Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Rudolf Smend (1882–1975)

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Carl Friedrich Rudolf Smend (geb. 15. Januar 1882 in Basel; gest. 5. Juli 1975 in Göttingen) war ein deutscher Staats- und Kirchenrechtler.

Leben

Der Sohn des Theologieprofessors Rudolf Smend begann ab 1900 mit Studien in Basel, Berlin, Bonn und Göttingen, welche er 1904 in Göttingen mit der preisgekrönten Dissertation über das Verhältnis der preußischen Verfassungsurkunde zur belgischen abschloss.

Mit einer Arbeit über das Reichskammergericht habilitierte er sich 1908 unter Albert Hänel an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Professor Rudolf Smend an der Berliner Universität bei der Reichsgründungsfeier 1933

1909 erhielt er eine Berufung als außerordentlicher Professor in Greifswald; 1911 wurde er in Tübingen zum ordentlicher Professor berufen. 1915 wechselte er nach Bonn und 1922 weiter an die Friedrich-Wilhelm-Universität nach Berlin. 1935 musste er auf politischen Druck einen Ruf nach Göttingen annehmen. Dort ist er bis zu seinem Lebensende geblieben.

Nach dem Krieg war er der erste Nachkriegsrektor der Universität Göttingen und trug maßgeblich zur schnellen Wiederaufnahme des Lehr- und Forschungsbetriebes bei. Als Vertreter der Universitätstheologie unterzeichnete er im Oktober 1945 das Stuttgarter Schuldbekenntnis. 1944 bis 1949 bekleidete er das Amt des Präsidenten der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Auf seine Anregung wurde in Göttingen das Kirchenrechtliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland gegründet, dessen erster Leiter Smend war. Nach seiner Emeritierung (1951) setzte er sein kirchenrechtliches Seminar noch bis 1965 fort; das staats- und verfassungstheoretische sogar bis 1969. 1970 folgte ihm als Leiter des kirchenrechtlichen Instituts Axel Freiherr von Campenhausen nach, dessen Nachfolge 2008 Hans Michael Heinig antrat.

Smend wurden vier Ehrendoktortitel verliehen; zwei Festschriften wurden ihm dargebracht. Er war 1951 Mitbegründer der „Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht“ und gehörte 1948 zu den Herausgebern bei der Wiederaufnahme des „Archivs des öffentlichen Rechts“. 1946–1955 gehörte Rudolf Smend dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland an.

Wissenschaftliches Wirken

Rudolf Smends wissenschaftliches Wirken widmete sich nach anfänglichen rechtsgeschichtlichen Schriften später ausschließlich den beiden großen Gegenständen Staat und Kirche. Im Mittelpunkt stand dabei vor 1945 das Staats- und Verfassungsrecht. Erst später wandte er sich auch verstärkt dem Kirchenrecht zu. Als sein Hauptwerk wird die Schrift "Verfassung und Verfassungsrecht" (1928) angesehen. Grundlegend arbeitete er darin insbesondere seine Integrationslehre heraus. Es ging ihm dabei darum, eine Theorie des Staates zu entwickeln, die nicht auf der Basis normativer Deduktion, sondern soziologischer und geisteswissenschaftlicher Erkenntnis zu zeichnen ist. Er legte dem eine Soziallehre zu Grunde, die den Staat als geistige Realität versteht, die aus der Wechselwirkung individueller Lebensvorgänge aufgebaut ist. Auch ging es ihm darum, die staatsrechtlichen Grundbegriffe neu zu fassen und dabei den dynamisch-dialektischen Charakter des staatlichen Lebensprozesses zu betonen. Die Verfassung wird in der Smendschen Integrationslehre in ihrer Funktion für die Einheit des Staates gesehen. Die staatlichen Organe und Gewalten werden nicht als Substanzen ruhender Art, sondern als bewegende Kräfte verstanden.

Als bekennende Anhänger der Smend-Schule lassen sich u.a. Ulrich Scheuner, Horst Ehmke, Konrad Hesse und Peter Häberle bezeichnen. Im Bereich der Politikwissenschaften wird auch Wilhelm Hennis dazu gezählt. Die immer noch anhaltende Fruchtbarkeit der Integrationslehre beruht nach Ansicht seiner Schüler darauf, dass sie den rechtlichen Positivismus und die Auflösung von Norm und Wirklichkeit überwindet und damit neue Arbeitsfelder erschließt.

Smends Thesen werden dabei insbesondere von positivistischer Seite im Hinblick auf die Unschärfe der Begriffe, die Verbindung der Rechtsbegriffe mit inhaltlichen Wertvorstellungen und Maßstäben kritisiert. Die Integrationslehre wird kritisiert als ein Modell radikalen politischen Immanenzdenkens, soweit sie die eigene Wertgesetzlichkeit des staatlichen Integrationsprozesses in den Vordergrund stellt. Auch unterschätze die Integrationslehre die Eigenbedeutung des Rechts. Sofern sie als Staatstheorie angesehen wird, wird sie als uneindeutig und fragmentarisch kritisiert.

Smend stellte mit der Integrationslehre gewissermaßen den wissenschaftlichen Gegenpol zu den dezisionistischen Thesen Carl Schmitts auf, die dieser in seinem ebenfalls 1928 erschienenen Standardwerk "Verfassungslehre" vertrat. Die sich aus diesen gegensätzlichen Forschungsansätzen entwickelnden Schulen machten sich in der bundesrepublikanischen Staatsrechtsdiskussion noch bis in die Siebziger Jahre und in Abstrichen sogar bis heute bemerkbar.

Auszeichnungen

Schriften

  • Ungeschriebenes Verfassungsrecht im monarchischen Bundesstaat, 1916
  • Verfassung und Verfassungsrecht, München 1928.
  • Staatsrechtliche Abhandlungen, 3. Aufl., Berlin 1994 inkl. Bibliographie

Literatur

  • Ulrich Scheuner: Rudolf Smend – Leben und Werk. In: Rechtsprobleme in Staat und Kirche – Festschrift für Rudolf Smend zum 70. Geburtstag am 15. Januar 1952, Göttingen 1952, S. 29 ff.
  • Manfred Friedrich: Rudolf Smend 1882–1975. In: AöR, Bd. 112, S. 1 ff.
  • Axel Freiherr von Campenhausen: Zum Tode von Rudolf Smend. In: JZ 1975, S. 621 ff.
  • Axel Freiherr von Campenhausen: Rudolf Smend 1882–1975. In: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart. Neue Folge / Bd. 56, 2008, S. 229–234.
  • Christian Bickenbach: Rudolf Smend (15. Januar 1882 bis 5. Juli 1975) – Grundzüge der Integrationslehre. In: JuS 2005, Heft 7, S. 588 ff.
  • Roland Lhotta (Hrsg.): Die Integration des modernen Staates. Zur Aktualität der Integrationslehre von Rudolf Smend. Baden-Baden 2005. ISBN 3-8329-1421-8.
  • Wilhelm Hennis: Integration durch Verfassung? In: JZ 1999, S. 485–495.
  • Sandra Obermeyer: Integrationsfunktion der Verfassung und Verfassungsnormativität. Die Verfassungstheorie Rudolf Smends im Lichte einer transdisziplinären Rechtstheorie. Duncker & Humblot, Berlin 2008, ISBN 978-3-428-12421-3.
  • Robert Chr. van Ooyen: Die Integrationslehre von Rudolf Smend und das Geheimnis ihres Erfolgs in Staatslehre und politischer Kultur nach 1945; in: Journal Juristische Zeitgeschichte, 2/2008, S. 52-57.

Einzelnachweise

  1. Axel Freiherr von Campenhausen, Joachim E. Christoph: Gesammelte Schriften. Mohr Siebeck Verlag, 1995, S. 480 (Online in der Google Buchsuche).

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Rudolf Smend (1882–1975) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.