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Unterbindungsgewahrsam
Als Unterbindungsgewahrsam, Präventivgewahrsam oder Präventivhaft wird im Polizeirecht der deutschen Länder die Gefangennahme einer Person bezeichnet. Er bezweckt die Verhütung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung oder deren Fortsetzung.[1] Eine derartige präventive Entziehung der körperlichen Freiheit unterliegt verfassungsrechtlich hohen Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit.[2] Die Ermächtigungsgrundlage hierfür ist jeweils in den Polizeigesetzen der Länder zu finden. Voraussetzung ist immer, dass die Beeinträchtigung des Rechtsgutes nicht auf mildere Weise verhindert werden kann.[3] Während die polizeiliche Ingewahrsamnahme spätestens zum Ablauf des folgenden Tages enden muss (so bereits Art. 104 Abs. 2 und 3 GG), kann ein Richter eine Verlängerung anordnen.
Begründet wird Unterbindungsgewahrsam allgemein damit, dass durch ihre Gefangennahme die betroffene Person daran gehindert werde, eine Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung oder eine Straftat zu begehen oder fortzusetzen. In Bayern ist darüber hinaus eine Ingewahrsamnahme auch schon zur Abwehr einer (konkreten) Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut zulässig. Aus verfassungsrechtlichen Gründen wurden vor allem wegen diesem Punkt eine Vielzahl an Klagen gegen das bayrische Polizeigesetz eingereicht. Bisher sind diesbezüglich noch keine Urteile verkündet worden (Stand Dezember 2018).
Regelung nach Bundesland
Die genaue Ausgestaltung insbesondere der Höchstdauer des Gewahrsams ist in den einzelnen Ländern unterschiedlich:
Bundesland | Paragraph | Höchstdauer | Gewahrsamszweck |
---|---|---|---|
Baden-Württemberg | § 28 PolG | 14 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden erheblichen Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung |
Bayern | Art. 17–20 PAG | unbegrenzt[4] | Abwehr einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut; Verhinderung einer unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat |
Berlin | §§ 30, 31, 33 ASOG | 4 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat |
Brandenburg | § 20 (1) BbgPolG | 4 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit, die hinsichtlich ihrer Art und Dauer geeignet ist, den Rechtsfrieden nachhaltig zu beeinträchtigen |
Bremen | § 18 (1) BremPolG | unbegrenzt | Verhinderung der unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr |
Hamburg | § 13c SOG | 10 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit oder einer Straftat |
Hessen | § 35 HSOG | 6 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit mit erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit |
Mecklenburg-Vorpommern | § 56 (5) SOG | 10 Tage | Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung; Verhinderung einer unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat |
Niedersachsen | §§ 18, 19, 21 SOG | 10 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Gefahr für die Allgemeinheit |
Nordrhein-Westfalen | § 38 (1) PolG | 1 Tag | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit |
Rheinland-Pfalz | §§ 14, 15, 17 Abs. 2 POG | 7 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung |
Saarland | § 16 SPolG | 8 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit |
Sachsen | § 22 (7) SächsPolG | 14 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden erheblichen Störung der öffentlichen Sicherheit |
Sachsen-Anhalt | § 40 (1) SOG | 4 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit |
Schleswig-Holstein | § 204 (5) LVwG | unbegrenzt | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit |
Thüringen | § 22 PAG | 10 Tage | Verhinderung einer unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung |
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- Die Sicherungsverwahrung bezeichnet die weitere Verwahrung von Straftätern nach einer Freiheitsstrafe. Der Sicherheitsverwahrte bleibt nach kompletter Verbüssung seiner Haftstrafe weiterhin im Gefängnis, bekommt im Vergleich zur Strafhaft aber kleinere Lockerungen zugebilligt. Zweck ist ebenfalls der Schutz vor (weiteren) Straftaten. Nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist die Sicherungsverwahrung besonders dann gerechtfertigt, wenn sie genutzt wird, um einen gefährlichen Straftäter zu einer psychiatrischen Behandlung zu zwingen. Im selben Urteil bekräftigten die Richter, dass Sicherungsverwahrung juristisch nicht als Bestrafung gewertet werden darf.
Weblinks
- https://www.tagesschau.de/inland/meldung32582.html
- Sicherheit durch Polizeigewahrsam?
- http://www.sueddeutsche.de/bayern/bayern-gefaehrder-gesetz-verschaerft-1.3595274
Einzelnachweise
- ↑ Dieter Kugelmann: Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2012, S. 140.
- ↑ Dieter Kugelmann: Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2012, S. 140.
- ↑ Dieter Kugelmann: Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 2012, S. 141.
- ↑ GVBl. - Jahrgang 2017 - Heftnummer 13 · Verkündungsplattform Bayern. Abgerufen am 1. August 2017.
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