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Spinozismus
Spinozismus ist ursprünglich ein philosophischer Kampfbegriff des 18. Jahrhunderts und eine abwertende Bezeichnung für die Lehren des niederländischen Philosophen Baruch de Spinoza. Mit einem polemischen Akzent wird auch das Adjektiv spinozistisch verwendet, wohingegen spinozisch oder spinozanisch in der Regel in wertneutralem Kontext steht. Allerdings wurde die Konnotation des Begriffs historisch, im Zuge der zunehmend nüchternen philosophischen Debatten, abgeschwächt, weshalb sich der Begriff in der Literatur seit dem 19. Jahrhundert nur noch selten im Sinne eines polemischen Schlagworts wiederfindet.
Aussagen des Spinozismus
In seinem Hauptwerk, der Ethica more geometrico demonstrata, konstruiert Spinoza ein Weltbild, dem zufolge Gott nichts anderes ist als die eine Substanz, die jegliche Existenz in sich schließt und außerhalb derer nichts anderes bestehen kann. Folglich sind Geist und Materie keine getrennten Substanzen, wie es im Cartesianismus angenommen wird, sondern vielmehr zwei Eigenschaften (Attribute) der einen Substanz (Gott). Der Mensch und alle weiteren endlichen Dinge in der Welt sind hingegen lediglich Bestimmtheiten (Modi), in denen sich das Wesen Gottes äußert. Das spinozanische System ist somit pantheistischer Natur; Friedrich Heinrich Jacobi bezeichnete es gar als den einzig konsequenten Pantheismus.
Atheismusvorwurf
Da das Konzept der einen Substanz elementare Unterschiede zu allen traditionellen Gottesbildern aufwies, sahen sich Anhänger des spinozischen Systems besonders im 18. Jahrhundert mit hartnäckigen Atheismusvorwürfen konfrontiert.[1] Jegliche Sympathie mit den Lehren Spinozas wurde, stellvertretend für den Pantheismus per se, als Atheismus angeprangert. Der sicherlich berühmteste Denker, dem dies im Rahmen des aufsehenerregenden Pantheismusstreits vorgeworfen wurde, war Gotthold Ephraim Lessing.
Im Zuge des Deutschen Idealismus und der nachfolgend zunehmend entspannten bis gar wohlwollenden Betrachtung der spinozischen Weltanschauung verlor der Begriff des Spinozismus den Großteil seiner Schlagkraft. Der Atheismusvorwurf wurde nicht nur als übertrieben und unbedacht kritisiert, sondern mitunter ins Gegenteil verkehrt; einige Stimmen betonten gerade die besondere Religiosität, die dem allumfassenden Gottesbegriff inhärent sei.[2]
Literatur
- Benedictus de Spinoza, Wolfgang Bartuschat (Hrsg.): Baruch de Spinoza. Kurze Abhandlung von Gott, dem Menschen und dessen Glück. Ethik in geometrischer Ordnung dargestellt. 5. grundlegend revidierte Auflage. Meiner, Hamburg 1991, ISBN 3-7873-1039-8.
- Ulrich Neuenschwander: Gott im neuzeitlichen Denken. Band 1. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1977, ISBN 3-579-03974-1.
- Karl Löwith: Gott, Mensch und Welt in der Metaphysik von Descartes bis zu Nietzsche. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1967, ISBN 3-525-30113-8.
Einzelnachweise
- ↑ „Spinozismus ist Atheismus.“ (Jacobi: Friedrich Heinrich Jacobi's Werke. Bd. IV, erste Abtheilung: Vorbericht. Über die Lehre des Spinoza, in Briefen an Herrn Moses Mendelssohn, hrsg. von Friedrich Roth und Friedrich Köppen, Darmstadt 1968, S. 216)
- ↑ „Voller Religion war er und voll heiligen Geistes.“ (Schleiermacher: Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern, hrsg. von Rudolf Otto, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1926, S. 35)
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