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Versetzung (deutsches Arbeitsrecht)
Eine Versetzung liegt vor, wenn der Arbeitgeber einseitig die Arbeitsbedingungen ändert, so dass sich das Gesamtbild der Tätigkeit erheblich ändert. Bei der rechtlichen Beurteilung einer Versetzung muss zwischen dem Recht des Arbeitsvertrages/Individualarbeitsrecht und dem Betriebsverfassungsrecht/kollektiven Arbeitsrecht unterschieden werden.
Dabei kann die Versetzung gleichwertig (horizontale Versetzung), geringer- oder höherwertig (vertikale Versetzung) im Vergleich zur bisherigen Beschäftigung sein. Insbesondere vertikale Versetzungen ziehen häufig weitere Versetzungen innerhalb der Organisation (interne Personalbeschaffung) nach sich, so dass in diesem Fall von Kettenversetzungen gesprochen wird. Die letztlich entstehende Lücke wird dann in der Regel durch Neueinstellung (externe Personalbeschaffung) geschlossen.
Versetzung und Arbeitsvertrag
Im Individualarbeitsrecht ist die Unterscheidung zwischen einfacher Anweisung des Arbeitgebers und Versetzung kaum von Bedeutung. Die Arbeitsbedingungen sind regelmäßig im Arbeitsvertrag allgemein beschrieben und der Arbeitgeber konkretisiert sie durch Anweisungen im Rahmen seines Weisungsrecht ("Direktionsrecht") gem. § 106 Gewerbeordnung (GewO). Jede Anweisung muss "billigem Ermessen" entsprechen, unabhängig davon, ob sie eine Versetzung ist. D.h. der Arbeitgeber muss seine Interessen an der Versetzung gegen die der Arbeitnehmer oder auch die Interessen der Arbeitnehmer untereinander abwägen[1] z.B. Änderung der Lage der Arbeitszeit und familiäre Verpflichtungen wegen Kita-Öffnungszeiten. Das billige Ermessen des Arbeitgebers kann gerichtlich im Wege der Angemessenheitskontrolle überprüft werden.
Im Individualarbeitsrecht muss unterschieden werden, ob die Anweisung/Versetzung vom Arbeitsvertrag gedeckt ist oder nicht. Die rechtmäßige, wirksame Anweisung im Rahmen des Arbeitsvertrages muss sofort befolgt werden. Wenn die Anweisung über den Arbeitsvertrag hinausgeht, muss der Arbeitsvertrag geändert werden. Diese Vertragsänderung geht nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers (Änderungsvereinbarung) oder mit einer Änderungskündigung, ggf. mit Einhaltung der Kündigungsfrist.
Viele Arbeitsverträge enthalten sogenannte Versetzungsklauseln, nach denen der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag, insbesondere den Arbeitsort einseitig ändern kann. Die Rechtmäßigkeit dieser Klauseln wird nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beurteilt[2]
Versetzung im Betriebsverfassungsrecht
Die Versetzung gehört zu den personellen Einzelmaßnahmen gemäß § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Definiert ist sie in § 95 Abs. 3 BetrVG als "Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.". Arbeitsbereich beinhaltet dabei die Arbeitsaufgabe und die Einordnung in den Ablauf des Betriebes räumlich, technisch und organisatorisch[3] Demnach kann der Entzug einer Arbeitsaufgabe eine Versetzung sein, wenn diese Aufgabe das Gesamtbild der Tätigkeit wesentlich prägte[4]. Ein für das Arbeitsverhältnis untypischer Wechsel des Arbeitsortes für länger als einen Monat ist in der Regel eine mitbestimmungspflichige Versetzung[5]. Die bloße Änderung der Lage der Arbeitszeit gilt in der Regel nicht als Versetzung im Sinne des BetrVG.
In Betrieben mit Betriebsrat und in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern ist die Versetzung nur mit Zustimmung des Betriebsrats rechtlich wirksam gem. § 99 Abs. 1 BetrVG. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Betriebsrat innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber nicht schriftlich die Zustimmung verweigert. Das Mitbestimmungsrecht dient nicht nur dem Schutz des betroffenen Arbeitnehmers, sondern auch dem Schutz der Belegschaft. D.h. der Betriebsrat kann im Rahmen der Zustimmungsverweigerungsgründe gem. § 99 Abs. 2 BetrVG auch dann die Zustimmung verweigern, wenn die Versetzung dem betroffenen Arbeitnehmer nützt[6] (z.B. Beförderung, die dem Betriebsfrieden schadet).
Wenn der Betriebsrat die Zustimmung verweigert, kann der Arbeitgeber ein Zustimmungsersetzungsverfahren vor dem Arbeitsgericht beantragen. Vor der Zustimmung des Betriebsrats oder wenn der Betriebsrat die Zustimmung verweigert, kann der Arbeitgeber - bei Vorliegen der Voraussetzungen - die Versetzung als vorläufige personelle Maßnahme nach § 100 BetrVG durchführen.
In Tendenzbetrieben sind die Beteiligungsrechte des Betriebsrats eingeschränkt.
Zusammenwirken von Arbeitsvertragsrecht und Betriebsverfassungsrecht
Die individualrechtlichen und die kollektivrechtlichen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für eine Versetzung sind zunächst voneinander unabhängig zu prüfen.
Bei einer Versetzung, die eigentlich nach dem Arbeitsvertrag oder wegen Zustimmung des Arbeitnehmers nach Individualarbeitsrecht rechtmäßig wäre, kann der Betriebsrat die Zustimmung verweigern bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 99 BetrVG. Die tatsächliche Zuweisung des neuen Arbeitsbereiches durch den Arbeitgeber muss dann unterbleiben, da die Betriebsratszustimmung Wirksamkeitsvoraussetzung für die Versetzung ist[7]. Eine Versetzung, der der Betriebsrat zustimmt, kann dennoch nach dem Arbeitsvertrag unwirksam sein.
Bei einer Änderungskündigung, die zugleich eine Versetzung beinhaltet, muss der Arbeitgeber das Kündigungsschutzrecht, die Mitbestimmung des Betriebsrats bei Kündigung und die Mitbestimmung bei Versetzung beachten.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ BAG 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - http://www.handelsblatt.com/karriere/nachrichten/bag-beruecksichtigung-familiaerer-belange-bei-der-verteilung-der-arbeitszeit/2408762.html
- ↑ BAG 11. April 2004 - 9 AZR 557/05 - http://www.bag-urteil.com/11-04-2006-9-azr-557-05/
- ↑ Lexikon für die tägliche Betriebsratsarbeit. Institut zur Fortbildung von Betriebsräten KG, 2. September 2015, abgerufen Format invalid (d).
- ↑ LAG Hamm · 15. Juli 2008 · - 14 Sa 1957/07 - https://openjur.de/u/129981.html
- ↑ BAG 14. November 1989 - 1 ABR 87/88 - https://www.jurion.de/Urteile/BAG/1989-11-14/1-ABR-87_88
- ↑ BAG 14. November 1989 - 1 ABR 87/88 - https://www.jurion.de/Urteile/BAG/1989-11-14/1-ABR-87_88
- ↑ BAG 26. Januar 1988, Der Betrieb 88, S. 1167 und BAG 30. September 1993, Der Betrieb 94, S. 637
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