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Alte Musik

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Um Alte Musik zu begreifen, hilft es, sich auch auf historische Bilddokumente zu stützen, weil die Musizierpraxis und das Instrumentarium durch die Jahrhunderte hindurch einem zum Teil starken Wandel unterzogen war. Lattanzio Gambara zeigt auf seinem Fresko (um 1560), wie in seiner Zeit Streichinstrumente ausgesehen haben und wie sie, im Unterschied zur heutigen Praxis, gespielt wurden.

Alte Musik bezeichnet europäische Musikstile aus verschiedenen Epochen etwa vor dem Jahr 1750 der klassischen Musik.

Aufführung und Aufnahmen Alter Musik sind im Wesentlichen eine Domäne spezialisierter Musiker und Ensembles, da besondere historische Musikinstrumente und viel Fach- und Praxiswissen über Musikgeschichte, Instrumentenkunde, Spielweisen, Stimmungssysteme etc. vorliegen müssen, um herauszufinden, wie die Musik früherer Epochen geklungen haben könnte.

Die Versuche der Rekonstruktion stützen sich auf Bilddokumente und Notentexte (siehe Notationen). Alte Musik wurde in England fast lückenlos von Generation zu Generation weiter überliefert. Dennoch veränderte sich die Musik durch den Vorgang des Weitergebens (Tradierens).

Zeitlicher Ablauf

Alte und teilweise vergessene Instrumententypen und -formen werden in der Alten Musik wieder neu bewertet und in die Musizierpraxis eingebracht
Bereits 1888 begann man in Berlin, das Instrumentarium der Alten Musik zu sammeln; hier ein Serpent aus dem Musikinstrumenten-Museum Berlin

Alte Musik und die bürgerliche Musikkultur des 19. Jahrhunderts

Mit dem Entstehen des bürgerlichen Konzertlebens um 1800 begann sich ein Repertoire herauszubilden, das die vorklassische Musik weitgehend außer Acht ließ und sich auf die gerade neu entstehenden Kompositionen konzentrierte.

Die Werke Johann Sebastian Bachs wurden nach seinem Tod 1750 zwar von anderen Komponisten studiert, aber nicht mehr für ein breites Publikum aufgeführt. Die Aufführung der Matthäuspassion durch Felix Mendelssohn Bartholdy 1829 gilt als Beginn einer breit angelegten Bach-Renaissance, und seither werden Bachs Werke wieder von der musikalischen Öffentlichkeit geschätzt.

Die Romantik und der Historismus spielten eine wesentliche Rolle dabei, dass sich die Faszination für Musik vergangener Epochen auch in der Musikpraxis niederschlug. Immer wieder haben sich Komponisten an bedeutenden Vorgängern abgearbeitet. Im Musikleben aber hatten die Aufführungen der Musik vergangener Epochen ansonsten keine Rolle gespielt, da man sie jeweils als überholt ansah.

Alte Musik möglichst mit historisch korrektem Klangbild aufführen zu können, ist – mit Ausnahme von England – in Europa erst wieder ein Anliegen des 20. Jahrhunderts. Der Begriff „Alte Musik“ gewann allgemein seit den Reformbewegungen der 1920er Jahre an Bedeutung, als im Zuge der Belebung der historischen Aufführungspraxis verstärkt Nachbauten von originalen Instrumenten angefertigt und verwendet wurden. Die Altmusik-Bewegung verstand sich als Kontrast und Korrektiv zum herkömmlichen Konzertrepertoire. Die Klanglichkeit der Alten Musik, egal wie sie aufgefasst wurde, stand auf jeden Fall im scharfen Kontrast zur spätromantischen Tonalität und Fülle der Klangfarben.

Wiedergewinnung historischer Instrumente für die Musikpraxis

Einige Musikinstrumente waren im 19. Jahrhundert außer Gebrauch geraten und konnten im 20. Jahrhundert im Zuge der Neubewertung und Neuentdeckung Alter Musik für die Musikpraxis wiedergewonnen werden.

Der Zink war beispielsweise fast unbekannt geworden. Seit den späten 1970er Jahren erfuhr dieses Instrument eine intensive Wiederbelebung im Zuge der Neuentdeckung der Alten Musik. Heute gibt es wieder Zinkenisten und zugleich Instrumentenbauer, die Instrumente herstellen, die denen aus der Blütezeit des Zinken ebenbürtig sind.

Ähnlich liegen die Dinge bei Instrumenten wie Bassetthorn, Krummhorn, Serpent, Pommer und Rankett.

Wiederentdeckung und Herausforderungen

Wichtige Meilensteine der Wiederentdeckung der Alten Musik waren:

  • Wiederaufführung von Johann Sebastian Bachs Matthäuspassion durch Felix Mendelssohn Bartholdy im Jahre 1829, rund 100 Jahre nach der Uraufführung in Leipzig;
  • die Gesamtausgabe der Werke J. S. Bachs, 1851 begonnen, der bereits im 19. Jahrhundert etliche weitere sogenannte Denkmalausgaben folgten;
  • historisierende Kompositionspraxis wie beispielsweise bei Ottorino Respighi;
  • das wissenschaftliche Interesse am Instrumentarium der Alten Musik erwachte bereits im 19. Jahrhundert und fand 1888 seinen Niederschlag in der Gründung eines Staatlichen Institutes für Musikforschung und im Musikinstrumenten-Museum Berlin;
  • die Rückbesinnung auf Musik und Instrumente des 16. und 17. Jahrhunderts im Rahmen der Jugendmusikbewegung in den 1920er-Jahren, die ähnlich der Wandervogel-Bewegung eine Form des Protestes gegen das – in diesem Fall künstlerische – Establishment war (sog. Gambenbewegung, auch Fideln, Zinken, Blockflöten u. a. Instrumente);
  • mit der Gründung der Cappella Coloniensis im Jahre 1954 begann der Durchbruch der heutigen sogenannten historischen Aufführungspraxis als Grundstein für eine wissenschaftlich fundierte Auseinandersetzung mit alter Musik. Die gleichzeitig im Kölner WDR gesendeten Beiträge zur Geschichte der Alten Musik verhalfen parallel den praktischen Versuchen im Orchesterbereich zu ungeahnter Popularität.
  • Bereits in den 1950er-Jahren begannen auch die Arbeiten des Dirigenten Nikolaus Harnoncourt auf dem Gebiet der Bach-Interpretation, allerdings fanden unter ihm erst 1957 mit dem Concentus Musicus Wien erste Konzerte auf historischen Instrumenten statt.

Organisationen im Dienst der Alten Musik

  • Répertoire International des Sources Musicales; die RISM Serie A/I (Einzeldrucke vor 1800) katalogisiert gedruckte Noten aus der Zeit von ca. 1500 bis 1800, also Alte Musik. In den neun Bänden der Reihe (1971 bis 1981) werden über 78.000 Musikdrucke von 7.616 Komponisten aus 2.178 Bibliotheken nachgewiesen.

Studium und Fortbildung

Schweiz

Ein grundständiger musikpraktischer Vollzeitstudiengang für die Musik des Mittelalters wird in der Schweiz an der Schola Cantorum Basiliensis – der Hochschule für Alte Musik in Basel – angeboten.

Deutschland

Diplomstudien für Alte Musik werden in Deutschland an folgenden Universitäten angeboten: Hochschule für Künste Bremen, Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ Dresden, Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn-Bartholdy“ Leipzig, Staatliche Hochschule für Musik Trossingen, Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar, Hochschule für Musik Würzburg. Eine zweijährige berufs- oder studienbegleitende Fortbildung zur überlieferten Frühen Musik wird an der Akademie Burg Fürsteneck angeboten.

Österreich

In Österreich gibt es Studiengänge für Alte Musik an folgenden universitären Einrichtungen: Anton Bruckner Privatuniversität Linz, Johann-Joseph-Fux-Konservatorium Graz, Universität für Musik und darstellende Kunst Graz, Universität Mozarteum Salzburg (Standort Innsbruck), Konservatorium Wien Privatuniversität.


Werke Alter Musik als Gesamtausgaben, Urtextausgaben und Sammelausgaben

Grundlage für Alte Musik sind gewissenhaft edierte und publizierte Notenausgaben, die seit Ende des 19. Jahrhunderts als Reihen erschienen sind. Der erste Band der Denkmäler Deutscher Tonkunst erschien 1892
Auch Gesamtausgaben mit den Werken der Komponisten des 15. bis 18. Jahrhunderts sind essentiell für die Neuentdeckung und Wiedergabe Alter Musik. Hier die Werke von Heinrich Schütz aus dem 17. Jahrhundert in einer modernen Edition des Bärenreiter-Verlages ab 1955

Die Rückgewinnung des Instrumentariums der Alten Musik wurde gleichzeitig durch Musikwissenschaftler, Institute und Verlage unterstützt, die eine Vielzahl alter Werke in Form von Notenausgaben für die Spielpraxis der Moderne aufbereitet oder wenigstens faksimiliert haben.

Beispiele sind:

Karl Vötterle publizierte im Rahmen des Bärenreiter-Verlages wissenschaftlich-kritische Gesamtausgaben auf dem Gebiet der Alten Musik unter anderem mit den Werken von

Weitere führende Musikverlage im Bemühen um einen Urtext im Blick auf Alte Musik sind der G. Henle Verlag, die Universal Edition, der Carus-Verlag oder die Edition Peters. Diese Verlage geben detailliert Rechenschaft über die editorischen Entscheidungen und die verwendeten historischen Quellen.

Festivals für Alte Musik

Innsbruck gehört zu den Orten, an denen regelmäßig Alte Musik gepflegt und aufgeführt wird, so unter anderem bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik

Gegenwärtige Festivals

An einigen Orten haben sich bereits im 20. Jahrhundert regelmäßig wiederkehrende Tage für Alte Musik oder auch Festivals etabliert, bei denen in Konzertserien Werke der Alten Musik von spezialisierten Instrumentalisten und Ensembles auf hohem Niveau dem Publikum präsentiert werden:

Frühere Festivals

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Dieter Gutknecht: Studien zur Geschichte der Aufführungspraxis Alter Musik. Ein Überblick vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg. 2. Auflage. Schott, Mainz 1997 (Volltext)
  • Thomas Forrest Kelly: Alte Musik (= Reclams Universal-Bibliothek. Nr. 19173, Reclam-Sachbuch). Reclam, Stuttgart 2014, ISBN 978-3-15-019173-6 (Einführung in das Thema, die auch die Aufführungspraxis mit einbezieht).
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Alte Musik aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.