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Schandmal
Ein Schandmal ist ein an einer Person nach außen hin sichtbares Zeichen der Schande, das als Strafe für ein Vergehen oder Verbrechen verordnet wird. In den meisten Ländern der Welt werden solche stigmatisierenden Formen der Bestrafung nicht mehr angewendet.
Schandmale können nach einer Verurteilung entweder in einer bestimmten Kleidungskennzeichnung (lat.: nota infamiae) oder, wenn sie im Rahmen von Körperstrafen ausgesprochen werden, in Form von Amputationen, der Zufügung von Narben oder von Brandmarken[1] (Ein Schandmal brennen; lat. notam infamiae inurere alicui)[2] zur Anwendung kommen.
Zweck eines Schandmales ist auf der einen Seite die Bestrafung selbst, die durch die öffentliche Sichtbarmachung soziale Diskriminierung mit einschließen kann und im Fall von Körperstrafen mit der Zufügung von Schmerzen verbunden ist. Auf der anderen Seite kann durch ein Schandmal eine Warnung der Mitbewohner vor einem Verurteilten zum Ausdruck gebracht werden. Oft besteht ein sichtbarer Zusammenhang zwischen einem begangenen Vergehen oder Verbrechen und der Art des Schandmals. Beispiel: Amputation der rechten Hand bei Dieben in manchen arabischen Ländern.
Historische Beispiele
Im Mittelalter bis weit in die Neuzeit wurden Gesetzesbrecher oft mit Schandmalen belegt:
Die Inquisition verurteilte in weniger schwerwiegenden Fällen von Ketzerei Glaubensabweichler zum Tragen von üblicherweise blauen oder gelben Ketzerkreuzen. Sie waren aus Stoff gefertigt und mussten vom Verurteilten deutlich sichtbar auf dem Obergewand getragen werden. Diese Art der Strafe wurde durch die Inquisition sehr häufig angeordnet.[3] Die Dauer dieser Kennzeichnung konnte entweder zeitlich befristet oder lebenslänglich ausgesprochen werden.[4] Bei den durch die Spanische Inquisition als Strafe auferlegten Ketzerkreuzen handelte es sich üblicherweise um rote Andreaskreuze,[5] die oft auf einem speziellen Büßergewand, einem sog. Sanbenito getragen wurden.
Mittelalterliche Behörden einer Stadt oder Grafschaft, die eine Person mit einem Bann belegten, konnten, um deren Rückkehr nachhaltig zu verhindern, dieser Körperverletzungen zufügen, mit dem Ziel, dauerhafte Spuren zu hinterlassen. Es wurden Finger, Hände oder andere Glieder abgehackt, Nase, Ohren oder Zunge abgeschnitten, Menschen wurden gebrandmarkt oder geblendet. Narbenbildende Hautverletzungen und aufgeschlitzte Ohrläppchen waren noch vergleichsweise geringe Strafen, die auch relativ häufig verordnet wurden. Ein derart stigmatisierter Mensch konnte kaum noch zurückkehren und auch in keine Zunft aufgenommen werden. Da eine Resozialisierung so gut wie unmöglich war, konnten sich solcherart Bestrafte am ehesten noch als Söldner, Seeleute, Kleinhändler oder Kriminelle betätigen.
Schlitzohr
Das seit dem 19. Jahrhundert belegte Wort „Schlitzohr“ stellt eine redensartliche Bezeichnung eines listigen und durchtriebenen Menschen dar. Der Begriff wird auf die Strafe für kleine Diebe und Betrüger zurückgeführt, denen das halbe Ohr kupiert oder auch nur mit einem Schnitt versehen wurde, um sie zu brandmarken.[6] Die verbreitete Behauptung, die Bezeichnung Schlitzohr sei aus dem Brauch abzuleiten, unzünftiges Verhalten durch Ausreißen des Ohrrings zu ahnden, ist unbelegt.[7]. Der Ohrring ist bei Handwerkern erst seit dem späteren 19. Jahrhundert gelegentlich nachweisbar.
Bekannt ist dagegen, dass Gesetzesbrechern und Mafia-Abweichlern Ohr oder Nase abgeschnitten wurde, um sie zu stigmatisieren.
Stigmatisierung von Juden
Eine stigmatisierende Form der Kleidungskennzeichen – jedoch nicht im Sinne einer Verbrechensbestrafung – war der Gelbe Ring, der vom 13. bis zum 18. Jahrhundert in Europa von Juden getragen werden musste. Diese Maßnahme wurde im Dritten Reich durch den Judenstern wieder aufgenommen.
Einzelnachweise
- ↑ Das Wörterbuch der Idiome online
- ↑ Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. Erstausgabe von 1854. (Bd. 14, Sp. 2159 bis 2160) ISBN 3423590459. online
- ↑ Ein Drittel der unter Inquisitor Bernard Gui gegen Ketzer erlassenen Urteile sahen das Tragen gelber Ketzerkreuze vor. Vgl. die Angaben und Nachweise im dortigen Artikel.
- ↑ Siehe als Beispiel hierzu die Inquisition des Petrus Zwicker
- ↑ Gerd Schwerhoff: Die Inquisition: Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit. München 2004, S. 89.
- ↑ Braun, Joh.: Von Schlitzohren, Spießgesellen und heißen Eisen. Rechtliche Relikte in der Alltagssprache. In: Universitas 48,10, 966ff., leider ohne Belege.
- ↑ So urteilt auch das DWDS
Weblinks
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