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Unzulässige Rechtsausübung
Unzulässige Rechtsausübung ist nach deutschem Recht die rechtsmissbräuchliche Geltendmachung eines formellen Rechts, die dem Grundsatz von Treu und Glauben widerspricht.
Tatbestand
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) kennt zwei Hauptgruppen der unzulässigen Rechtsausübung, nämlich aus der Generalklausel des Treu und Glaubens (§ 242 BGB) und aus der Spezialvorschrift des Schikaneverbots (§ 226 BGB). Eine Schikane nach § 226 BGB oder eine unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB liegt nur dann vor, wenn die Geltendmachung eines Rechts keinen anderen Zweck haben kann als die Schädigung eines anderen,[1] wenn der Rechtsausübung kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt[2] oder wenn das Recht nur geltend gemacht wird, um ein anderes, vertragsfremdes oder unlauteres Ziel zu erreichen.[3] [4] Durch die Verwendung des Wortes „nur“ hat der Bundesgerichtshof verdeutlicht, dass es sich um eine abschließende Aufzählung (Enumerationsprinzip) handelt, die nicht auf weitere Fallgruppen ausgedehnt werden kann.
Der Zivilrechtler Kurt Schellhammer zählt die unter diese missbräuchliche Rechtsausübung zu subsumierenden Einzelfälle auf, mit denen er den kaum definierbaren Begriff erläutert.[5] Hierzu gehören etwa der Verlust des Anspruchs auf Vertragsstrafe, wenn der Vertragspartner durch den anderen Vertragspartner zum Vertragsbruch verleitet wurde oder die Aufrechnung einer Bank gegen ihren Kunden mit einer Forderung, die sie nicht auf bankübliche Weise erworben hat.[5] Aus dem Arbeitsrecht sind die auf eigenen Wunsch als freie Mitarbeiter eingestellten Beschäftigten zu erwähnen, die später nicht geltend machen können, dass sie Angestellte seien.[6] Rechtsmissbrauch ist also manchmal auch auf widersprüchliches Verhalten ein und derselben Person zurückzuführen, zu dem systematisch die Verwirkung gehört.
Die Wahrnehmung eines Widerrufsrechts aus dem Grund, weil die Ware woanders günstiger zu erwerben war, stellt hingegen keine unzulässige Rechtsausübung dar, weil es laut BGH auf die Beweggründe für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht ankommt.[7]
Rechtsfolgen
Der offenbare Rechtsmissbrauch ist rechtlich nicht geschützt, sodass aus § 242 BGB eine rechtsvernichtende Einwendung gegen das geltend gemachte Recht entsteht. Sie führt dazu, dass der bereits entstandene rechtsmissbräuchliche Anspruch erlischt. Das Schikaneverbot soll folglich helfen, drohendes Unrecht abzuwehren.
Siehe auch
- Arglisteinrede
- Bürgschaft auf erste Anforderung
- Venire contra factum proprium
- Gaius Aquilius Gallus
- Dolo agit
Einzelnachweise
- ↑ RGZ 68, 424, 425.
- ↑ BGHZ 29, 113, 117 f.
- ↑ BGH, Urteil vom 22. Mai 1989, Az. II ZR 206/88; Volltext = BGHZ 107, 296, 310 f.
- ↑ BGH, Beschluss vom 9. Juli 2007, Az. II ZR 95/06; Volltext.
- ↑ 5,0 5,1 Kurt Schellhammer, Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen, 2008, S. 605 ff.
- ↑ BAG, Urteil vom 11. Dezember 1996, Az. 5 AZR 855/95; Volltext = NJW 1997, 2617, 2618.
- ↑ BGH, Urteil vom 16. März 2016, Az. VIII ZR 146/15
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