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Rettung der bulgarischen Juden

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Die Rettung der bulgarischen Juden (insgesamt 48.000) im März 1943 während der Zeit des Nationalsozialismus ist ohne Beispiel in Europa. Sie wurde durch den Einsatz der bulgarischen Politiker und Intellektuellen, des bulgarischen Königs Boris III. und der Bulgarisch-orthodoxen Kirche möglich.

Vorgeschichte, Beitritt des Dreimächtepakts

Nachdem die bulgarische Regierung die Entscheidung traf, sich an den Dreimächtepakt anzuschließen, musste sie auch die antisemitischen Gesetze akzeptieren. Als Folge wurde ein Gesetz zum Schutz der Nation vorbereitet. Der Entwurf erweckte erste Proteste in der Gesellschaft. Politiker, Schriftsteller, Maler, Juristen und Bürger stellten sich dagegen, da die Juden nie die bulgarische Nation bedroht hatten und da das Gesetz der bulgarischen Verfassung widersprach. Trotzdem wurde das Gesetz am 21. Januar 1941 verabschiedet.

Umsetzung des Gesetzes zum Schutz der Nation

Die auf der Wannseekonferenz verabschiedeten Regeln hatten schwere Folgen für den wirtschaftlichen und sozialen Status der Juden. Jeder Jude sollte ein Zeichen (gelben Stern) tragen. Die Häuser und die Betriebe sollten auch markiert werden. Juden durften Geschäfte, Märkte und Bäder nicht besuchen. Ein einmaliges Steuer auf die Ersparnisse wurde auch erhoben.

Am 26. August 1942 wurde eine Kommission für die Judenproblemen gegründet. An der Spitze stand Alexander Belew, ein Antisemit. Seiner Meinung nach sollten in einem ersten Schritt 20.000 Juden deportiert und ihr Eigentum konfisziert werden. Die Juden sollten zusätzlich zur unbezahlten Arbeit gezwungen werden.

Nach der Unterzeichnung einer zusätzlichen Vereinbarung zwischen Alexander Belew und Theodor Dannecker, der Judenreferent von deutscher Seite, im Februar 1943 standen am 8. März 1943 in den Bahnhöfen verschiedener bulgarischen Städte die ersten Zügen für die Deportation der Juden in die Vernichtungslager bereit.

Manifest zur Beendigung der antisemitischen Maßnahmen und Rettungsaktion

Der beispiellose Einsatz von Dimitar Peschew, ein bulgarischer Rechtsanwalt, Politiker und Vize-Parlamentspräsidenten löste die Proteste in der bulgarischen Gesellschaft gegen die Deportation der Juden aus und startete die Aktion für deren Rettung. Nachdem Peschew über die Entwicklung der Situation im März 1943 erfuhr, verfasste er mit Risiko für sein Leben ein Manifest zur Beendigung der antisemitischen Maßnahmen. Er konnte weitere 42 Parlamentarier überzeugen, das Dokument zu unterzeichnen. Dieses Manifest überreichte er am 17. März 1943 persönlich dem Leiter der Staatskanzlei.

Der Premierminister Bogdan Filow weigerte sich Peschew zu empfangen, aber die Vorbereitung zur Deportation wurde vorübergehend eingestellt. Der Gegenschlag des Premierministers war die Entbindung von Dimitar Peschew von seinem Posten als Vize-Parlamentspräsidenten.

Inzwischen weiteten sich die Proteste in der Volksversammlung aus. Am Kampf um die Rettung der Juden beteiligten sich nun auch die Bulgarisch-orthodoxe Kirche, Intellektuelle, Vertreter der Opposition und der bulgarische König Boris III. im Hintergrund.

Intervention der Bulgarisch-orthodoxen Kirche

Schließlich intervenierte am 24. Mai 1943 auch die Bulgarisch-orthodoxe Kirche: Das in der bulgarischen Öffentlichkeit sehr angesehene Kirchenoberhaupt Stefan I. von Sofia, wandte sich, nachdem er noch eine Delegation aus Vertretern der jüdischen Gemeinde empfangen hatte, unmittelbar an Zar Boris III. und forderte ihn auf, die Deportationen unverzüglich auszusetzen, da diese in fundamentalem Gegensatz zur traditionellen Toleranz der Bulgaren stünden. Noch am selben Tag zelebrierte Stefan I. von Sofia auf dem Alexander-Newski-Platz ein Tedeum und nahm die Juden öffentlich in Schutz. Er selbst nahm den Großrabbiner von Sofia unter persönlichen Schutz.

Als Folge scheiterten alle weitere Versuche, die „Judenfrage“ in Bulgarien „gelöst zu werden“. Der bulgarische König Boris III. verbot die Deportation bulgarischer Juden.

Juden in Thrakien und Mazedonien

Die Juden in den von Bulgarien während des Zweiten Weltkriegs besetzten Territorien von Thrakien und Mazedonien konnten nicht gerettet werden. Im März 1943 wurden 11.343 bulgarische Juden aus den beiden Gebieten in Konzentrationslager deportiert. Die Juden aus Thrakien und Mazedonien waren zu dieser Zeit noch keine bulgarischen Bürger und die bulgarische Regierung konnte über deren Schicksal nicht entscheiden.

Juden aus anderen europäischen Ländern

Es ist bekannt, dass mit der Unterstützung der bulgarischen Königin Johanna der italienische Botschafter in Sofia italienische Pässe und Transitvisums für die in Bulgarien lebenden Juden ausländischer Nationen ausstellte. Ein weniger bekannter Fakt ist, dass der bulgarische König Boris III. tausende Juden von der Slowakei half, Transitvisums für Palästina zu bekommen. Bulgarien rettete auch das Leben von Carl Djerassi, der spätere Erfinder der Antibabypille, und seiner Familie.

Ehrung

Für seine Tat wurde Dimitar Peschew zum Ehrenbürger Israels erklärt, zu seinen Ehren wurde ein Baum im Garten der Gerechten in Jerusalem gepflanzt. Eine Büste von Dimitar Peschew steht im Gebäude des Europarates in Straßburg. Die internationale Raoul-Wallenberg-Stiftung hat eine Medaille mit seinem Bild herausgegeben.

Literatur

  • Gabriele Nissim: L’uomo che fermo Hitler. La storia di Dimitar Peshev che salvò gli ebrei di una nazione intera. Mondadori, Milano 1998, ISBN 88-04-42209-2.
  • Gabriele Nissim: Der Mann, der Hitler stoppte. Dimitar Pesev und die Rettung der bulgarischen Juden. Siedler Verlag, Berlin 2000, ISBN 3-88680-694-4.
  • Gabriele Nissim: Peschew-Protest, in: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 4, Metzler, Stuttgart/Weimar 2013, S. 509–512
  • Michael Bar-Zohar: Beyond Hitler’s grasp. The heroic rescue of Bulgaria’s Jews. Adams Media Corporation, Avon MA 1998, ISBN 1-58062-060-4.
  • Димитър Пешев: Спомени. ИК Гутенберг, София, 2004 (Dimitar Peschew, Erinnerungen. Verlag Gutenberg, Sofia 2004, posthum erschienen, nur auf Bulgarisch erhältlich), ISBN 954-9943-73-9.
  • Tzvetan Todorov: La fragilité du bien – Le sauvetage des juifs bulgares. Textes réunis et commentés par Tzvetan Todorov. Traduit du bulgare par Marie Vrinat et Irène Kristeva. Albin Michel 1999, Paris (Auswahl und Kommentar zeitgenössischer Texte, übersetzt ins Französische, darunter auch Auszüge aus Peschews "Erinnerungen") ISBN 2-226-11086-0.
  • Ангел Джонев: Къща-Музей „Димитър Пешев“. Кюстендил 2005 (Angel Džonev, Museumshaus „Dimitar Peschew“. Küstendil 2005, Bulgarisch/Englisch) ISBN 954-8191-09-1.0

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Rettung der bulgarischen Juden aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.