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Unternehmensnachfolge

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Der Begriff Unternehmensnachfolge (in älterer Schreibweise auch Unternehmernachfolge) umfasst den Nachfolgeprozess, seine Voraussetzungen, Ziele und Eigenheiten. Unternehmensnachfolgen haben unterschiedliche Gründe (wie z. B. Alter, Krankheit, Tod) und vielfältige Alternativen (wie Vererbung oder Verkauf). Die Nachfolge ist ein typisches Thema des Mittelstandes; wenngleich in Konzernen beim Führungswechsel auch oftmals von Nachfolge gesprochen wird. In mittelständischen Unternehmen spielt neben dem Wechsel in der Leitung eines Unternehmens darüber hinaus der Wechsel am Eigentum eine (oftmals zentrale) Rolle.

Begriff

Der Begriff Unternehmensnachfolge hat keine einheitliche Definition. Weit gefasst beschreibt der Begriff den personellen Wechsel im Kontext eines Wirtschaftsunternehmens. Er wird auf verschiedene Vorgänge angewandt:

  • den Übergang der Management-Verantwortung auf einen neuen angestellten Geschäftsführer oder Vorstand in einer Nicht-Familiengesellschaft,
  • den Verkauf eines eignergeführten Unternehmens,
  • die Errichtung einer Stiftung und der Einbringung eines Unternehmens,
  • die Verpachtung eines Unternehmens
  • den „typischen“ Fall, der Ablösung des Vaters/der Mutter durch eines oder mehrere Kinder als geschäftsführende Gesellschafter eines Familienunternehmens.[1]

Felden und Pfannenschwarz sehen in der Unternehmensnachfolge zuerst die Führungsnachfolge und damit die Frage, wer die oberste Hierarchieebene besetzt. Zudem stellt sich die Frage der Eigentumsnachfolge, die z. B. durch den Verkauf der Verfügungsrechte oder in Form einer unentgeltlichen Übertragung realisiert werden kann. Dabei ist es unerheblich, ob diese im Zuge einer vorweggenommenen Erbfolge oder beim Todesfall eintritt.

Eine weitere Definition der Unternehmensnachfolge geben Hauser und Kay vom Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM Bonn). Sie sehen eine Unternehmensnachfolge nur gegeben, wenn ein Eigentümerunternehmer die Leitung seines Unternehmens abgibt. Demnach können Unternehmensnachfolgen nur in eigentümer- oder familiengeführten Unternehmen auftreten, also in Unternehmen in denen bis zu zwei natürliche Personen oder ihre Familienangehörigen mindestens 50 % der Anteile halten und diese natürlichen Personen zugleich Teil der Geschäftsführung des Unternehmens sind.

Als zweites Merkmal sehen sie den Übergang der Leitung des Unternehmens an. Ein bloßer Übergang des Eigentums ohne gleichzeitigen Leitungswechsel stellt jedoch aus ihrer Sicht keine Nachfolge, sondern eine Übernahme dar. Das dritte Merkmal spezifiziert die Gründe für die Übergabe der Unternehmensleitung. Sie müssen auf die Person des Eigentümermanagers zurückgehen, Beispiele für solche Gründe sind persönliche Gründe, Alter, Unfall, Krankheit, Tod oder unter Umständen auch die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung, wenn dies nicht aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens erfolgt.[2]

Formen der Unternehmensnachfolge

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht zu den Formen der Unternehmensnachfolge in ihrem Verhältnis von Führungs- und Eigentumsnachfolge.[3]

Führungsnachfolge durch: Familienangehörige Mischformen Familienfremde
Eigentumsnachfolge durch:
Familienangehörige Traditionelle, rein familieninterne Nachfolge Gemischte Geschäftsführung Eigentumsnachfolge mit Fremd-GF, Verpachtung
Mischformen Partner, Venture Capital-Geber, Beteiligungsgesellschaft Einbezug aktiver Partner z. B. Stiftungslösungen
Familienfremde Grenzfall: Weiterbeschäftigung von Familienangehörigen nach einem Verkauf Verkauf:
  • strategischer Investor
  • Finanzinvestor

Eine andere Unterscheidung bei den Formen der Nachfolge kann zwischen der geplanten, der ungeplanten und der unerwarteten Unternehmensnachfolge vorgenommen werden. Bei der geplanten Nachfolge wird mittelfristig ein Nachfolger gesucht, aus der Familie, aus dem Unternehmen oder von außerhalb. In seinem Testament stellt der Übergeber durch entsprechende Verfügungen eine klare Nachfolge sicher.

Ungeplante Unternehmensnachfolgen entstehen durch Scheidungen, Streitigkeiten in der Inhaberfamilie oder dem plötzlichen Entschluss des Unternehmers zum Aufhören. So entwickeln erfolgreiche Unternehmer manchmal den Wunsch, aus dem Unternehmen auszusteigen, da sie genügend finanzielle Mittel für die weitere Lebensplanung erarbeitet haben.

Unerwartet ist eine Nachfolge wiederum, wenn sie aufgrund von Krankheit, Unfall oder auch durch den Tod des Unternehmers entsteht. Damit auch in solchen Fällen der Fortbestand des Unternehmens gesichert werden kann, muss die Unternehmensnachfolge hier kurzfristig erfolgen. Dafür ist eine Notfallplanung unabdingbare Voraussetzung. Deshalb ist es umso wichtiger, sich frühzeitig mit der Nachfolgeplanung zu befassen.[4]

Ausprägungen der Unternehmensnachfolge

Eine Unternehmensnachfolge kann sich aus verschiedenen Gründen ergeben und ganz unterschiedliche Ausprägungen aufweisen.

Die folgende Tabelle zeigt mögliche Ausprägungen der Unternehmensnachfolge[5]:

Kriterium Ausprägungen
Planbarkeit geplant ungeplant
Zugehörigkeit Familiennachfolger externer Nachfolger
Auslöser eigenbestimmt fremdbestimmt
Akzeptanz freundlich feindlich
Betroffene Führungsebenen eine Ebene mehrere Ebenen
Ausgangssituation solide Geschäftsbasis Krise
Strategiefortsetzung Fortführung des bisherigen Geschäfts Veränderung des bisherigen Geschäfts

Die verschiedenen Ausprägungen sind für die konkreten Gestaltungsmöglichkeiten bei der Nachfolge von entscheidender Bedeutung. Viele Maßnahmen müssen im Voraus geplant werden, Planbarkeit ist also ein entscheidender Erfolgsfaktor. Zudem kann der Wunsch nach einem Familiennachfolger die Optionen einschränken. Bei einer feindlichen Grundstimmung im Unternehmen ist eine besondere Berücksichtigung der Mitarbeiterbelange erforderlich. Ist die Geschäftsbasis solide, erleichtert dies dem Nachfolger die Einarbeitung und die Chancen für eine Fortführung oder eine Veränderung des bisherigen Geschäfts steigen.

Ablauf und Phasen der Unternehmensnachfolge

Das Management der Unternehmensnachfolge beginnt mit der Vorbereitung, es folgt die Nachfolgeplanung, die in einem Nachfolgekonzept mündet, das im nächsten Schritt, im Nachfolgefahrplan verschriftlicht und schließlich umgesetzt wird. Folgende Grafik verdeutlicht die Phasen der Unternehmensnachfolge:

Phasen der Unternehmensnachfolge.jpg

Vorbereitung

Es ist für jeden Unternehmer wichtig, sich Gedanken über eine Nachfolge zu machen. Auch junge Unternehmer können von Krankheit oder Unfällen betroffen sein. So ist ein Notfallplan für jeden Unternehmer unerlässlich. Für die Vorbereitung einer (geplanten) Unternehmensnachfolge muss ein Übergeber zunächst seine unternehmerischen Ziele während des Inhaberwechsels und seine persönlichen Ziele für die Zeit nach der Übergabe festlegen. Dazu gehören u. a. Ziele zum Nachfolger, zur Altersvorsorge und zu zukünftigen Freizeitbeschäftigungen. Anschließend ist eine kritische Bestandsaufnahme dieser drei relevanten Bereiche vorzunehmen.

Ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin muss während der Vorbereitung prüfen, ob er oder sie den Anforderungen dieses Unternehmens fachlich und kaufmännisch gewachsen ist, Wissenslücken sollten durch Fortbildungsmaßnahmen geschlossen werden. Auch Nachfolgende müssen klare Zukunftsvorstellungen für das Unternehmen formulieren. Wenn mehrere Nachfolger zusammen übernehmen, ist es wichtig, dass sie einen Konsens für ihre Vorstellungen und die zukünftige Zusammenarbeit finden.

Schließlich muss das Unternehmen auf seine Übergabefähigkeit hin überprüft werden. Fragen beziehen sich hier vor allem auf den erhöhten Liquiditätsbedarf während der Übergabe, auf die Kooperation und Kompetenz der Mitarbeiter und die Dokumentation der wichtigsten Informationen und Abläufe für den Nachfolger.

Am Ende der Bestandsaufnahme müssen die Interessen und Vorstellungen aller Beteiligten miteinander in Einklang gebracht werden. Dabei sollten auch potenzielle Konflikte und Probleme angesprochen werden.

Nachfolgeprozess

Zwei unterschiedliche Dinge müssen bei der Nachfolge geplant werden. Zum einen, wer in welchem Umfang das Vermögen des Unternehmens erhalten soll und zum anderen, wer in Zukunft die Führungsverantwortung übernimmt.

Die Nachfolgeplanung hängt in erster Linie von der Bestandsaufnahme ab, ist daher in jedem Fall individuell und einzigartig. Vor allem die persönlichen und emotionalen Bedürfnisse der einzelnen Mitwirkenden dürfen nicht unterschätzt werden. Wesentliche Bestandteile der Nachfolgeplanung sind folgende:

  • einen Nachfolger auswählen und einarbeiten,
  • eine Planung für das Unternehmen nach der Übergabe aufstellen,
  • die Rolle des Übergebers während und nach der Übergabe festlegen,
  • die Planung den wichtigsten Stakeholdern mitteilen.[6]

Dabei ist es für eine reibungslose Übergabe wichtig, dass der Übergeber unter für ihn akzeptablen Bedingungen das Unternehmen verlassen kann und dass der Nachfolger in der ersten Zeit nach der Übergabe eine Unterstützung hat.

Das Nachfolge-Konzept muss schließlich in einem Nachfolgefahrplan formuliert werden. Hier entsteht aus der Vielzahl an Schritten, die im Konzept strukturiert wurden, ein von Übergeber und Nachfolger gemeinsam getragener Maßnahmenkatalog.

In der Übergangsphase steigt der Nachfolger in das Unternehmen ein. Er übernimmt dabei die Führungsverantwortung, wenn er ausreichend qualifiziert ist gleich in vollem Umfang, ansonsten Schritt für Schritt. Auf jeden Fall sollte die Nachfolgerin oder der Nachfolger durch Job-Rotation möglichst viele Bereiche und Positionen im Unternehmen intensiv kennenlernen. Ein kompaktes Traineeprogramm kann hier hilfreich sein. Neben der Übertragung der Führungsverantwortung muss auch das unternehmerische Vermögen übertragen werden. Dazu gibt es grundsätzlich drei Möglichkeiten:

  • unentgeltlich, durch eine Schenkung oder Erbschaft
  • entgeltlich, durch den Verkauf des Unternehmens
  • und durch die Trennung von Eigentum und Management, wenn Entscheidungen verzögert oder eine vollständige Übertragung des Eigentums vermieden werden sollen.[7]

Unternehmensnachfolgen in Deutschland

Nach Schätzungen des IfM Bonn steht deutschlandweit im Zeitraum 2014–2018 in 135.000 Familienunternehmen die Nachfolge an. Dabei wird der Begriff Familienunternehmen nahezu identisch mit dem des mittelständischen Unternehmens verwendet: Ein Unternehmen gilt als mittelständisch, wenn dessen Leitung bei den Inhabern liegt, also eine Einheit von Eigentum und Leitung vorliegt.

Von den 135.000 Nachfolgen 2014–2018 entfällt rund die Hälfte auf familieninterne Nachfolgen und weitere 29 % auf familienexterne Nachfolgelösungen.[8] Anders als bei familieninternen Übergaben kennen bei externer Nachfolge weder der Käufer das Unternehmen noch der Übergeber den Käufer gut, deshalb stellen die beim Verkauf typischen asymmetrisch verteilten Informationen eine besondere Herausforderung dar. Mitunter findet sich für ein übergabereifes Unternehmen kein Nachfolger und es muss geschlossen werden.[9] Aus diesem Grund ist die Internet-Nachfolgebörse nexxt-change des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, der KfW Bankengruppe, des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken und des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands ins Leben gerufen worden. Ziel der Börse ist es, nachfolgeinteressierte Unternehmer und Existenzgründer zusammenzubringen. Hier können Alt-Inhaber nach Nachfolgern und potenzielle Nachfolger nach passenden Unternehmen suchen.

Nach Schätzungen des IfM Bonn aus dem Jahr 2010 sind mehr als 80 % der Nachfolgen in Deutschland altersbedingt.[10] Diese können anders als krankheits- oder durch Tod bedingte Nachfolgen geplant werden.

Literatur

  • Klein-Blenkers: Unternehmensnachfolge in Zahlen. Zeitschrift für Erbrecht und Unternehmensnachfolge (ZEV) 2001, S. 329.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Birgit Felden, Armin Pfannenschwarz: Unternehmensnachfolge. Perspektiven und Instrumente für Lehre und Praxis. München 2008, S.25.
  2. Hans-Eduard Hauser, Rosemarie Kay: Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2010 bis 2014. Schätzung mit weiterentwickeltem Verfahren. Bonn 2010, S.8f.
  3. Tabelle übernommen aus: Birgit Felden, Armin Pfannenschwarz: Unternehmensnachfolge. Perspektiven und Instrumente für Lehre und Praxis. München 2008, S.27.
  4. IHK Berlin; Handwerkskammer Berlin (Hrsg.): Herausforderung Unternehmensnachfolge. Informationen für Unternehmensübergeber und Nachfolger. Berlin 2013, S. 6 f.
  5. Darstellung nach: Jenny Amelingmeyer, Günter Amelingmeyer: Wissensmanagement beim Führungswechsel in KMU. In: Jörn-Axel Meyer: Wissens- und Informationsmanagement in kleinen und mittleren Unternehmen. Köln 2005, S.483.
  6. Christian Mertens: Bewältigung interner und externer Herausforderungen durch Familienunternehmen im Zeitverlauf am Beispiel von Nachfolge und Internationalisierung. Diss., Köln 2009, S.96.
  7. Darstellung nach: Birgit Felden, Annekatrin Klaus: Unternehmensnachfolge. Stuttgart 2003, S.70.
  8. Institut für Mittelstandsforschung Bonn: Unternehmensnachfolgen in Deutschland 2014 bis 2018
  9. Institut für Mittelstandsforschung Bonn: Informationsasymmetrien in der familienexternen Nachfolge und ihre Überwindung
  10. Petra Moog, Rosemarie Kay, Nadine Schlömer-Laufen, Susanne Schlepphorst: Unternehmensnachfolgen in Deutschland – Aktuelle Trends. Bonn 2012, S.3.
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