2007
11 Regierung Fayyad I* Juli 2007 19. Mai 2009 Dritter Weg-Fatah
13 Regierung Fayyad II* 19. Mai 2009 im Amt Fatah-DFLP- FIDA-PSF

*) Während der Amtszeit dieser Regierungen existierte eine zweite Regierung im Gazastreifen unter der Führung von Ismail Haniyya. Haniyya wurde am 14. Juni 2007 von Mahmud Abbas als Premierminister abgesetzt und Salam Fayyad zum neuen Premierminister ernannt. Haniyya erkennt seine Amtsenthebung allerdings nicht an und arbeitet mit seinem Kabinett im Gazastreifen weiter.[10] (siehe auch Kampf um Gaza)

Kritik

Durch Einführung der Autonomie wurde für Israel die Verwaltung und vor allem die Finanzierung der besetzten Gebiete vereinfacht, obwohl völkerrechtlich noch immer eine „Besatzung“ besteht. Die finanziellen Lasten, die davor Israel voll zu tragen hatte, wurden großteils auf die internationale Gemeinschaft abgewälzt. Sogar Projekte in den unter voller israelischer Verwaltung stehenden C-Gebieten erhalten internationale Unterstützung.[11] Kritiker meinen, diese (von einigen Kommentatoren so genannte) „Besatzung light“ sei für Israel vorteilhafter und daher würde dieser Zwischenschritt zur Unabhängigkeit ad infinitum beibehalten. Mehrmals gab es deswegen Aufrufe und Überlegungen, die Autonomiebehörde aufzulösen, um Israel unter (finanziellen) Druck zu setzen. Die Auflösung der Behörde würde den Friedensprozess endgültig beenden und die Verpflichtung für Israel aufleben lassen, die komplette Verantwortung (Verwaltung und Finanzierung) für die palästinensischen Gebiete zu übernehmen. Da die jetzigen Unterstützer die Finanzhilfen mangels Empfänger einstellen würden, wären die Kosten mit einem Schlag wieder von Israel zu tragen. Natürlich hätte so ein Schritt auch gravierende Auswirkung auf die palästinensischen Beamten. Im März 2012 konnte nur der Druck der USA ein geplantes Ultimatum Abbas' mit einer entsprechenden Drohung verhindern.

Zu den Unterstützern dieser Option zählt auch der ehemalige PLO-Politiker Sari Nusseibeh, jetzt Rektor der Al-Quds-Universität.

Die Palästinensische Autonomiebehörde zahlt inhaftierten palästinensischen Straftätern Gehälter. Wer beispielsweise fünf bis zehn Jahre inhaftiert ist, bekommt umgerechnet monatlich 800 Euro, das ist mehr als ein Autonomiepolizist verdient. Es handelt sich nicht um Sozialhilfe, sondern um eine Art Wertschätzung für Terrorismus.[12] Monatlich werden etwa 3,5 Millionen Euro an palästinensische Gefängnisinsassen und weitere 5 Millionen Euro an die Familien von Selbstmordattentätern überwiesen.[13]

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Palästinensische Autonomiebehörde – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Palästinensische Autonomiebehörde aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.