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Res publica literaria
Res publica lit[t]eraria, auch res publica lit[t]erarum sowie in den Varianten der Zusammenschreibung von respublica, die „Republik der Gelehrten“, „Gelehrtenrepublik“ oder „gelehrte Republik“, war bis in das 18. Jahrhundert hinein der Begriff für die Verbindung des internationalen Wissenschaftsbetriebs, englisch der „republic of letters“, des „commonwealth of learning“ – eine Begriffsfügung, die heute vor allem mit dem Sprechen von der scientific community fortlebt.
Zur res publica literaria gehörten bis in das 18. Jahrhundert alle wissenschaftlich Publizierenden und alle, die in wissenschaftlichem Austausch miteinander standen – Bibliothekare, Archivare, Universitätsprofessoren, Historiker in öffentlichen Positionen, Theologen in kirchlichen Ämtern, Privatgelehrte. Der Begriff war von der Vorstellung getragen, dass im Bereich der Wissenschaften weder Standesunterschiede noch Nationalität von Bedeutung waren. Während in Europa Monarchien herrschten, bildeten die Gelehrten eine Republik.
Das wichtigste Medium im Austausch der res publica literaria war bis in das 17. Jahrhundert hinein die briefliche Korrespondenz zwischen den Mitgliedern und der ausgedehnte Reiseverkehr. Es war üblich, dass Gelehrte auf Reisen durch Europa sich in Städten, in denen sie eintrafen, nach den Adressen von Fachkollegen erkundigten und sich bei diesen anmelden ließen. (Es war ebenso üblich, dass sie in Reisetagebüchern festhielten, welchen Eindruck der Besuchte auf sie machte – man kannte sich nur aus Publikationen und stand sich nun leibhaftig gegenüber, es sind oft schonungslose Charakterskizzen, die regelmäßig dann auch noch postum zur Freude der Gelehrtenrepublik veröffentlicht wurden).
Mit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam das literarische Journal als zentrales neues Medium hinzu. Die Entwicklung wurde maßgeblich unterstützt durch den niederländischen Buchmarkt französischer Sprache, der auf Europa ausgerichtet war.
Das Wort „res publica literaria“ wurde mit dem 19. Jahrhundert ungebräuchlich. Das hat vor allem mit dem Wandel des Wortes Literatur, und dem noch stärkeren Wandel des Wortes literarisch zu tun. „Literatur“ war bis in das späte 18. Jahrhundert das Synonym für Gelehrsamkeit. „Literarisch“, wie es in „res publica literaria“ vorkommt, bezeichnet dagegen heute Texte, in denen Sprache mit künstlerischer Freiheit benutzt wird. Die alte Wortfügung ließ sich mit dem neuen Literaturbegriff nicht mehr verstehen.
„Res publica“ kommt ebenfalls aus dem lateinischen und bedeutet der Staat. „Res publica“ sind die beiden lateinischen Vokabeln „res“ (das heißt die Sache, das Ereignis) „publica“ (das heißt „zum Volk gehörig“ / „öffentlich“). Davon leitet sich dann auch „res publica literaria“ ab.
Literatur
- Friedrich Gottlieb Klopstock: Die deutsche Gelehrtenrepublik. Ihre Einrichtung. Ihre Geseze. Geschichte des lezten Landtags. Auf Befehl der Aldermänner durch Salogast und Wlemar. Erster Theil. Johann Joachim Christoph Bode, Hamburg 1774 (Digitalisat der HAB).
- Sebastian Neumeister, Conrad Wiedemann (Hrsg.): Res publica litteraria: Die Institutionen der Gelehrsamkeit in der frühen Neuzeit. Otto Harrassowitz, Wiesbaden 1987 (= Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung), ISBN 3-447-02727-4.
- Heinrich Bosse: Die gelehrte Republik. In: Hans-Wolf Jäger (Hrsg.): „Öffentlichkeit“ im 18. Jahrhundert. Wallstein, Göttingen 1997 (Das achtzehnte Jahrhundert. Supplementa. Bd. 4), ISBN 3-89244-274-6, S. 51–76.
- Anthony Grafton: Worlds Made by Words. Harvard University Press, Cambridge, MA 2009 (Rez. Véronique Krings, Bryn Mawr Classical Review 2009.09.32).
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