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Alfred Hess

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Dieser Artikel befasst sich mit dem Unternehmer und Kunstsammler Alfred Hess. Zu anderen Personen siehe Alfred Heß.
Villa von Alfred Hess in Erfurt (2015)
Gedenktafel

Alfred Hess (geb. 19. Mai 1879 in Erfurt; gest. 24. Dezember 1931) war ein deutscher Unternehmer, Kunstsammler und Kunst-Mäzen.

Leben

Hess wuchs in Erfurt als Sohn eines jüdischen Schuhfabrikanten auf. Sein Vater hatte 1879 mit seinem Bruder die Schuhfabrik Maier und Louis Hess gegründet, die Schuhe von Anfang an auf maschineller Basis herstellten. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Fabrik in der heutigen Thälmannstraße 60 in Erfurt neu errichtet und ständig modernisiert. 1898 kam eine repräsentative Fabrikantenvilla im Stil des Historismus dazu. Die Bauten bestehen noch heute.[1]

Alfred Hess arbeitete nach seiner Ausbildung im Unternehmen des Vaters. 1910 ließ er sich vom Architekten Paul Schultze-Naumburg auf dem Grundstück Richard-Breslau-Straße 14 in Erfurt eine geräumige neue Villa bauen. Das Unternehmen wurde am 10. Februar 1913 unter der Firma M. & L. Heß, Schuhfabrik AG in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Nach dem Tod des Vaters 1915 wurde Alfred Hess geschäftsführender Gesellschafter der Fabrik. Seine Erfahrungen als Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg veränderten seine gesellschaftlichen und kulturellen Interessen maßgeblich. Er begann sich politisch zu engagieren, trat der Deutschen Demokratischen Partei bei und setzte sich vehement für die Festigung der Weimarer Republik ein. Als Unternehmer sorgte er für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für seine Mitarbeiter und plante den Bau von Sozialwohnungen.

Privat ersetzte er nach 1919 die Vorkriegsausstattung seiner Villa durch Antiquitäten und neue Bilder und begann, moderne Kunst zu sammeln. Zudem unterstützte er das Erfurter Museum, das heutige Angermuseum, durch Stiftungen und Leihgaben moderner Kunst in Zusammenarbeit mit den Museumsdirektoren Edwin Redslob, Walter Kaesbach und Herbert Kunze.

Als 1924 die Regierung des Freistaats Thüringen das Bauhaus Weimar schließen wollte, reichte er für dessen Weiterführung gemeinsam mit anderen Vertretern aus Industrie und Wirtschaft eine Petition an den Landtag ein, die die Bereitstellung von 100.000 bis 150.000 Reichsmark zur Erhaltung vorsah. Dabei wurde betont, dass das Interesse allein der kulturellen Bedeutung des Bauhauses gelte und nicht wirtschaftlicher Natur sei.

Ab etwa 1925 soll Hess das als Internat geführte GymnasiumSchule am Meer“ des Reformpädagogen Martin Luserke auf der Nordseeinsel Juist gefördert haben.[2]

In der Weltwirtschaftskrise wurde 1930 die M. & L. Hess AG zahlungsunfähig. Kurze Zeit später starb Alfred Hess an den Folgen einer Operation.

Nachwirkungen

Bei seinem Tod 1931 hinterließ er seiner Frau Thekla und seinem Sohn Hans neben den Mehrheitsanteilen an der Schuhfabrik einige Immobilien und eine Sammlung von ca. 80 Ölgemälden, 200 Zeichnungen und Aquarellen und ungefähr 4000 grafischen Blättern, u. a. von Ernst Ludwig Kirchner, Franz Marc, August Macke, Erich Heckel, Emil Nolde, Lyonel Feininger, Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff, Christian Rohlfs, James Ensor, Otto Mueller, Wilhelm Lehmbruck und Paul Klee.

Thekla Hess verkaufte die Villa, trat einige Bilder an Familienmitglieder und ehemalige Direktoren des Unternehmens ab und zog von Erfurt mit der Kunstsammlung nach Lichtenfels in Franken zu ihrer Mutter. Hans Hess lebte zu der Zeit in Berlin als Untermieter der Schriftstellerin Elisabeth Hauptmann und arbeitete im Ullstein Verlag. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 sah er sich sowohl in seiner Wohnung durch Hausdurchsuchungen der Gestapo wie in seiner Arbeitsstelle in einem jüdischen Unternehmen bedroht, verkaufte seine Anteile an der inzwischen wieder entschuldeten und Gewinne erwirtschaftenden Schuhfabrik und emigrierte noch 1933 über Paris nach London. 1936 verkaufte Thekla Hess Kirchners Schlüsselwerk Berliner Straßenszene über den Kölner Kunstverein an den Frankfurter Sammler Carl Hagemann. 1939 folgte sie ihrem Sohn Hans nach Großbritannien. Dabei konnte sie einige Werke der Kunstsammlung mitnehmen, die anderen befanden sich in der Schweiz und in Köln beziehungsweise waren von dort verkauft worden, die restlichen blieben in Lichtenfels.[3]

1948 gingen die Fabriken der M. & L. Hess AG in Volkseigentum über. Gemeinsam mit der Eduard Lingel Schuhfabrik entstand daraus der VEB Schuhfabrik Thuringia. Nach weiteren Zusammenschlüssen einige Jahre später erhielt der Betrieb 1952 den Namen VEB Schuhfabrik „Paul Schäfer“ (nach Paul Schäfer, einem ehemaligen Mitarbeiter des Unternehmens Lingel und KPD-Mitglied).

2016 erreichten die Erben eine Restitutionsvereinbarung mit der Neuen Galerie New York über Karl Schmidt-Rottluffs Nackte von 1914, das 1994 von den Erben des Kölner Malers Peter Herkenrath verkauft worden war. [4]

Ehrungen

  • Die Alfred-Hess-Straße in Erfurt wurde 1992 nach ihm benannt.
  • Gedenktafel an der Alfred-Hess-Villa in Erfurt[5]

Literatur

  • Edwin Redslob: Von Weimar nach Europa. Erlebtes und Durchdachtes. Berlin 1972. / als Nachdruck: Glaux, Jena 1998, ISBN 3-931743-16-0.
  • Hans Hess: Dank in Farben. Aus dem Gästebuch von Alfred und Thekla Hess. 9. Auflage, Piper, München 1992, ISBN 3-492-10606-4.
  • Steffen Raßloff: Bürgerkrieg und Goldene Zwanziger. Erfurt in der Weimarer Republik. Sutton, Erfurt 2008, ISBN 978-3-86680-338-1.
  • Mechtild Lucke: Der Erfurter Mäzen und Sammler Alfred Hess. In: Henrike Junge: Avantgarde und Publikum. Rezeption avantgardistischer Kunst in Deutschland 1905–1933. Böhlau, Köln 1992, ISBN 3-412-02792-8.
  • Christina Feilchenfeld, Peter Romilly: Die Sammlung Alfred Hess. In: Weltkunst, Zeitschrift für Kunst und Antiquitäten, Band 70 (2000), ISSN 0043-261X.
  • Ruth Menzel: Alfred Hess. Schuhfabrikant, Kunstsammler und Mäzen. Sutton, Erfurt 2008, ISBN 978-3-86680-288-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dietmar Grosser: Schuhe vom laufenden Band. In: Thüringer Allgemeine vom 2. Januar 2016.
  2. Ernst Fröhlich in : Das Neue Tagebuch, Jahrgang 1937, Heft 1, S. 21.
  3. siehe den Weblink zu Rückgabeforderungen im Jahr 2004 und dem späteren Erkenntnisstand dazu
  4. Neue Galerie Returns Painting Seized by Nazis and Then Rebuys It in Settlement, New York Times vom 27. September 2016, abgerufen am 28. September 2016
  5. Alfred Hess auf erfurt-web.de
  6. Auseinandersetzung mit Feilchenfeld und Romilly, siehe Lit., 2000
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Alfred Hess aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.