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Polarität (Politik)
In politischen Zusammenhängen wird polarisiert, wenn Gruppen oder Parteien besonders die Gegensätze zueinander hervorheben, um sich gegeneinander (z. B. im Wahlkampf) zu profilieren.
Polarität wird auch als Terminus in Internationalen Beziehungen verwendet: So selbstverständlich wie das Staatensystem des 19. Jahrhunderts als ein multipolares System bezeichnet wird, so eindeutig wird die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts als bipolar beschrieben. Nach dem Fall der Berliner Mauer und der Implosion der Sowjetunion schien deutlich zu werden, dass die USA seit Anfang der 1990er Jahre die einzig verbleibende Supermacht ist und daher das internationale System als unipolar zu bezeichnen ist. (William C. Wolforth)
Ansatz von George Modelski
Zur Bestimmung der Polarität des internationalen Systems wird oft eine von George Modelski erdachte Konzeption verwendet. Ein politisches System ist demnach unipolar, wenn ein einziger Staat mehr als 50 Prozent der Macht auf sich vereinigt. Bipolarität ist Modelski zufolge eine Machtkonfiguration des internationalen Systems, in das zwei Staaten mindestens 25 Prozent der Macht im System besitzen. Multipolarität sei dann gegeben, wenn drei bis sieben Staaten mindestens fünf Prozent der vorhandenen Macht auf sich vereinigen können, ohne dass einer dieser Staaten hierbei mehr als 25 Prozent der Macht besitzt. Alle von dieser Konzeption nicht erfassten Konfigurationen bilden nach Modelski ein polaritätstechnisch fragmentiertes System.
Trotz seiner auf den ersten Blick intuitiv-logischen Konzeption ist der Ansatz Modelskis in der Vergangenheit zunehmend in die Kritik geraten. Einerseits ist eine Einteilung der Polaritätsgrenzen in hohem Maße arbiträr. Denn warum soll z. B. ein multipolares System aus drei bis sieben und nicht drei bis neun Staaten bestehen? Andererseits würde nach Modelskis Konzeption das heutige internationale System nicht als unipolar qualifiziert werden, da die USA laut SIPRI-Yearbook-2005 „nur“ 47 Prozent der weltweiten Rüstungsausgaben auf sich vereinigen, und damit drei Prozent unter der gesetzten Hürde liegen. Angesichts der enormen militärtechnischen Überlegenheit der USA wurde der unipolare Charakter des internationalen Systems Anfang des 21. Jahrhunderts von den meisten Wissenschaftlern anerkannt.
Alternative Polaritätskonzeption von Robert Schütte
Um den arbiträren Charakter der Polaritätskonzeption Modelskis zu vermeiden, hat Robert Schütte ein alternatives Model einer Polaritätskonzeption ausgearbeitet, das im Gegensatz zur bisherigen Praxis den Fokus nicht auf absolute Prozentzahlen legt, sondern die relativen Verhältnisse der Akteure zueinander in den Fokus nimmt. Demnach definiert sich Unipolarität als ein Systemzustand, in dem ein einzelner Staat über eine herausragende Stellung in den internationalen Beziehungen verfügt. Konkret wird eine solche Stellung definiert, indem ein Unipol zur gleichen Zeit mehr Macht auf sich vereinigen muss als die beiden ihm an Macht nachfolgenden Staaten zusammen. Einerseits wird hierdurch Abstand genommen von einer qualifizierenden 50 Prozent-Machtschwelle, andererseits eine historische Anlehnung an den „two-power-standard“ der britischen Marine im 19. Jahrhundert vorgenommen. Bipolarität wird hier definiert als ein Systemzustand, in dem zwei Staaten eine herausragende Rolle einnehmen. Konkret implizieren die zwei Bedingungen: 1. Die dritt- und viertstärksten Staaten im System sind unter Zusammenlegung ihrer Macht nicht in der Lage, den zweitstärksten Staat (den schwächeren der beiden Bipole) zu überflügeln. 2. Die Machtdifferenz zwischen dem stärkeren und schwächeren Bipol ist so gering, dass der schwächere Bipol in Kooperation mit dem drittstärksten Staat im System den stärkeren Bipol überflügeln kann. Multipolarität ist nach Schütte jede Konfiguration des internationalen Systems, welche nicht uni- und nicht bipolar ist. Darüber hinaus sind keine weiteren Polaritätszustände möglich.
Der Vorteil der von Schütte genutzten Herangehensweise ist die Tatsache, dass die genutzten Bestimmungen von Polarität 1. eindeutige Grenzen zwischen den drei Polaritätszuständen ziehen, 2. logisch aufeinander aufbauen und 3. abschließend sind. Jede Konfiguration des internationalen Systems wird hiermit erfasst.
Die Frage der konkreten Machtmessung bleibt sowohl bei der Polaritätskonzeption Modelskis wie Schüttes offen. Zwar nutzt Modelski in seiner Arbeit als Indikator die Rüstungsausgaben aller Staaten weltweit und errechnet den entsprechenden Prozentwert für jeden einzelnen Staat, es ist aber durchaus möglich auch andere Machtmessungsmethoden anzuwenden.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Polarität (Politik) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |