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Traumdeutung

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Traumdeutung bzw. Oneirologie (von griech. ὄνειρος (oneiros), „der Traum“) bezeichnet jene Tätigkeiten und weltanschaulichen Konzepte, die hinter den im Traum erlebten Bildern, Handlungen und Gefühlen jeweils eine bestimmte, meist wichtige symbolische Botschaft vermuten und versuchen, sie methodisch zu deuten. In der Antike wurde den Träumen eine göttliche oder dämonische Quelle zugeschrieben, die dem Menschen auf diesem Wege eine Botschaft übermittelte oder in Versuchung geführt haben soll, eine volkstümliche Auffassung, die auch die Grundlage der Oneiromantie bildet und von alttestamentlichen Traumdeutern wie Daniel praktiziert wurde. Seit dem Zeitalter der Aufklärung wird der Charakter des Traums als Überbringer von Botschaften philosophisch bezweifelt.

Die von Sigmund Freud begründete Tiefenpsychologie ist der Auffassung, das Traumgeschehen sei eine wichtige Informationsquelle über unbewusste Erlebensweisen des Menschen. In zahlreichen Publikationen legt sie eine Theorie dar, welche die Entstehung und Bedeutung der Träume sowie ihre Deutung systematisiert. In seinem Werk Die Traumdeutung bezeichnet Freud solche Arbeit deswegen auch als Traumanalyse.

In der Hirnforschung herrscht eine Kontroverse über die Bedeutung von Träumen und auch über die Notwendigkeit, diese zu verstehen. Dies wird im anschließenden Kapitel weiter ausgeführt.

Neurowissenschaften

In den Neurowissenschaften ist der Stellenwert und die Sinnhaftigkeit einer tiefenpsychologischen Traumdeutung umstritten. Crick und Mitchison beispielsweise führen das Traumphänomen auf neuronale und kognitive Prozesse des Gehirns zurück, in deren Verlauf unwichtige Verhaltensmodi gelöscht würden; eine Deutung der Träume sei deswegen nicht erforderlich. Andere Wissenschaftler interpretieren bestimmte Befunde ihrer experimentellen Forschung als Bestätigung einiger der Grundannahmen der psychoanalytischen Traumdeutung. U. a. sehen Gerhard Roth und Marc Solms eine mögliche Parallele zwischen dem freudschen Unbewussten einerseits und einem speziellen Phänomen anderseits, das sie durch den Vergleich der durch die Tomografie sichtbar gemachten Gehirnprozesse mit den bewussten Denkinhalten der während des Versuchs befragten Probanden entdeckten: Die neuronale Aktivität eines mit einem Bild oder einer zu lösenden Aufgabe konfrontierten Gehirns nimmt eine Weile zu, ohne dass dem Probanden währenddessen ein Gedanke oder Gefühl schon bewusst würde, so scheinen z.B. auch die "Entscheidungen" bereits lange vor ihrer Bewusstwerdung 'gefällt' zu werden. Roth erachtet dieses Phänomen als indirekten Beleg für das von Freud angenommene Strukturmodell der Psyche, das von wesentlicher Bedeutung für die Traumanalyse ist.

Sigmund Freud

Freuds Theorie zufolge wohnt den Träumen weder ein prophetischer Gehalt inne, noch handelt es sich um Produkte einer bloßen Verarbeitung vorheriger Tageserlebnisse. Vielmehr enthalte jeder Traum eine höchst intime „Botschaft“ über die von den Erfahrungen der Kindheit maßgeblich bedingte Situation des Träumenden. In der Tiefenpsychologie steht daher die systematische „Entschlüsselung“ der Träume im Dienste der Selbsterkenntnis und hat darüber hinaus eine existentielle Bedeutung für die psychische Diagnostik, die Voraussetzung einer fundierten Therapie.

Aus den Ergebnissen seiner Methode der Traumdeutung leitete Freud ab, dass es psychische Inhalte gebe, die aktiv daran gehindert werden, das Bewusstsein zu erreichen. Den dafür maßgeblichen Verdrängungs-Mechanismus bezeichnete er in Anlehnung an eine Maßnahme der Machtpolitik als „Zensur“; der Schlaf setze jedoch diese kognitive Hemmung herab und ermögliche den ins Unbewusste verdrängten Inhalten, sich zu Träumen zu gestalten und in dieser Form das Bewusstsein zu erreichen. Der Vorgang der Traumgestaltung wird als „Primärprozess“ bezeichnet und findet Freud zufolge im sogenannten Vorbewussten statt. In ihm würden die Inhalte des Unbewussten - bei denen es sich immer um Bedürfnisse wie Hunger, Lust usw. handele (s. u.) - mit den Erlebnissen der vorherigen Tage (sogenannten Tagesresten), Eindrücken aus dem Langzeitgedächtnis und selbst Anteilen bewusster Erwägungen vermischt, alles „verdichtet“ zu primitiv oder auch höchst komplex anmutenden 'filmischen' Sequenzen und ohne Rücksicht gegen den im Wachzustand gewohnten Zeitverlauf „verschoben“. Ebenfalls scheinen gelegentlich die anderen Naturgesetze wie die Schwerkraft aufgehoben, was insgesamt dazu führe, dass sich der Sinn eines Traumes erst über den Umweg der Analyse erschließen lasse. Hauptverantwortlich dafür, dass die „Botschaft“ eines Traumes nicht unmittelbar nachvollzogen werden könne, sei aber die Zensur, die während des Schlafes zwar herabgesetzt, jedoch nicht gänzlich aufgehoben werde.

Die „tiefsten“ Inhalte der Träume entstammen Freuds Theorie zufolge dem so genannten Es, das annähernd mit dem Unbewussten identisch sei - also triebhaften Bedürfnissen, die befriedigt werden sollen: teils, weil sie für die Erhaltung des Organismus unabdingbar seien (z. B. der Drang nach Ernährung), teils, weil erforderlich für seine Vermehrung (sexuelle Bedürfnisse).

Diese biologisch verankerten Wünsche, denen die der Neugierde und solche sozialer Natur hinzukommen – die Mutter-Kind- und die Gruppenbindungsbedürfnisse – bilden nach Freud das Hauptreservoir der psychischen Energie, der so genannten Libido. Aus ihrer Quelle gestalte sich der gesamte biologische Organismus und die von Freud nach drei Instanzen unterschiedene Struktur der Psyche: das Es, das Ich und das Über-Ich. Alle drei Instanzen seien verbunden mit spezifischen, auch organisch repräsentierten Funktionen, die im Zustand der psychischen Gesundheit konfliktfrei kooperieren. Erst die Erziehung zu Moral und Reinlichkeit, deren Vorschriften und Verhaltensnormen während der Kindheit vom Über-Ich verinnerlicht werden, seien dafür verantwortlich, dass diese Kooperation gestört wird und etliche Anteile der dem Es eigenen Triebwünsche das Ich-Bewusstsein nicht mehr erreichen. Dennoch blieben sie im Unbewussten erhalten, und so stelle jeder Traum einen Versuch des Es dar, diese Triebwünsche dem Ich, entgegen den Forderungen des Über-Ichs, bewusst zu machen. Aus diesen einander widerstrebenden Forderungen ergebe sich der sogenannte latente Inhalt des Traumes, seine in Symbolen verkleidete, einer Deutung bedürfenden Botschaft.

Im Gegensatz hierzu stelle der manifeste Traum dar, was dem Träumer in Gestalt der ihm meist unverständlichen Symbole beim Erwachen im Gedächtnis haften blieb; er entspricht also nicht der „unter“ der bewusst erinnerten Oberfläche 'latent' vorliegenden, erst durch die analytische Arbeit aufzudeckenden Botschaft. Zu ihr gelange der Psychoanalytiker vor allem über die freien Assoziationen, die sein Klient über jedes erfragte Symbol seines Traumes anfertigen soll. [1] Für die freie Assoziation wird der Träumer aufgefordert, sowohl spontane, unkritische als auch gezielt beschreibende Einfälle über die Symbole seines Traumes zu gewinnen. Mit Hilfe dieser zusätzlichen Informationen könne dann die unter der erinnerten Traumoberfläche verborgen gebliebene (latente) Botschaft ausfindig gemacht werden.

C. G. Jung

Carl Gustav Jung verstand den Traum als unmittelbar deutlich werdende Darstellung der inneren Wirklichkeit des Träumenden, d. h. es bedürfe von diesem keiner freien Assoziationen, um den Traum verstehen zu können. Eine Untersuchung nach den Methoden Freuds eigne sich daher kaum zur Ergründung des Unbewussten. Jung prägte auch den Begriff des kollektiven Unbewussten, ein Bereich, aus dem Menschen Kultur-unabhängig gleiche Grundassoziationen gewännen – z. B. Animus und Anima als Archetypen von der Verstand und das Leben, welche sich oft in Gestalt genitaler Symbole repräsentieren und auch in dem Verhältnis von Intuition (Natürlichkeit) und Ratio (Künstlichkeit) zu finden seien. Diese Annahme deckt sich mit vielen Ergebnissen der freudschen Traumanalyse, jedoch unterscheiden sich die Ansätze C. G. Jungs und Freuds wie oben angedeutet vor allem in zweierlei Hinsicht:

  • Dadurch, dass Jung die von ihm als archetypisch angenommenen Symbole zu einem Katalog zusammenstellte, in dem den Symbolen eine tendenziell feste Bedeutung beigeordnet wird. Traumdeutung nach Jung erfolgt, indem der Analytiker diesen Katalog zur Auslegung hinzuzieht, um die Bedeutung jedes Symbols nachzuschlagen und miteinander zu kombinieren.
  • Für Freud waren hingegen nicht seine eigenen, sondern die Freien Assoziationen seiner Patienten maßgeblich für die Auslegung derer Träume. Unerlässlich für seine Arbeit sind ihm dabei zum einen sein Strukturmodell der Psyche, zum anderen die Forderung, dass zwischen den Bedürfnissen der gesunden Psyche und biologischen Befunden kein Widerspruch bestehen dürfe. Freud kritisiert C.G. Jung somit vor allem dafür, dass dessen Methode die Naturwissenschaften zu sehr außer acht lasse.

Traumdeutung anderer psychotherapeutischer Ansätze

Gestalttherapie

In der Gestalttherapie werden Träume als existenzielle Botschaften des Träumenden betrachtet. Die bekannte psychoanalytische Traumdeutung (rein verbale Arbeit mit den Symbolen und Erforschen des latenten Trauminhalts) wird ersetzt durch die szenische Darstellung des Traumes sowie durch Dialoge mit ausgewählten Traumteilen. Der Träumer kann die vorkommenden Personen und Gegenstände als enteignete Teile von sich und seiner Umwelt erforschen, erkennen und integrieren.

Daseinsanalyse

Entsprechend der Daseinsanalyse ist Träumen eine Art In-der-Welt-sein (siehe Heidegger) wie der Wachzustand. Der Unterschied zeichnet sich dadurch aus, dass dem Träumer nur das erscheint, was seiner stimmungsgemäßen Befindlichkeit in hohem Maße entspricht. Träume geben Aufschluss über Offenheit und Verschlossenheit gegenüber den eigenen Seinsmöglichkeiten. Es gibt keine Sinnsuche hinter der erinnerten Traumoberfläche, es werden nur die erkennbaren Bedeutungsgehalte erfragt. Bei der Interpretation des Manifesten (Erinnerten) werden Analogien zwischen Traumgeschehen und Verhaltensweisen, Emotionen und Konflikten in der Wachwelt gesucht. Im Gegensatz zu Freud, der das Unbewusste in Triebwünschen verwurzelt sieht, lehnt Binswanger diese Sicht und Herangehensweise ab und setzt dem eine Ganzheit der Person entgegen, die er mit der Terminologie Heideggers und der Methode Husserls fundiert.

Klientenzentrierte Psychotherapie

Die Klientenzentrierte Psychotherapie orientiert sich am manifesten Trauminhalt. Bei der Interpretation werden Traumstimmung, -wahrnehmung und -handlung aufgegriffen und als Möglichkeit zur Selbstaktualisierung eingesetzt. Als Selbstaktualisierung wird die innere Kraft zum Wachstum und zur Selbstverwirklichung verstanden.

Focusing

Der Begründer des Focusing, Eugene T. Gendlin, sieht in der Traumarbeit einen Zugang zu bewusstseinsfernen Persönlichkeitsanteilen. Gedeutet werden körperliche Reaktionen, wenn der Träumer im Wachzustand ein weiteres mal in die Traumbilder eintaucht. Die Befragung über die körperliche Resonanz, dem sogenannten Felt Sense, ermöglicht dabei neue Bedeutungsaspekte. Der Träumer kann auch die Rolle von Teilen seines Traums einnehmen, ähnlich wie bei der Traumarbeit in der Gestalttherapie.

Quellen

  1. Freud, Über den Traum, Die Traumdeutung, inauguriert 1899, verlegt 1900, Möller-Hartmann, mündl. Mitteilung, 27. September 2007, Fortbildungsreihe über 100 Jahre Traumdeutung 2007

Literatur

  • Sigmund Freud: Die Traumdeutung. Fischer-Taschenbuch, ISBN 3-596-10436-X.
  • Sigmund Freud: Schriften über Träume und Traumdeutungen. Fischer-Taschenbuch, ISBN 3-596-10437-8.
  • C. G. Jung: Traum und Traumdeutung. dtv, ISBN 3-423-15064-5.
  • Klaus-Uwe Adam: Therapeutisches Arbeiten mit Träumen. Theorie und Praxis der Traumarbeit. Springer, 2. Aufl., 2005, ISBN 3-540-28827-9.
  • Holger Bertrand Flöttmann: Träume zeigen neue Wege - Systematik der Traumsymbole. BOD Verlag, Norderstedt, 3. erw. Aufl., 2009, ISBN 978-3-8370-2088-5.
  • Michael H. Wiegand (Hg.): Schlaf & Traum. Neurobiologie, Psychologie, Therapie. Schattauer Verlag, Stuttgart, 2006, ISBN 3-7945-2386-5.

Siehe auch

Weblinks

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