Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Charlotte Salomon

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gedenktafel am Haus Wielandstraße 15, Berlin-Charlottenburg
Stolperstein, Wielandstraße 15, in Berlin-Charlottenburg

Charlotte Salomon (geb. 16. April 1917 in Berlin; gest. 10. Oktober 1943 in Auschwitz) war eine deutsche Malerin.

Leben

Charlotte Salomon wurde als Tochter des Chirurgen Professor Albert Salomon (1883–1976) und seiner Frau Franziska, geb. Grunwald (1890–1926), in eine liberale jüdische Familie geboren. Sie wuchs in einem bürgerlichen Umfeld in Berlin-Charlottenburg auf. Nach dem Suizid ihrer Mutter 1926 bis zur erneuten Heirat ihres Vaters 1930 mit der Konzertsängerin Paula Lindberg war der Haushalt von wechselnden Kindermädchen geprägt.

Ab 1927 besuchte sie das Fürstin-Bismarck-Gymnasium, eine Schule für die höheren Töchter Charlottenburgs. Sie verließ die Schule 1933, ein Jahr vor dem Abitur, um den antisemitischen Anfeindungen zu entgehen, die dort seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten zur Tagesordnung gehörten. Zum Wintersemester 1935/36 wurde sie – zunächst auf Probe – an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst (heute Universität der Künste Berlin) in Berlin-Charlottenburg aufgenommen. Trotz der immer weiter zunehmenden Schikanen gegen jüdische Bürger/innen wurde sie im Februar 1936 regulär immatrikuliert, da ihr Vater als „Frontkämpfer“ des Ersten Weltkrieges anerkannt war und sie daher von dem vorübergehenden Frontkämpferprivileg profitieren konnte. Nachdem ihr bei einem Wettbewerb der Kunsthochschule der erste Platz, der ihr von der Jury zuerkannt werden sollte, wegen ihrer jüdischen Herkunft versagt wurde, verließ sie die Hochschule im Herbst 1937.

Im Januar 1939 emigrierte Charlotte Salomon nach Frankreich. Dort lebte sie in Villefranche-sur-Mer bei Nizza bei ihren Großeltern, die sich dort bereits seit 1934 aufhielten. Im Juni 1940 besetzten deutsche Truppen weite Teile Frankreichs; am 22. Juni unterschrieb Marschall Pétain einen Waffenstillstand mit Deutschland, in dem auch die Auslieferung von 200.000 Juden an die Gestapo geregelt war (siehe Vichy-Regime). Charlotte Salomon und ihr Großvater (ihre Großmutter hatte sich im März das Leben genommen) wurden im Lager Camp de Gurs interniert, kurze Zeit später jedoch wegen des hohen Alters des Großvaters wieder freigelassen.

Der Tod der Großmutter und das Erlebnis der Internierung versetzten Charlotte Salomon in eine tiefe Krise. Um die Ereignisse zu verarbeiten, begann sie auf Anraten eines Arztes wieder zu malen. Im Juni 1943 heiratete sie den österreichischen Emigranten Alexander Nagler, den sie nach ihrer Flucht kennengelernt hatte. Nach der Besetzung Südfrankreichs durch deutsche Truppen 1943 wurden Charlotte Salomon und ihr Mann verraten und am 24. September in Nizza verhaftet. Am 27. September wurde das Ehepaar in das Sammellager Drancy bei Paris verschleppt und am 7. Oktober in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Charlotte Salomon, im fünften Monat schwanger, wurde vermutlich sofort nach ihrer Ankunft in Auschwitz ermordet. Ihr Ehemann starb an den Folgen der unmenschlichen Haftbedingungen.

Werk

Zwischen 1940 und 1942 entstanden binnen 18 Monaten 1325 Gouachen expressionistischen Stils. Etwa 800 Blätter im Format 32,5 x 25 cm hat Charlotte Salomon ausgewählt und nummeriert. Zusammen mit erläuternden Texten und Hinweisen auf Musikstücke erzählen sie unter dem Titel Leben? Oder Theater? ihr Leben. Das Werk ist in seinem Aufbau einem Theaterstück mit allen seinen Bestandteilen in Akten und Szenen vergleichbar.

1961 wurde es zum ersten Mal öffentlich gezeigt. 1963 erschien der erste Bildband mit einer Auswahl ihrer Gouachen.[1] Leben? Oder Theater? ist im Rahmen des XIV. Else Lasker-Schüler-Forum als Live-Hörspiel des Künstlerkollektivs „Artcore“ 2008 in Wuppertal mit dem Schauspieler Bodo Primus uraufgeführt worden.

2012 sind ausgewählte Gouachen aus Leben? Oder Theater? bei der dOCUMENTA (13) im Fridericianum in Kassel ausgestellt.

Literarisches Werk

  • Charlotte Salomon: Leben oder Theater? Ein autobiographisches Singspiel in 769 Bildern. Einleitung Judith Herzberg. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1981, ISBN 3462013963. Postum veröffentlicht.

Nachlass

Seit 1971 befinden sich Charlotte Salomons Arbeiten im Jüdischen Museum in Amsterdam, Charlotte Salomon Foundation.

Ehrungen

Am 21. April 2012 wurde vor dem ehemaligen Wohnhaus, in Berlin-Charlottenburg, Wielandstraße 15, ein Stolperstein für Charlotte Salomon verlegt. Außerdem erinnert eine Gedenktafel am Haus an sie. Im Jahr 2006 wurde eine Straße in Berlin Rummelsburg nach ihr benannt, und bereits seit 1992 trägt eine Berliner Grundschule ihren Namen.

Filme

  • Charlotte: a documentary film, Regie: Kurt Lindau, München 1972 (Dokumentarfilm)
  • Charlotte S. (im niederländischen Original: Charlotte), Regie: Frans Weisz, Hauptfigur: Birgit Doll, 1981 (Spielfilm)
  • C’est toute ma vie. Regie: Richard Dindo, Paris 1992 (Dokumentarfilm)
  • Die Liebe, mein Schatz, ist bodenlos, Regie: Sabine Willmann, mit Daniela Ziegler, Amalie Bizer, Michael Holz, 1998 (Spielfilm)
  • Life? Or Theatre?, Regie: Frans Weisz, Niederlande 2012 (Dokumentarfilm)

Literatur

  • Christine Fischer-Defoy (Hrsg.): Charlotte Salomon. Leben oder Theater. Das Lebensbild einer jüdischen Malerin aus Berlin 1917–1943. Arsenal, Berlin 1986, ISBN 3921810760.
  • Griselda Pollock: Encounters in the Virtual Feminist Museum. Taylor & Francis, Routledge, 2007, ISBN 9780415413749. (engl.)
  • Hildegard Reinhardt. "Charlotte Salomon. Malerin", in: Jutta Duck und Marina Sassenberg (Hrsg). Jüdische Frauen im 19. und 20 Jahrhundert: Lexikon zu Leben und Werk. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1993. ISBN: 3-499-16344-6
  • Katia Ricci (Hrsg.): Charlotte Salomon. I colori della vita. Palomar di Alternative, Bari 2006, ISBN 8876001514. (ital.)
  • Astrid Schmetterling: Charlotte Salomon 1917–1943. Bilder eines Lebens. Jüdischer Verlag, 2001.
  • Deborah Schultz; Edward Timms: Pictorial narrative in the Nazi period : Felix Nussbaum, Charlotte Salomon and Arnold Daghani. Routledge, London [u.a.] 2009, ISBN 978-0-415-49095-5.
  • Michael P. Steinberg und Monica Bohm-Duchen: Reading Charlotte Salomon. B & T, 2005, ISBN 080143971X. (engl.)
  • Edward van Voolen (Hrsg.): Charlotte Salomon. Leben? Oder Theater? Anlässlich der Ausstellung „Charlotte Salomon: Leben? Oder Theater?“ im Städel, Städelsches Kunstinstitut und Städtische Galerie, Frankfurt am Main, vom 18. Juni - 22. August 2004. ISBN 3791331663.
  • Die Welt der Anne Frank: Frankfurt 1929 – 1945 Bergen-Belsen und: Charlotte Salomon: Berlin 1917 – 1943 Auschwitz. Reden zu den Ausstellungseröffnungen im Mai 1986 "Leben oder Theater?" Akademie der Künste, Berlin 1986 Enthält u.a.: Das Mädchen und der Tod von Harry Mulisch. ISBN 3883319465

Weblinks

 Commons: Charlotte Salomon – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ein Tagebuch in Bildern 1917–1943. Vorwort Paul Tillich, Einleitung Emil Straus. Rowohlt, Reinbek (ebenfalls: Harcourt, Brace & World, New York) 1963.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Charlotte Salomon aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.