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Spielmannszug

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Stapelholmer Spielmannszug beim Schleswig-Holstein-Tag 2010 in Rendsburg
Spielmannszug Steinhausen beim Einmarsch in Büren
Spielmannszug eines Musikkorps der Bundeswehr beim Großen Zapfenstreich.

Ein Spielmannszug bezeichnet im engeren Sinn eine Musikgruppe, bestehend aus Marschtrommeln, klappenlosen Querflöten, Lyren, Großer Trommel und Becken. Er wurde vorwiegend in der Marschmusik und für Signale eingesetzt. Heute werden vielfach auch Konzertflöten, unterschiedliche Percussion-Instrumenten und Stabspiele (Marimba, Glockenspiel) eingesetzt. Manche Spielmannszüge haben ihr Repertoire erweitert und verstehen sich als Flötenorchester. Sie spielen Arrangements moderner Unterhaltungsmusik und teils auch Originalkompositionen.

Spielmannszüge können allein oder zusammen mit anderen Musikgruppen, wie Blasorchestern eingesetzt werden. Umgangssprachlich wird der Begriff Spielmannszug auch für solche Kombinationen verwendet, dann ergeben sich Abgrenzungsschwierigkeiten zu Blasorchestern, Fanfarenzügen und Trommlercorps.

Geschichte des Spielmannswesens

Der Ausdruck Spielmann und das Pfeiferrecht lässt sich bis ins achte Jahrhundert zurückverfolgen. Aufzeichnungen aus dem 13. Jahrhundert ist zu entnehmen, dass Flöte und Trommel gemeinsam gespielt wurden (ein „Spyl“). Horn-, Flöten- und Trompetensignale sind schon frühzeitig aus dem Militärwesen bekannt (siehe Fanfare (Signal)). Aufmärsche, Gefechts- und Alarmübungen wurden im Gleichschritt vorgenommen, unterstützt durch das Spielen von Flöten und anderen Blasinstrumenten sowie den Trommelschlag.

Im deutschen Heer des späten 19. Jahrhunderts umfasst der Spielmannszug die Tamboure und Hornisten der Infanterie, die Signale zu geben und Märsche zu spielen hatten. Jede Kompanie hatte zwei Tamboure und zwei mit Hörnern und Querpfeifen ausgerüstete Hornisten. Spielleute bei der Kavallerie wurden Trompeter genannt. Besonders in den ehemals im 19. Jahrhundert französisch besetzten Gebieten Deutschlands ist in Anlehnung an die vorgenannten französischstämmigen Begriffe als Bezeichnung für Spielmannszüge auch der Begriff Tambourchor oder Tambourcorps anzutreffen.

Mit den aufkommenden Turnfesten und den damit verbundenen Umzügen wurde auch die Spielmannsmusik zu einem festen Bestandteil dieser Feste. Sie entwickelte sich damit vom militärischen Ursprung der Marschunterstützung hin zum konzertanten Musizieren. So spielten in der Deutschen Turnerschaft im Jahr 1922 in Leipzig 220, im Jahr 1925 in Frankfurt 2.000 und im Jahr 1926 in Leipzig 4.200 Spielleute auf.

In der Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 wurde das Spielmannswesen von der Nationalsozialistischen Partei für ihre Selbstdarstellungs- und Propagandazwecke vereinnahmt. Der konzertante Bereich trat in den Hintergrund. Das Turnerspielmannswesen erlosch damit nach relativ kurzer Zeit. Für die Propaganda der Nationalsozialisten waren die Spielmannszüge von SA und SS von Bedeutung. Aufgetreten sind diese Spielmannszüge bei den Reichsparteitagen in Nürnberg und bei regionalen Veranstaltungen. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges brauchte man die regionalen Spielmannszüge nicht mehr, außerdem wurden die Musiker als Soldaten eingezogen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg formierten sich im gesamten Bundesgebiet wieder Spielleutegruppen, zunächst ohne eine Verbandszugehörigkeit. Im 1950 gegründeten Deutschen Turner-Bund formierten sich erstmals Spiellleutegruppen wieder. Beim Deutschen Turnfest 1953 in Hamburg traten bereits 3.000 Spielleute auf.

Auch in den Feuerwehren sind in Deutschland heute viele Spielmannszüge organisiert, teils als reine Spielmannszüge mit Pfeifen und Trommeln, teils als Spielmanns- und Fanfarenzüge.

Instrumente

Ursprünglich gehören zu den Spielmannszügen Querpfeifen und Trommeln. Seit den Türkenkriegen werden auch die Lyra, das Becken und der Schellenbaum eingesetzt, weshalb man auch von türkischer Musik oder Janitscharenmusik spricht.

Der klassische Spielmannszug begnügt sich mit diesen Instrumenten, wobei an Querpfeifen nur die Sopranflöte benutzt wird. In Deutschland ist die nach dem Hersteller benannte Sandnerflöte, auch nach dem Modell Zauberflöte genannt, am häufigsten verbreitet. Bis in die 1960er Jahre wurden meistens Flöten aus Grenadill-Holz verwendet. Heute bestehen die Flöten aus Metall.

Ein klassischer Spielmannszug mit erweitertem Flötensatz nutzt auch Diskant- und Altflöten und Tenorflöten. Auch ein erweitertes Schlagwerk mit zusätzlichen Schlaginstrumenten (große Trommel, Pauken, Stabspiele) kommt immer häufiger zum Einsatz.

Um 1954 wurde in der damaligen Bundesrepublik die CES-Stimmung entwickelt, um alte Armeemärsche besser im Zusammenspiel mit Blasmusikkorps zu spielen. International blieb diese CES/FES-Stimmung jedoch einmalig. So bleib man zum Beispiel in der DDR bei der B-Stimmung.

Damit Spielmannszüge auch mit anderen Orchestern gemeinsam spielen können oder Konzertflöten bei sich aufnehmen können, werden vermehrt auch C-Flöten hergestellt.

Diskant Fes F Es
Sopran Ces C B
Alt Fes F Es
Tenor Ces C B

Wenn die Schlaginstrumente die Hauptrolle übernehmen, wird der Verein Trommlercorps, oder nach nordamerikanischen Vorbild auch Drum Corps, Drumband oder Drumline genannt.

Eine aktuelle Entwicklung ist die Modernisierung des Instrumentariums.Neben den klappenlosen Spielmanns- und Trommelflöten werden, ergänzend oder ausschließlich, Klappenflöten eingesetzt. Mit Querflöten in C und Piccoli in C stehen neue Klangfarben zur Verfügung. Auch Altquerflöten in G und Bassflöten in C werden zunehmend eingesetzt. Das Schlagwerk wird erweitert um Pauken, Drumset und Perkussionsinstrumente (beispielsweise Cymbals, Guiro, Congas) Die Stabspiele werden ergänzt durch Marimba, Xylophon oder Vibraphon. Vermehrt sehen sich Spielmannszüge, die über ein erweitertes Schlagwerk und ausschließlich Flöten in C-Stimmung verfügen, selbst eher als Flötenorchester. Viele Vereine nennen sich entsprechend um.

Mischung von Spielmannszügen und Fanfarenzügen

Spielmannszüge und Fanfarenzüge wurden beim Militär streng getrennt. Diese Form des Zusammenspiels, das vom musikhistorischen Standpunkt aus gesehen bisher keine Vorbilder hatte, kommt im Österreichischen und Deutschen Spielmannswesen zum Einsatz: eine Mischung von reinen Spielmannszügen mit reinen Fanfarenzügen und somit ein Zusammenspiel von Flöte, Trommel (diverse Ausführungen), Lyra (oder Glockenspiel), Schlagzeug und Blechblasinstrumenten wie Trompete/Fanfare, Sousafon, Horn in Es oder Parforcehorn in Es/B.

Zugehörigkeit der Spielmannszüge

Deutschland

Spielmannszüge gehören häufig Vereinen oder Organisationen an. Die Zugehörigkeit variiert regional, häufiger gehören Spielmannszüge zu:

Diese meisten dieser Verbände sind auf Bundesebene unter dem Dach der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände (BDMV) zusammengefasst und über diese Mitgliedschaft auch dem Internationalen Musikverband CISM angehörig.

Sportspielmannszüge findet man hauptsächlich in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Berlin-Brandenburg. Diese Spielmannszüge waren zur Zeit der DDR im DTSB organisiert. Die klassische Uniform ist weiß: weiße Hose, weißes Hemd, weiße Schuhe. Die Uniformen bayerischer Spielleutegruppen sind oft angelehnt an regionale Trachten oder historische Uniformen oder sind in den jeweiligen Stadtfarben gehalten. Viele Spielmannszüge tragen frei gestaltete Uniformen. Die meisten Spielmannszüge folgen den traditionellen Uniformfarben ihres Verbandes.

Einige Bundesländer unterhalten Spielmannszüge als Auswahlorchester (Landesspielleuteorchester, Landesspielleutekorps), deren Mitglieder sich aus Vereinen des jeweiligen Bundeslandes zusammensetzen. Diese Auswahlorchester haben repräsentative Aufgaben, und ihre Mitglieder wirken mit ihrem erworbenen Wissen als Multiplikatoren in die Heimatvereine.

Des Weiteren haben die Spielmannszüge eine lange Tradition in Deutschland. Die Bundeswehr unterhält noch heute mehrere Spielmannszüge beim Militärmusikdienst, so z.B beim Stabsmusikkorps der Bundeswehr.[1]

Österreich

Beeindruckt vom Auftreten und Spiel der deutschen Turnerspielleute beim Deutschen Turnfest 1953 in Hamburg beschlossen die österreichischen Teilnehmer, auch in ihren Turnvereinen Spielmannszüge ins Leben zu rufen. Der erste österreichische Spielmannszug wurde 1954 im Turnverein Ried 1848 auf Betreiben von Turnwart Sepp Schendl gegründet. In weiterer Folge kam es zu Gründungen in Gmunden, Salzburg, Wien und Linz. In Österreich gab es im Jahr 2000 jedoch nur etwa 15 Spielmannszüge.

Organisatorisch wurde das Spielmannswesen im Österreichischen Turnerbund 1965 durch die Errichtung eines Bundesfachausschusses für Spielmannswesen im Rahmen des Bundesturnausschusses verankert. Seit 1987 ist es als Fachgebiet direkt im Bundesturnrat vertreten. Die einzelnen Spielmannszüge sind Fachabteilungen der Turnvereine.

Wettbewerbe

Alle vier Jahre findet der Deutsche Orchesterwettbewerb statt, der vom Deutschen Musikrat ausgerichtet wird, und an dem seit dem Jahr 2000 auch Spielleutecorps teilnehmen können. Dem Orchesterwettbewerb geht eine Qualifikation auf Landesebene voraus.

Aufgrund der zahlreichen Verbände gibt es verschiedene Veranstaltungen, die sich als Deutsche Meisterschaften bezeichnen, so kann jeder Verband seinen „Deutschen Meister“ küren:

  • Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e. V.
    • 2007 fand im Rahmen des von der BDMV getragenen Deutschen Musikfestes in Würzburg die erste „Offene, offizielle Deutsche Meisterschaft des BDMV“ statt, die zweite 2010 im Rahmen der Rasteder Musiktage. Startberechtigt waren alle Spielleutevereine, die ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben und sich im Rahmen der Vorausscheide qualifiziert hatten.
  • Deutscher Bundesverband der Spielmanns-, Fanfaren-, Hörner- und Musikzüge e. V.
    • Die „Deutsche Meisterschaft des DBV“ wird seit über 30 Jahren alle 2 Jahre ausgetragen. Teilnehmer müssen sich auf Länderebene qualifizieren.
  • Deutsche Meisterschaft der Sportspielmannszüge
    • Die Meisterschaft findet seit 1996 statt. 1996 und 1998 nannte sie sich noch Deutschlandpokal der Sportspielmannszüge. Es gibt keine Klasseneinteilung, da sich bereits aus dem Namen der Veranstaltung (Sportspielmannszüge) eine Spezifizierung ergibt.

Siehe auch

Literatur

  • Günther Rambach: Hakenkreuz und Martinskirche. Schicksalsjahre in der Oberpfalz. 1933-1959, Ensdorf 2010, ISBN 978-3-00-031635-7

Einzelnachweise

  1. Der Militärmusikdienst (PDF; 398 kB)

Weblinks

 Commons: Spielmannszug – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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