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Renaixença
Renaixença [rənə'ʃɛnsə] (katalanisch für „Wiedergeburt“, deutsch auch: „Katalanische Renaissance“) war eine romantische Bewegung des späten 19. Jahrhunderts, die sich philologisch, historisch und national am katalanischen Mittelalter orientierte, eine Wiederbelebung der katalanischen Sprache und Literatur vornahm, sowie deren Integration in die damalige europäische Literatur anstrebte. Sie ist eng verbunden mit dem Modernisme, der katalanischen Form des Jugendstils.
Die Renaixença bewegte nicht nur das eigentliche Katalonien, sondern auch andere katalanischsprachige Regionen wie die Balearen. Sie fand ihren Ausdruck auch in der Wiederbelebung des mittelalterlichen Dichterwettbewerbs Jocs Florals (dt: „Blumenspiele“).
Um die Jahrhundertwende politisierte der Noucentisme die literarische und kulturelle Bewegung der Renaixença. Er stellte die Forderung nach kultureller und politischer Autonomie Kataloniens. Katalonien definierte sich dabei als eigenständige Nation in einem spanischen Gesamtstaat. Die Zugehörigkeit zum gesamtspanischen Staatsverband wurde dabei aber von der großen Mehrheit der Katalanen nicht in Frage gestellt.[1] „Es besteht kein Zweifel, daß (dieser Aufschwung) als eigenständige Kultur- und Regionalbewegung in einem engen Zusammenhang mit der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung der Region Katalonien ... stand.“[2] Die politische Komponente dieser Bewegung wird häufig auch unter dem Stichwort Katalanismus thematisiert. Die ab 1871 von der katalanistischen Vereinigung Jove Catalunya („Junges Katalonien“) herausgegebene Zeitschrift La Renaixença hat im Nachhinein dieser kulturell-literarischen Bewegung als Namensgeber gedient.[2] Diese Bewegung beendete eine in Katalonien seit dem Spanischen Erbfolgekrieg (1701–1714) andauernde Periode des kulturellen Niedergangs und politischer Machteinbußen, die durch die 1716 folgenden Dekrete der Nueva Planta verstärkt wurden, in denen die traditionellen Institutionen, Privilegien und regionalen Autonomien Kataloniens ausgesetzt und unterdrückt wurden.
Die Renaixença der katalanischen Sprache und Kultur
Die Vereinigung der Königreiche Kastilien und Aragonien 1497 hatte einen Niedergang der katalanischen Literatur ausgelöst. Die Wiederbelebung des Schaffens in katalanischer Sprache wurde zu Anfang des 19. Jahrhunderts durch Wissenschaftler angestoßen, die sich mit eben dieser Sprache und ihrer mittelalterlichen Literatur auseinandersetzen (Marià Aguiló i Fuster, Manuel Milà i Fontanals) und die Frage nach einer nationalen Identität der Katalanen zum Thema machten. Als wegbereitend für die Renaixença gilt die Veröffentlichung des durch und durch romantischen Gedichts La Pàtria („Das Vaterland“) von Bonaventura Carles Aribau im Jahr 1833 datiert. Aribau, seit 1826 aus beruflichen Gründen in Madrid lebend, besingt in diesem Gedicht seine katalanische Heimat und preist die Vorzüge der katalanischen Sprache.[3] Aribau griff in seinem Werk auf ein tiefes Vaterlandsgefühl zurück, das sich bereits im 15. Jahrhundert – weit über ein Nationalgefühl hinausgehend – gegen Johann II. von Aragón manifestierte, aus Angst vor kastilischer Überfremdung. Joan II. wurde von den selbstbewussten Corts, dem katalanischen Ständeparlament, als zu kastilienfreundlich empfunden. Die Hochzeit seines Sohnes und späteren „katholischen Königs“ Ferdinand II. mit der kastilischen Thronerbin Isabella I. im Jahr 1469 weckte schlimme Befürchtungen.[2] „Aribau war … ein großer Vermittler der deutschen Romantik nach Katalonien und Spanien gewesen; einer Romantik, die den Wert der nationalen Vergangenheit verkündete und mit Herder in den Sprachen den Ausdruck der Volksseele sah.“[3][4]
Das Werk des Lyrikers Joaquim Rubió i Ors, die Wiederbelebung des mittelalterlichen Dichterwettbewerbes Jocs Florals (1859) und die Einrichtung von Kulturvereinen wie den Ateneus, gaben der Bewegung weiteren Halt. Den Höhepunkt erreichte die Renaixença im Werk Jacint Verdaguers. Zunächst dominiert das lyrische Moment nahezu vollkommen die Bewegung. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts treten mit Narcís Oller i Moragas und mit Emili Vilanova i March bedeutende Prosaisten ins Rampenlicht. Das Theater kommt durch das Werk von Àngel Guimerà zu einem tragenden Aufschwung.
Die zu Anfang stark durch die Romantik geprägte Renaixença nimmt gegen Ende des Jahrhunderts zunehmend realistische Züge an. In einem gewissen Sinn ist sie Ende des 19. Jahrhunderts bereits zu ihrem Ziel gekommen: Sie hinterlässt allen nachfolgenden Kulturbewegungen – aufbauend auf der mittelalterlichen katalanischen Hochsprache – eine lebende, moderne und formbare Sprache.[5]
Fußnoten und Bemerkungen
- ↑ In ähnlicher Weise definiert sich Katalonien auch im zwischen der spanischen Regierung und der Regionalregierung in Barcelona im Jahr 2006 ausgehandelten Autonomiestatut für Katalonien.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Walther L. Bernecker: Katalonien von der Entstehung bis zum Ende des Franquismus. In: Bernecker, Eßer, Kraus: Eine kleine Geschichte Kataloniens. S. 41, S. 68 ff., S. 92, S. 104
- ↑ 3,0 3,1 Walter Jens (Hg.): Kindlers Neues Literaturlexikon. Band 1 A–Az, S. 654, Bonaventura Carles Aribau: La Pàtria, ISBN 3-463-43200-5.
- ↑ Vgl. hierzu Herders Programmatik in seinem Aufsatz Von der Ähnlichkeit der mittlern englischen und deutschen Dichtkunst dargestellt im WP Artikel: Deutsches Volkslied / Herder als Pionier der Volksliedpflege.
- ↑ Absatz nach: Artur Quintana, Handbuch des Katalanischen, S. 17
Literatur
- Enciclopèdia Catalana: Renaixença, la. In: Gran enciclopèdia catalana.. 2. Auflage 3. Nachdruck 1992 Auflage. 19, Enciclopèdia catalana, Barcelona 1987, ISBN 84-7739-020-7, S. 236 f..
- Walther L. Bernecker, Thorsten Eßer, Peter A. Kraus: Eine kleine Geschichte Kataloniens. Frankfurt 2007 (Suhrkamp Verlag), ISBN 3-518-45879-5.
- Artur Quintana: Handbuch des Katalanischen. Barcelona 1997 (Vierte aktualisierte und erweiterte Ausgabe; Editorial Barcino), ISBN 84-7226-671-0.
Weblinks
- Enciclopèdia.cat: La Renaixença. Abgerufen am 2. April 2018 (català).
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