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Transkription (Linguistik)
In der Linguistik (insb. Konversations- bzw. Gesprächsanalyse, Spracherwerbsforschung, Dialektologie) versteht man unter Transkription die Verschriftung von Gesprächen nach bestimmten Regeln zum Zwecke der wissenschaftlichen Analyse.
Im Gegensatz zu einer einfachen „Niederschrift“ eines Gesprächs, wie sie z. B. für ein journalistisches Interview oder bei polizeilichen Verhören vorgenommen wird, besteht die Herausforderung einer wissenschaftlichen Transkription vor allem darin, Phänomene der Mündlichkeit (wie „Ins-Wort-Fallen“, Verschleifungen, Auslassungen, Intonation, Lautstärke etc.) in einer systematischen Art und Weise zu berücksichtigen. Dabei sind oft Präzision einerseits und Übersichtlichkeit („Lesbarkeit“) andererseits widerstreitende Anforderungen an eine Transkription, zwischen denen ein Kompromiss gefunden werden muss. Die methodologische Literatur ist sich einig, dass dieser Kompromiss sinnvoll nur in Abhängigkeit vom Untersuchungsziel und der zugrunde gelegten linguistischen Theorie gesucht werden kann. Man spricht in diesem Zusammenhang von „Transcription as theory“ (Ochs 1979).
Für bestimmte Untersuchungsziele und linguistische Theorien haben sich mittlerweile Konventionen etabliert, die in der betreffenden Forschergemeinschaft allgemein akzeptiert sind. Beispiele für solche Transkriptionssysteme sind
- GAT = gesprächs-analytisches Transkriptionssystem (Selting et al. 1998)
- HIAT = halb-interpretative Arbeits-Transkription (Ehlich/Rehbein 1976 und Rehbein et al. 2004)
- CHAT = Codes for the Human Analysis of Transcripts (MacWhinney 2000)
Weil wissenschaftliche Transkription ein aufwändiger Prozess ist, ist es heute die Regel, zum Transkribieren den Computer zu verwenden: Spezialisierte Software vereinfacht die häufigen Korrekturvorgänge, das Navigieren in der Aufnahme und das Einhalten formaler Transkriptionsregeln; die resultierenden digitalen Transkriptionsdateien können einfach und kostengünstig kopiert und verteilt werden; und nicht zuletzt vereinfacht der Computer das Auswerten größerer Mengen von Transkriptionen (sog. Korpora) wesentlich. Die computergestützte Transkription bringt ganz neue Möglichkeiten und Herausforderungen mit sich, die in den betroffenen Wissenschaften bisher nur ansatzweise ermessen wurden.
Beim aktuellen Stand der Technik noch keine Unterstützung für die wissenschaftliche Transkription sind Computerprogramme zur automatisierten Spracherkennung, da deren Resultat zu ungenau für eine wissenschaftliche Auswertung ist und zudem wichtige Notationsvorgaben wie Sprechzuordnungen noch nicht automatisiert erstellt werden können.
Literatur
- Arnulf Deppermann: Gespräche analysieren. Leske + Budrich, Opladen 2001, ISBN 3-8100-3313-8.
- Norbert Dittmar: Transkription – ein Leitfaden mit Aufgaben für Studenten, Forscher und Laien. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004, ISBN 3-8100-3902-0.
- Thorsten Dresing, Thorsten Pehl: Praxisbuch Interview, Transkription & Analyse. Anleitungen und Regelsysteme für qualitativ Forschende. 6. Auflage. Marburg 2015, ISBN 978-3-8185-0489-2. (Quelle)
- K. Ehlich, J. Rehbein: Halbinterpretative Arbeitstranskriptionen (HIAT). In: Linguistische Berichte. Nr. 45, 1976, S. 21–41.
- Hartmut Haberland, Janus Mortensen: Transcription as second order entextualisation: The challenge of heteroglossia. In: A. Capone, J. L. Mey (Hrsg.): Interdisciplinary Studies in Pragmatics, Culture and Society. Springer, Cham 2016, S. 581–600.
- Brian MacWhinney: The CHILDES project: tools for analyzing talk. Lawrence Erlbaum, Mahwah, NJ 2000.
- E. Ochs: Transcription as theory. In: E. Ochs, B. B. Schieffelin (Hrsg.): Developmental pragmatics. Academic Press, New York 1979, S. 43–72.
- J. Rehbein, T. Schmidt, B. Meyer, F. Watzke, A. Herkenrath: Handbuch für das computergestützte Transkribieren nach HIAT. (= Arbeiten zur Mehrsprachigkeit. Folge B. Nr. 56). 2004. (Online-Version, PDF; 2,8 MB)
- Thomas Schmidt: Computergestützte Transkription – Modellierung und Visualisierung gesprochener Sprache mit texttechnologischen Mitteln. Peter Lang, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-631-53514-7.
- Margret Selting u. a.: Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem (GAT). In: Linguistische Berichte. Nr. 173, 1998, S. 91–122.
Weblinks
- Margret Selting u. a.: Gesprächsanalytisches Transkriptionssystem (GAT). GAT-Artikel online (PDF; 131 kB)
- Objektive Hermeneutik Zur methodologischen Bedeutung von Transkripten als „natürlichen Protokollen“
- EXMARaLDA ist ein viel genutztes System zur computergestützten Transkription. Die Website bietet neben der Möglichkeit, Transkriptionssoftware herunterzuladen, auch weitere Informationen und Beispiele zum Thema.
- FOLK, das Forschungs- und Lehrkorpus Gesprochenes Deutsch ist ein am IDS Mannheim entwickeltes Gesprächskorpus. Die Transkription erfolgt mit dem Tool FOLKER.
- GoSpeech ist eine webbasierte Transkriptionssoftware, die Audio- und Videodateien automatisch in Text umwandelt.
- PCS-Transcriber (Freeware) ermöglicht das schnelle und mühelose Transkribieren von Gesprächsaufzeichnungen
- Transkriptionssoftware, Informationsportal zur digitalen Aufnahme und Transkription, Literaturauszüge, Tipps für Telefoninterviews oder nachträgliche Digitalisierung, Produktempfehlungen, Fußschalter – http://www.audiotranskription.de/
- Beispiel einer gesprächsanalytischen Transkription eines Helge-Schneider-Sketches
- Übersicht verfügbarer Transkriptionssoftware
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Transkription (Linguistik) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |