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Selbsterhaltung

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Selbsterhaltung bezeichnet Handeln eines Systems, das auf den eigenen Fortbestand ausgerichtet ist. Es ist ein Teilkonzept der Autopoiesis, die neben der Selbsterhaltung auch die vorhergehende Selbstschaffung eines Systems mit einschließt.

Biologie und Psychologie

Der Begriff der Selbsterhaltung entstammt ursprünglich der Biologie, wo er das Handeln eines biologischen Systems beschreibt, das darauf ausgerichtet ist, sich am Leben zu erhalten, sei es durch angeborene Verhaltensweisen, erlernte Reaktionsmechanismen oder bewusste Entscheidungen. Bei diesem biologischen System kann es sich bspw. um ein Einzelwesen, eine Gruppe oder eine Art handeln. Für die Selbsterhaltung eines Individuums ist das Stillen seiner körperlichen Grundbedürfnisse zwingend notwendig, für die Selbsterhaltung einer Art die Fortpflanzung. Nach Ansicht des niederländischen Zoologen und Ethnologen Nikolaas Tinbergen gibt es für jedes Verhalten sowohl proximate als auch ultimate Ursachen.

Die Bezeichnung Selbsterhaltungstrieb ist eine Bezeichnung für die Beobachtung, dass ein Lebewesen oder eine Gruppe von Lebewesen, in einer bestimmten Situation oder allgemein, zu überleben versucht. Sigmund Freud stellte in seiner Theorie der Psychoanalyse dem „Lebenstrieb“ den „Todestrieb“ gegenüber. Diese Konzeption blieb im psychoanalytischen Diskurs umstritten.[1]

Modelle der menschlichen Persönlichkeitsentwicklung wie z. B. das Modell der Ich-Entwicklung von Jane Loevinger beschreiben die „blinde“ Selbsterhaltung meist als Charakteristikum einer weniger weit entwickelten Persönlichkeit.

Systemtheorie

Der Soziologe Niklas Luhmann beschrieb die Welt in seiner Systemtheorie als grundsätzlich aus autopoietischen Systemen bestehend, schloss also neben biologischen Systemen auch psychische Systeme (z. B. das Selbst) und soziale Systeme (z. B. politische Organisationen) mit ein. Als Soziologie hatte er vor allem mit der Betrachtung der Gesellschaft als ein vollständig aus autopoietischen, sozialen Systemen bestehendes großes System entscheidenden Einfluss auf die soziologische Systemtheorie. In seiner Theorie müssen Systeme, um sich erhalten zu können, an sich selbst „anschließen“ (siehe Anschluss (Luhmann)).

Politik und Philosophie

Ganz verschiedenartige Phänomene von der Klimaschutz-Bewegung bis hin zu Forschungsprogrammen zur Weltraumkolonisierung sind vom Wille zur Selbsterhaltung der Menschheit motiviert. Auch das Gleichgewicht des Schreckens konnte nur aufgrund des Selbsterhaltungstriebes der Menschheit bestehen. Einige hinterfragen den Selbsterhaltungstrieb des einzelnen Menschen oder der Menschheit als Gesamtheit kritisch, so zum Beispiel die philosophische Strömung des Antinatalismus oder politische Bewegungen wie das Voluntary Human Extinction Movement.

Michel Foucault beschrieb in seiner Theorie häufig die Selbsterhaltung sozialer Systeme durch die Ausübung von Macht und Unterdrückung. So zeigte er zum Beispiel in seinem Werk Wahnsinn und Gesellschaft, wie eine bestehende gesellschaftliche Ordnung andersartige (ihren Fortbestand gefährdende) Ideen diskreditiert, indem sie die Personen, die sie äußern, als „psychisch krank“ (meist „schizophren“) abstempelt, und sich damit selbst erhält, siehe beispielsweise die Diagnostizierung des politisch motivierten US-amerikanischen Terroristen Theodore Kaczynski als „schizophren“, der durch seine Bombenattentate Aufmerksamkeit auf das sich selbst erhaltende und den Menschen Freiheit und Würde raubende weltumspannende „industriell-technologische System“ lenken wollte und seine spätere mediale Darstellung und medizinische Diagnose als „psychisch krank“ als Selbsterhaltungsmechanismus dieses Systems im Sinne Foucaults selbst vorhersagte (siehe auch Antipsychiatrie und Schizophrenie#Kritik am Konzept der Krankheit).

Während der Selbsterhaltungstrieb in der Regel als etwas Schlechtes betrachtet wird, das man versucht, loszuwerden, prägte Friedrich Nietzsche, der die Selbsterhaltung ebenfalls als grundlegendes, die gesamte Welt durchdringendes Prinzip sah, mit seinem Konzept Wille zur Macht ein positives Bild davon.

Einzelnachweise

  1. Hans-Martin Lohmann: Sigmund Freud. Rowohlt Verlag GmbH, 2017-02-17, ISBN 9783644575721 (https://books.google.at/books?id=GLgdDAAAQBAJ&).
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Selbsterhaltung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.