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Untoter
Als Untote bezeichnet man phantastische Wesen, die bereits gestorben sind, jedoch als Wiedergänger zu den Lebenden zurückkehren. Als Nachlebende befinden sie sich in einem körperlich-seelischen Zustand zwischen Leben und Tod. Sie suchen in der Welt der Lebenden nach unerfüllten Forderungen, überbringen noch nicht empfangene Botschaften oder üben an den Lebenden Rache für eine nicht abgeglichene Schuld. Untote entstammen der Mythologie, der Folklore und der Religion. In der Mystik werden sie von den Lebenden gerufen, um in Kontakt mit dem Jenseits oder einer anderen Dimension zu treten. Im popkulturellen Horrorgenre werden Untote als Vampire, Zombies oder tote Wiedergänger dargestellt.[1]
Untote in Folklore und Religion
Der Begriff des Untoten ist zu differenzieren vom Gespenst oder Geist, die als körperlich tot und nur noch geistig oder seelisch aktiv gelten. Untote stellen das Gegenteil dazu dar, denn sie werden meist als geistig oder seelisch tot und nur noch körperlich existent dargestellt. Sie können dem Lebenden auf verschiedene Weise Schaden zufügen. Am bekanntesten ist das Blutsaugen der Vampire, doch heißt es in den ältesten Berichten aus Serbien, dass die untoten Wiedergänger ihre Opfer würgten und Krankheiten und Seuchen verbreiteten. Andere Untote hockten den Lebenden auf und ließen sich tragen, bis ihre Opfer erschöpft oder sogar tot zusammenbrachen. Häufig erhielt der Mensch, der sich einem Untoten näherte, eine heftige Ohrfeige oder ein Mal auf den Körper übertragen, das nie wieder verschwand. Neben den Untoten, die aus dem Grab steigen mussten, gab es im europäischen Volksglauben auch den Nachzehrer, der im Sarg blieb und von dort aus mit Hilfe des offenen Mundes oder des offenen Auges den Hinterbliebenen die Lebenskraft absaugen und sie somit auch in den Tod ziehen konnte.
Das am weitesten verbreitete Bild von Untoten ist der Vampir, der in seiner klassischen Ausprägung in Südrumänien, Griechenland und Serbien vorkommt, während er in Transsilvanien, dem angeblichen Heimatland der Roman- und Filmfigur Dracula, kaum bekannt ist.
In den Yoruba-Religionen, wie zum Beispiel dem Voodoo, spielt der Glaube an von Hexern beherrschte Zombies eine große Rolle. In anderen Mythologien sind Untote dagegen meistens unabhängig von äußeren, sie kontrollierenden Mächten.
Um den deutschen Magier Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim rankt sich die schon zu seiner Lebzeit entstandene Geschichte, dass ein neugieriger Mensch beim Lesen seines privaten Zauberbuches gestorben sei. Um den Verdacht, sich mit teuflischen Mächten zu beschäftigen, zu zerstreuen, soll Agrippa den Körper des Toten wiederbelebt haben, um ihn dann eine Zeit lang über den Marktplatz wandeln zu lassen, wo er dann, für alle sichtbar, an einem Anfall „gestorben“ sein soll.
Moderne Fiktionen
Untote verschiedenster Art finden sich in moderner Fantasy-Literatur sowie in weiteren Medien, z. B. in Filmen und Computer- und Konsolenspielen. Dabei werden der gleichen untoten Gestalt (z. B. einem Ghul) in verschiedenen Medienentwicklungen häufig unterschiedliche Eigenschaften zugeschrieben, sodass eine generelle Klassifikation verschiedener Untoter schnell an ihre Grenzen stoßen würde.
Oft sind es Schwarzmagier oder Nekromanten, die Untote erschaffen oder beschwören. Meist handelt es sich dabei um Horden niederer Untoter wie Zombies, Ghule oder wandelnde Skelette.
Eine besondere Form des Untoten ist der Lich, ein mächtiger Schwarzmagier, der sich aus dem Untotendasein eine Form von Unsterblichkeit verspricht und willentlich sein Leben aufgegeben hat, so dass er sich noch intensiver dem Studium der Magie widmen kann (vergl. Koschei).
Biopolitik
Im umgangssprachlichen Gebrauch wird der Begriff der Untoten vermehrt auf Bereiche des eigentlich Lebenden angewendet. Demenzkranke, Komapatienten oder schwer Kranke werden vor der Behauptung einer zunehmenden, technisch evozierten Indifferenz der Übergänge zwischen Leben und Tod als Untote bezeichnet. Diese Tendenz ist gerade vor dem historischen Hintergrund der Euthanasie und dem propagandistisch eingesetzten Begriff vom „lebensunwerten Leben“ kritisch zu betrachten. So impliziert die Bezeichnung, jemand sei ‚untot‘, dass derjenige bereits gestorben ist, d. h. es findet eine sprachlich-rhetorische Abwertung statt.[2]
Literatur
- Peter Kremer: Wo das Grauen lauert. Blutsauger und kopflose Reiter, Untote, Werwölfe und Wiedergänger an Inde, Erft und Rur. PeKaDe, Düren 2003, ISBN 3-929928-01-9.
- Peter Kremer: Draculas Vettern. Auf den Spuren des Vampirglaubens in Deutschland. PeKaDe, Düren 2006.
- Peter M. Kreuter: Der Vampirglaube in Südosteuropa: Studien zur Genese, Bedeutung und Funktion; Rumänien und der Balkanraum. Weidler, Berlin 2001, ISBN 3-89693-709-X (Zugleich Dissertation an der Universität Bonn 2001).
- Markus Metz, Georg Seesslen: Wir Untote! Über Posthumane, Zombies, Botox-Monster und andere Über- und Unterlebensformen in Life Science & Pulp Fiction. Berlin 2012, ISBN 978-3-88221-563-2.
- Thomas Schürmann: Der Nachzehrerglaube in Mitteleuropa. Elwert, Marburg 1990, ISBN 3-770-80938-6.
- Michael Ranft, Nicolaus Equiamicus: Traktat von dem Kauen und Schmatzen der Toten in Gräbern. UBooks, Diedorf 2006 (Erstausgabe 1734), ISBN 3-86608-015-8 (deutsche Übersetzung aus dem Lateinischen).
- Augustin Calmet: Gelehrte Verhandlung der Materie von den Erscheinungen der Geister, und der Vampire in Ungarn und Mähren. Edition Roter Drache, Rudolstadt 2007, ISBN 978-3-939459-03-3.
- Wolfgang Schwerdt: Vampire, Wiedergänger und Untote. Auf der Spur der lebenden Toten. Vergangenheitsverlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-940621-39-9.
Einzelnachweise
- ↑ Markus Metz u. Georg Seesslen: Wir Untote! Über Posthumane, Zombies, Botox-Monster und andere Über- und Unterlebensformen in Life Science & Pulp Fiction. Berlin 2012. S. 7-38.
- ↑ Hans Werner Ingensiep: Human Vegetables. Vortrag am 14. Mai 2011 beim Kongress Die Untoten - Life Sciences & Pulp Fiction. http://www.untot.info/180-0-HUMAN-VEGETABLES.html [16. Juni 2012]
Siehe auch
Weblinks
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Untoter aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |