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Studentenverbindungen in Czernowitz
Die Studentenverbindungen in Czernowitz spiegelten die Völker- und Religionsvielfalt der Bukowina wider; nach 1875 gab es über 40 Studentenverbindungen im Buchenland.
Franz-Josephs-Universität
Als die Bukowina mit der Hauptstadt Czernowitz hundert Jahre zum kaiserlich-königlichen Österreich-Ungarn gehörte (seit 1849 als Kronland), gründete Kaiser Franz-Joseph I. am 4. Oktober 1875 die nach ihm benannte Universität Czernowitz. Triest, Olmütz, Brünn, Laibach und Salzburg hatten damit das Nachsehen. Zu der Entscheidung hatte nicht unwesentlich beigetragen, dass die Universität Lemberg 1867 polonisiert worden war.[1]
Nach dem verlorenen Deutschen Krieg, dem Ende des Deutschen Bundes und der preußischen Reichsgründung wollte Habsburg seine Macht im Osten zeigen und mit Czernowitz ein Gegengewicht zur Hohenzollern-Universität im westlichen Straßburg schaffen.[1]
Dass die Franz-Josephs-Universität zwischen Rumänen und Ukrainern Deutsch als internationale Lehrsprache annahm, war dem Gründungsrektor Constantin Tomaszczuk zu verdanken. Als Sohn einer rumänischen Mutter und eines ukrainischen Vaters saß er für die Deutschliberale Partei im Wiener Reichsrat. Dank seiner Klugheit hatte die „östlichste“ deutsche Universität (740 km „hinter“ Wien) nicht nur Fakultäten für Griechisch-orthodoxe Theologie, Rechtswissenschaften und Philosophie, sondern auch die erste Lehrkanzel für ukrainische Sprache und Literatur und den ersten Lehrstuhl für Kirchenslawisch.[1]
Die Universität wurde am 4. und 5. Oktober 1875 eröffnet. Die Feierlichkeiten waren von der Wiener Landsmannschaft Bukowina ausgerichtet worden, in der sich die Buchenländer Studenten sammelten. Die Chargierten zogen von der Siebenbürgerstraße zum Universitätsgebäude. Der Corpsstudent Richard Strele von Bärwangen leitete den Kommers im „Circus“. Erstmals erklang Joseph Victor von Scheffels neues Lied „Verwundert hebt der Pruth im Schilf sein Haupt“.[2] Die Festrede hielt der Landsmannschafter Eduard Reiss, der jüdische Bürgermeister von Czernowitz.
Verbindungen in Czernowitz
Zwölf Tage nach der Universitätseröffnung stiftete Strele das Corps Austria[3] und begründete damit den unvergleichlichen Verbindungsreichtum von „Klein-Wien“.[1] Sein Lied Im Buchwald fängt’s zu rauschen an gehörte zu den Morgengaben der Alma Mater. In seiner kulturellen, ethnischen und religiösen Vielfalt übertraf das „Heidelberg des Ostens“ wohl alle anderen Universitäten.
Nach ihrer Ausrichtung ließen sich unterscheiden: fünf „österreichische“, national indifferente (drei Corps und zwei Vereine), zwei deutschnationale (Burschenschaften), eine/zwei katholische (römisch, griechisch, armenisch), sechs rumänische (fünf schlagende), fünf ukrainische (drei schlagende), zwei polnische (ein katholischer Verein, eine Burschenschaft), neun jüdische (drei schlagende) und acht sonstige Korporationen.
Nach Anciennität bestanden:
Corps
- Austria (1875–1914), schwarz-gold-schwarz[4]
- Gothia (1876–1926)[5], grün-weiß-gold
- Alemannia (1877–1937), schwarz-blau gold[4]
Unter den Gründern der drei Corps waren der Etscher Strele und die Prager Austrianer Goldenberg und Sauerquell.[6]
Nach dem Ersten Weltkrieg, 1919 und 1920, wurden die Corps der deutschösterreichischen, böhmischen und mährischen Universitäten Graz, Leoben, Wien, Prag und Brünn in den Kösener Senioren-Convents-Verband aufgenommen. So hatten auch die drei Czernowitzer Corps den Aufnahmeantrag zum Kösener Congress 1926 gestellt. Er wurde abgelehnt. In Hinblick auf den damals zunehmend völkischen Zeitgeist kann man annehmen, dass die jüdisch geprägte Völkervielfalt von Czernowitz und ihre besondere Resonanz in den liberal-konservativen Corps eine Rolle spielten.
Alemannia hatte (auch nach dem Zweiten Weltkrieg) viele gemeinsame Corpsbrüder mit den Corps Alemannia Wien und Frankonia Brünn.
Ukrainische Verbindungen
- Sojuz (1875–1940)[3], blau-gold-blau[4]
- Zaporoshe (1910–1940; 1990 als einzige in Czernowitz reaktiviert), rot-weiß-gold
- Bukowina, blau-rot-grün
- Czornomore (1913–1940), blau-gold-blau
Rumänische Verbindungen
- Arboroasa (1875–1940), blau-gold-rot
- Junimea[7] (1878–1940), blau-gold-rot[4]
- Bucovina (1880–1940), blau-gold-rot[4]
- Academia ortodoxa (1884–1940), blau-gold-rot
- Dacia (1903–1940), blau-gold-rot
- Moldova (Burschenschaft, 1910–1940), blau-gold-rot
Burschenschaften
Siehe auch: Czernowitzer Burschenschafter
Polnische Verbindungen
- Oginsko (1884–1940), rot-weiß-rot
- Lechia (Burschenschaft, 1910–1940)
Jüdische Verbindungen
- Hasmonea (1891–1936)[9], rot-violett-grün[10]
- Zephira (1897–1936), blau-gold-blau
- Hebronia (1900–1936)[11], grün-rot-gold
- Humanitas (1900–1903), rot-gold-grün → Hebronia und Emanuh
- Emunah (1903–1936), gold-violett-gold
- Jüdisch-akademischer Verein jüdischer Kultur (1910) - Pflege der jiddischen Sprache
- Hatikwah (1914), violett-grün-gold
- Heatid (1918–1936), grün-silber-schwarz
Die Altherrenvereine von Hasmonea, Zephira, Hebronia und Heatid rekonstituierten sich 1950 in Israel.
Katholische Verbindungen
- Unitas (1891–1906), weiß-schwarz-gold
→ Franconia (1906–1939), weiß-schwarz-gold
→ Germania (1913–?), rosa-moosgrün-gold
Bilder
Siehe auch
- Wiener Landsmannschaft Bukowina
- Erloschene Corps
- Österreichische Corps
- Jonél Kalinczuk
- Kartell-Convent der Verbindungen deutscher Studenten jüdischen Glaubens
- Vororte des KSCV
Literatur
- Raimund Lang: Czernowitzer Pasticcio, Texte – Fakten – Anekdoten. Czernowitzer Kleine Schriften, Schriftenreihe des Traditionsverbandes „Kath. Czernowitzer Pennäler“, Heft 15, Innsbruck 2004, ISBN 3-902368-07-1
- N.N.: Das Corpsleben auf der Universität Czernowitz im Buchenland. Erinnerungen eines Czernowitzer Corpsstudenten (aktiv 1920-1923). Einst und Jetzt, Bd. 8 (1963), S. 151-157
- Hans Prelitsch: Student in Czernowitz: Die Korporationen an der Czernowitzer Universität. Landsmannschaft der Buchenlanddeutschen, München 1961, S. 64 ff.
- Fritz Ranzi: Die SC-Verbände der Vorkösener Zeit in Österreich. Einst und Jetzt, Bd. 1 (1956), S. 61-76
- Fritz Roubicek: Von Basel bis Czernowitz − die jüdisch-akademischen Studentenverbindungen in Europa. Wien 1986
- Harald Seewann: „Für Volkes Ehr´ und Wohl!“ Die Jüdisch-nationale akademische Verbindung Hasmonaea Czernowitz (1891-1940) und der Kampf um die Anerkennung der jüdischen Nationalität. In: Einst und Jetzt, Bd. 52 (2007) S. 163-198, ISSN 0420-8870
- Rudolf Wagner: Die corpsstudentische Wurzel des Czernowitzer Korporationslebens, in: Deutsches Pennälertum in Czernowitz. Regensburg 1991
Weblinks
- Traditionsverband „Katholische Czernowitzer Pennäler“
- Erinnerung an B! Teutonia
- Festrede von Raimund Lang
- Walter Rüegg
- Academic societies (englisch)
Verbindungen aus Czernowitz
- Frankonia (CV) zu Erlangen
- B! Arminia zu Linz
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Raimund Lang, in: Burschenschaftliche Blätter Internet-Addendum 2004/05
- ↑ R. Lang: Die Wiener Landsmannschaft Bukowina. Einst und Jetzt, Jahrbuch des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung Bd. 56 (2011), S. 249-256
- ↑ 3,0 3,1 3,2 zur Gründung s. Emanuel Turczynski: Czernowitz, eine vom Bildungsbürgertum errungene Universität im Dienst staatlicher Bildungs- und Wissenschaftsförderung. In: Peter Wörster (Hg.): Universitäten im östlichen Mitteleuropa. Zwischen Kirche, Staat und Nation - Sozialgeschichtliche und politische Entwicklungen. München 2008, S. 218.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 zu Gründung und Farben s. Deutscher Universitätskalender für das Wintersemester 1889/90. Berlin 1889, S. 216.
- ↑ siehe Einst und Jetzt, Bd. 8 (1963), S. 151
- ↑ Ranzi, S. 67
- ↑ s. Petru Carp
- ↑ zu Gründung und Farben s. Deutscher Universitätskalender für das Wintersemester 1889/90. Berlin 1889, S. 215.
- ↑ zur Gründung s. Emanuel Turczynski: Czernowitz, eine vom Bildungsbürgertum errungene Universität im Dienst staatlicher Bildungs- und Wissenschaftsförderung. In: Peter Wörster (Hg.): Universitäten im östlichen Mitteleuropa. Zwischen Kirche, Staat und Nation - Sozialgeschichtliche und politische Entwicklungen. München 2008, S. 219f.
- ↑ gegründet von Mayer Ebner
- ↑ s. Josef Mosberg: Geschichte der J.N.A.V. „Hebronia". In: Hugo Gold (Hg.): Geschichte der Juden in der Bukowina. Band 1. Tel Aviv 1958, S. 121-123.
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