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Creatio ex nihilo

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Creatio ex nihilo (lateinisch: Schöpfung aus dem Nichts oder besser Schöpfung aus nichts) bezeichnet die christliche sowie die philosophische Lehre, dass die Schöpfung der Welt als Werk des Schöpfergottes absolut voraussetzungslos ist.

Theologie

Der Begriff entstand in der frühchristlichen Theologie (Tatian und Theophilos von Antiochien) in Auseinandersetzung mit der griechischen Philosophie. Diese setzte seit Melissos einen ewigen und ungeordneten Stoff (Chaos) voraus, da aus nichts unmöglich etwas werden kann („ex nihilo nihil fit“).

Aus monotheistischer Sicht ist Gott die alleinige Ursache für die Erschaffung der Welt. Auch Raum und Zeit sind erst mit der Erschaffung einer außergöttlichen Wirklichkeit in Erscheinung getreten. Da Gott absolut überzeitlich, ohne jegliche Dauer ist bzw. lebt, kann man von ihm nicht aussagen, dass er „vor“ der Weltentstehung allein existierte, sondern „nur“, dass er sich „ohne“ Welt befand. Durch die Erschaffung aus nichts steht jedes außergöttliche Seiende in der realen Beziehung der Abhängigkeit von Gott, ist wesenhaft relatives Seiendes (vgl. Kontingenz).

In der Schöpfungsgeschichte (Genesis 1,1 ff.) heißt es: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“. Das hier verwendete hebräische Wort „bara“ für „schaffen“ wird ausschließlich von der göttlichen Tätigkeit gebraucht. Die einzige Stelle der Bibel, die explizit von einer „Schöpfung aus dem Nichts“ spricht, findet sich in 2. Makkabäer (7,28); dort heißt es: „Ich bitte dich, mein Kind, schau dir den Himmel und die Erde an; sieh alles, was es da gibt, und erkenne: Gott hat das aus dem Nichts erschaffen, und so entstehen auch die Menschen.“ Auch in der christlichen theologischen Interpretation wird der Ursprung der gesamten außergöttlichen Wirklichkeit auf Gott selbst als alleinige Allursache (Causa prima) zurückgeführt. Mit „Himmel und Erde“ ist die Gesamtheit aller außergöttlichen Dinge gemeint. Das Wort „im Anfang“ soll den absoluten Anfang aller Dinge und der Weltzeit ausdrücken.

Der Annahme, eine Creatio ex nihilo sei schon im Buch Genesis (1,1-2,4a) enthalten, wird von Alttestamentlern widersprochen. Oswald Loretz bestreitet, dass dieser Gedanke aus dem Text herausgelesen werden könne.[1] Im Judentum wurde der Gedanke einer Schöpfung aus dem Nichts erstmals von Maimonides (1138–1204) in seinem Hauptwerk Führer der Unschlüssigen formuliert.

Die biblische Darstellung unterscheidet sich wesentlich von den anderen altorientalischen Weltentstehungs-Lehren (Kosmogonien), in denen stets auch von einer Götterentstehung (Theogonie) die Rede ist.

Philosophie

Die philosophische Teildisziplin Natürliche Theologie glaubt, mit Hilfe der natürlichen Vernunft (ohne übernatürliche, göttliche Hilfe, d. h. Offenbarung) zu demselben Ergebnis zu kommen: Da alles Seiende kontingent ist, verweise es auf ein Absolutes, mit anderen Worten Gott (id quod omnes dicunt deum - Thomas von Aquino). Der allmächtige, vollkommene und absolute Gott ist in allen seinen Akten innerlich und äußerlich vollständig unabhängig; vor seiner Schöpfung ist außer ihm nichts.

Die philosophische Gegenposition zur theologischen Annahme einer Schöpfung aus dem Nichts wird oft auf Melissos zurückgeführt; aber schon Parmenides lehrte:[2]

„Auch kann ja die Kraft der Überzeugung niemals einräumen, es könne aus Nichtseiendem irgend etwas anderes als eben Nichtseiendes hervorgehen.“

Aus diesen Ideen entstand später die Formel Ex nihilo nihil fit („aus nichts entsteht nichts“), die sich so oder dem Sinne nach auch bei Aristoteles (Physik I 4), Lukrez, Thomas von Aquin und anderen Philosophen findet.

Siehe auch

Literatur

  • Gerhard May: Schöpfung aus dem Nichts: Die Entstehung der Lehre von der creatio ex nihilo. De Gruyter, Berlin u. a. 1978, ISBN 3-11-007204-1 (Arbeiten zur Kirchengeschichte. 48).

Einzelnachweise

  1. Oswald Loretz: Schöpfung und Mythos. Stuttgarter Bibelstudien 32. Verlag Katholisches Bibelwerk, Stuttgart 1986, S. 85f
  2. Parmenides von Elea: Fragmente, Aus „Über die Natur“, B 8
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