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Sklaverei im Römischen Reich
Die Sklaverei im Römischen Reich bestand bis ins 2. Jahrhundert v. Chr. aus Schuldsklaverei, in geringem Maße wurden im Römischen Reich jedoch auch Kriegsgefangene versklavt. Die Schuldsklaverei wurde im 2. Jahrhundert v. Chr. verboten, offiziell auf Druck der Bevölkerung. Tatsächlich kamen zu jener Zeit wegen der Eroberungsfeldzüge der Römer immer mehr Kriegsgefangene als Sklaven nach Rom, wodurch die Schuldsklaverei zunehmend überflüssig wurde. Zeitweise waren ein Viertel bis mehr als ein Drittel der Einwohner Roms Sklaven.
Rechtsstatus
Unfreiheit war in Rom in erster Linie eine rechtliche Kategorie, die über die Lebensumstände des Betroffenen wenig aussagte. Der Sklave (lateinisch zumeist servus, und andere Termini) war nach römischem Recht keine Person und besaß somit auch keine Rechtsfähigkeit, vielmehr unterstand er mit den untergeordneten Mitgliedern der zugehörigen familia der Außenvertretung des Oberhauptes des Hauses (patria potestas). Er war als bloße Sache Gegenstand des Handels. Vergewaltigungen eigener Sklaven und Sklavinnen waren bis kurz vor Beginn der Kaiserzeit straffrei. Vergewaltigungen von Sklaven anderer Eigentümer konnten hingegen als Sachbeschädigung verfolgt werden.[1] Sklaven durften zwangsweise kastriert[1] oder infibuliert werden. Bei Sklavinnen wollte der Halter hierüber Schwangerschaften unterbinden, während kämpfende (→ Gladiatoren) und arbeitende männliche Sklaven ihre Kräfte nicht im Geschlechtsverkehr „vergeuden“ sollten.[2][3] Sklavenkinder waren von Geburt an Sklaven; dem Herrn (dominus) stand das Entscheidungsrecht über Leben und Tod des Sklaven zu. Was der Sklave verdiente, war Eigentum des Herrn. Zu den berühmtesten Schriften, welche die Sklaverei zum Thema haben, gehören Senecas Sklavenbriefe. Darin spricht er von Menschen (homines) und kann sich männliche Sklaven auch als Freunde vorstellen, wohingegen Cato maior mehr als 200 Jahre zuvor Sklaven zu den Dingen (res) zählte.
Schon früh nachweisbar ist das Pekulienwesen, das dem Sklaven gestattete, aus seinem Nebenverdienst eigenes Vermögen (peculium) zu bilden. Gleichwohl handelte es sich juristisch um Eigentum des pater familias, der es seinem Sklaven lediglich freiwillig beließ. Das peculium eröffnete dem Sklaven jedoch die Möglichkeit, sich selbst freizukaufen. Es gab verschiedene Arten der Freilassung (manumissio) von Sklaven. Möglich waren unter anderem:
- Letztwillige Verfügung im Testament (per testamentum) durch den Herrn
- Rechtsakt vor dem Magistrat (per vindictam)
- Eintragung durch den Zensor in die Bürgerrolle als freier Bürger (per censum)
- Zusendung eines Freibriefs durch den Herrn (per epistulam)
- oder durch eine einfache Willenserklärung des Herrn in Gegenwart Dritter (inter amicos, per mensam, per convivium)
In Rom hatten freigelassene Sklaven (liberti) zwar das Bürgerrecht – im Gegensatz zu vielen griechischen Staaten –, waren als Klienten aber immer noch von dem Patron, der sie freigelassen hatte, abhängig und wurden von ihrem ehemaligen Herrn beschützt. Oft wurde bei der Freilassung ein Vertrag geschlossen, der die Pflichten des ehemaligen Sklaven festschrieb.
In der frühen Kaiserzeit nahm die Zahl der Freilassungen so stark zu, dass Kaiser Augustus Gesetze erließ, welche die Freilassung einschränkten. So musste ein Sklave mindestens 30 Jahre alt sein, um freigelassen werden zu können. Trotzdem stieg die Zahl der Freigelassenen weiter an, da die Herren sich durch das Versprechen der schließlichen Freilassung der besonderen Treue ihrer Sklaven versichern konnten. Da bereits der freigeborene Sohn eines libertus das uneingeschränkte römische Bürgerrecht besaß, führte die Praxis der massenhaften Freilassung zu einer erheblichen Zunahme der Zahl an Bürgern: Das Bürgerrecht verlor an Exklusivität und wurde daher schließlich 212 von Kaiser Caracalla allen freien Einwohnern des Imperium Romanum verliehen.
Vor allem vor Beginn der Kaiserzeit kam es hingegen noch wiederholt zu teils bedrohlichen Entwicklungen. Die Behandlung der Sklaven gab durch Willkür und Grausamkeit wiederholt Anlass zu blutigen Sklavenaufständen im römischen Reich und drei Sklavenkriegen. Insbesondere war es der Spartacus-Aufstand (73 bis 71 v. Chr.), der für Rom gefährliche Ausmaße annahm. Auch in der Kaiserzeit hatten viele Freie Angst vor ihren Sklaven; so wurde noch unter Kaiser Nero (54-68) das alte Gesetz angewendet, für den Fall, dass ein Sklave sein Herren tötete, sämtliche Sklaven, die sich zur Tatzeit in der Nähe aufgehalten hatten, umzubringen, da sie mutmaßliche Mitwisser seien.
Andererseits konnte die Unfreiheit, vor allem aber der anschließende Status als libertus, manchen Freien sogar erstrebenswert erscheinen. So gab es in der römischen Rechtsprechung den Begriff des Scheinsklaven (bona fide serviens), eines Freien, der sich als Sklave ausgab, um schlechten Lebensumständen oder dem Militärdienst zu entgehen.
Milderungen der Sklaverei sind schon sehr früh nachweisbar, anfangs über die soziale Kontrolle durch andere Sklavenherren, später zunehmend durch rechtliche Beschränkungen der Herrengewalt. Eine Abschaffung der Sklaverei wurde allerdings nie erwogen, auch nicht in christlicher Zeit: Das antike Christentum betonte im Gegenteil sogar vielfach die Gottgewolltheit dieser Institution, und Texte wie der Epheserbrief forderten, dass Sklaven ihren Herren "mit Furcht und Zittern" gehorchen (Eph 6,5 EU), verlangten aber gleichzeitig eine milde Behandlung, "denn ihr wisst, dass ihr im Himmel einen gemeinsamen Herrn habt" (Eph 6,9).
Seit der ausgehenden Spätantike ging die Sklaverei in Mitteleuropa langsam zurück und wurde teilweise vom Kolonat abgelöst, das sich durch Vermischung des bei den Germanen herrschenden Systems aus Freien und Unfreien zum System der Leibeigenschaft weiterentwickelte. Leibeigenen Bauern, die von einem Adligen abhingen, war es verboten, ihr Land zu verlassen. Sie waren zu zahlreichen Arbeitsleistungen und hohen Abgaben gegenüber ihrem Herrn verpflichtet. Es ist allerdings ein verbreiteter Irrtum, dass die Sklaverei bereits am Ende der Antike weitgehend aus Europa verschwunden sei; dies geschah erst im Verlauf des Hochmittelalters.
Wege der Versklavung
Es gab verschiedene Wege der Versklavung. Eine wichtige Quelle waren die Kriegsgefangenen der zahlreichen römischen Eroberungskriege, die als Sklaven verkauft wurden. Das war die Herkunft der meisten römischen Sklaven. Auch Piraterie trug ihren Teil dazu bei, den Nachschub nicht versiegen zu lassen: Räuber oder Piraten entführten nicht selten Reisende und Händler und verkauften sie auf Sklavenmärkten. Ein weiterer Weg war die Schuldsklaverei: Schuldner mussten ihren Körper, ihre Arbeitskraft und ihre Freiheit verkaufen, um ihre Schulden zu begleichen. Diese Form der Sklaverei wurde im 2. Jahrhundert vor Christus verboten. Auch als Strafe für bestimmte Verbrechen wurde Versklavung eingesetzt. Außerdem bekamen Kinder von Sklaven automatisch ebenfalls den Status ihrer Eltern. Diese geborenen Sklaven nannte man vernae.
Verschiedene Gruppen von Sklaven
Wie auch in Griechenland waren die Unterschiede innerhalb der großen Gruppe der römischen Sklaven gewaltig. In der Kaiserzeit schätzt man den Anteil der Unfreien auf ein Viertel der Bevölkerung Italiens. Sklaven starben unter unmenschlichen Bedingungen in Bergwerken, während andere Macht, Einfluss, Privatvermögen und sogar eigene Sklaven besaßen. Der rechtliche Status einer Person sagte in Rom relativ wenig über ihre Lebensumstände aus.
Sklaven wurden in verschiedenen Bereichen eingesetzt und hatten dadurch sehr unterschiedliche Lebensbedingungen. So gab es viele Feldsklaven, die in der Landwirtschaft arbeiteten. Sie wurden von Aufsehern beaufsichtigt, die auch straften, wobei oftmals Furca oder Patibulum als Strafinstrumente angewendet wurden. Diese Sklaven wurden gequält und profitträchtig ausgebeutet.
- „Das schlimmste für den Betrieb waren untätige Sklaven, weil sie etwas kosten anstatt etwas einzubringen, und so beschäftigte sich Cato intensiv mit der Frage, welche Arbeiten bei schlechtem Wetter erledigt werden können.“[4]
Anders sah es für die meisten Haussklaven aus: Sie gehörten zur familia ihres dominus und waren für die Erledigung aller Aufgaben im Haushalt zuständig, wie Kochen, Putzen, Waschen. Bei Festgelagen bedienten, musizierten und tanzten sie. Oft hatten sie eine enge und freundschaftliche Beziehung zu ihren Herren und wurden nicht wie die Feldsklaven bis zum Äußersten ausgepresst. Ihre Aufgaben waren nicht nur am wirtschaftlichen Profit orientiert, sondern der Bequemlichkeit ihres dominus und der Repräsentation seiner Macht und Würde gewidmet. Gut ausgebildete Sklaven wurden auch als Hauslehrer oder Ärzte eingesetzt. Die meisten dieser Unfreien ließ der Hausherr zwischen ihrem 30. und 40. Lebensjahr frei. Sklaven des Kaisers konnten sogar wichtige Funktionen ausüben und erhebliche Macht auf sich vereinigen.
Darüber hinaus bauten Sklaven Straßen und Gebäude, pflegten diese und arbeiteten im Hafen. Weitere Sklaven im öffentlichen Dienst waren, wenn sie seine Gunst genossen, im Hofstaat des Kaisers oder in seiner Verwaltung tätig. Viele Sklaven arbeiteten auch in Bergwerken und Münzprägereien. Besonders die Arbeit in Bergwerken war körperlich extrem anstrengend und die Arbeitsbedingungen oft unmenschlich. Die meisten Sklaven, die in einem Bergwerk arbeiteten, überlebten keine zehn Monate. Einer der bekanntesten Einsatzorte von Sklaven war die Arena: Viele Gladiatoren und Wagenlenker waren Sklaven, die von ihren Herren gezwungen wurden, im Circus auf Leben und Tod zu kämpfen. Hierzu wurden sie in speziellen Schulen ausgebildet und konnten hohes Prestige erlangen und berühmt werden.
Sklavinnen arbeiteten im Haushalt; sie wurden auch zum Konkubinat gezwungen. In großen Haushalten gingen sie oft sehr spezialisierten Tätigkeiten wie Friseuse, Musikerin oder Hebamme nach.
Beim Militär gab es keine Sklaven, sie galten als unwürdig, Waffen zu tragen, und wurden nur in Extremsituationen bewaffnet. Als entlaufene Sklaven erkannte Soldaten wurden umgehend hingerichtet. Es gab allerdings (nicht-römische) Hilfstruppen, in denen unter Umständen auch Unfreie zum Einsatz kommen konnten, doch blieb dies eine Ausnahme.
Unterschiedliche Erkennbarkeit/Kleidung
Feldsklaven arbeiteten in der Regel halbnackt und hatten keinen Ausgang. Sie wurden in kleine Hütten gepfercht und traten in der städtischen Öffentlichkeit kaum in Erscheinung. Haussklaven bekamen oft ähnliche Kleidung wie ihre Besitzer und waren höchstens an ihrem Verhalten zu erkennen.
Es gab verschiedene Versuche von Senatoren, eine eigene Kleidung für Sklaven einzuführen, doch unterblieb dies hauptsächlich aus Angst vor Sklavenaufständen.
Die einzige Kleidung, die Sklaven nicht tragen durften, war die Toga, die nur männlichen freien römischen Bürgern zustand.
Sklavenmärkte
Alle Sklaven wurden auf Sklavenmärkten verkauft. Die Preise unterschieden sich erheblich. Besonders hoch waren die Preise gebildeter Sklaven, die nicht selten vor ihrer Versklavung in ihrer eroberten Heimat einen hohen sozialen Status gehabt hatten. Schöne Sklavinnen und Sklaven waren teuer. Nach einem Bericht des Geographen Strabo (Geogr., 14.5.2) wurden alleine in Delos 10.000 Sklaven täglich verkauft, doch kann es sich hier auch um eine Rundzahl handeln, die nur "sehr viel" bedeutet.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Karl-Heinz Ignatz Kerscher: Auf dem Weg zur Positiven Erziehung: Negative und positive Erziehung in Vergangenheit und Gegenwart, S. 17; GRIN Verlag, 2010. ISBN 3640769899 Volltext
- ↑ Deutsche Tropenmedizinische Gesellschaft: Zeitschrift für Tropenmedizin und Parasitologie, Band 20–21, S. 1, Thieme-Verlag 1969. Auszug
- ↑ Jasmin Touati: Politik und Gesellschaft in Somalia (1890–1991), S. 148; Institut für Afrika-Kunde 1997. Auszug
- ↑ Andreas Reißmann, 1999.
Literatur
Quellensammlungen
- Werner Eck u. a.: Sklaven und Freigelassene in der Gesellschaft der römischen Kaiserzeit. WBG, Darmstadt 1993.
- Zvi Yavetz: Slaves and Slavery in Rome. Transaction, London 1988.
Forschungsliteratur
- Heinz Bellen u. a. (Hrsg.): Bibliographie zur antiken Sklaverei (= Forschungen zur antiken Sklaverei. Beiheft 4). Steiner, Stuttgart 2003, ISBN 3-515-08206-9.
- Keith Bradley: Slaves and Masters in the Roman Empire. OUP, Oxford 1987.
- Keith Bradley: Slavery and Society at Rome. CUP, Cambridge 1994.
- Thomas Finkenauer (Hrsg.): Sklaverei und Freilassung im römischen Recht. Symposium für Hans Josef Wieling zum 70. Geburtstag. Springer, Berlin u. a. 2006, ISBN 3-540-36953-8.
- Moses I. Finley: Ancient Slavery and Modern Ideology. Expanded edition by Brent D. Shaw. Markus Wiener Publishers, Princeton NJ 1998, ISBN 1-55876-170-5 (Four lectures presented at the Collège de France in Nov. and Dec. 1978). (Frühere Ausgabe auch deutsch als: Die Sklaverei in der Antike. Geschichte und Probleme (Fischer 4352). 6.–7. Tausend. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24352-1).
- Elisabeth Herrmann-Otto: Sklaverei und Freilassung in der griechisch-römischen Welt (= Studienbücher Antike. Bd. 15). Olms, Hildesheim u. a. 2009, ISBN 978-3-487-14251-7.
- Stefan Knoch: Sklavenfürsorge im Römischen Reich. Formen und Motive (= Sklaverei – Knechtschaft – Zwangsarbeit. Bd. 2). Olms, Hildesheim u. a. 2005, ISBN 3-487-13023-8 (Zugleich: Trier, Univ., Diss., 2004).
- Leonard Schumacher: Sklaverei in der Antike. Beck, München 2001.
- Ramsay MacMullen: Late Roman Slavery. In: Historia 36 (1987), S. 359-382.
- Alexander Weiss: Sklave der Stadt. Untersuchungen zur öffentlichen Sklaverei in den Städten des Römischen Reiches (= Historia Einzelschriften 173). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08383-9.
Weblinks
- Die Sklaven
- Elisabeth Herrmann-Otto Sklavenkinder in Recht, Ökonomie und Gesellschaft des Römischen Reiches (PDF; 286 kB)
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