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Diskussion:Ohad Naharin

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tachles-Newsletter 27.5.2016:

Die Revolution des modernen Tanzes

Katja Behling
, 27. Mai 2016

Der Kino-Film «Mr. Gaga» dokumentiert die Arbeit des israelischen Choreografen Ohad Naharin.


Tomer Heymann schuf in achtjähriger Arbeit einen bemerkenswerten Film über das Leben.


Bewegung, Musik, Energie. Ästhetik, Leidenschaft, Gegensätze und die Lust des Moments – mit einer ungewöhnlichen künstlerischen Vision und mitreissenden Choreografien machte Ohad Naharin, der Leiter der israelischen Batsheva Dance Company, sein hochkarätiges Ensemble international bekannt. In einem auf Probenaufnahmen und Archivmaterial basierenden neuen Dokumentarfilm, der jetzt in den Kinos zu sehen ist, zeigt der preisgekrönte Regisseur Tomer Heymann, welch harte Arbeit hinter den spektakulären und weltweit gefeierten Auftritten der Compagnie aus Tel Aviv steckt. Der Film entfaltet die Kunst des Tanzes in opulenten Bildern und zeichnet den Weg nach, der Naharin zum Erneuerer des Modern Dance und zu einem der hervorragenden Choreografen unserer Zeit machte. Ohad Naharin, der als Erzähler aus dem Off durch den Film führt, bezeichnet seine frühen Kindheitsjahre im Kibbuz Mizra – das Miteinander, die Landschaft, die Tiere – als prägend für sein Leben. Und getanzt hat er, solange er denken kann. Für ihn ist Tanzen, die Arbeit mit einem Ensemble, auch ein Versuch, die verlorene Verbundenheit, das frühe Gefühl des Einsseins mit der Welt, wiederzufinden.

Tanz als Befreiung Ohad Naharin, 1952 geboren, begann erst 1974, im für Tänzer ungewöhnlich hohen Einstiegs­alter von 22 Jahren, seine professionelle Tanz­ausbildung in der Batsheva Dance Company in Tel Aviv. Die Truppe war 1964 von der Mäzenin Baroness Bethsabée (Bathsheva) de Rothschild (1914–1999), Enkelin des Gründers des französischen Zweiges der Rothschild-Bankiersfamilie, und der US-amerikanischen Tanz-Ikone Martha Graham (1894–1991) gegründet worden. Martha Graham erkannte das überragende Talent Naharins und lud ihn nach New York ein, um sein Studium an der berühmten Juilliard School fortzusetzen. Nach internationalen Auftritten als Tänzer gab Naharin 1980 sein Debüt als Choreograf.

Seit 1990 ist Ohad Naharin künstlerischer Leiter und kreativer Kopf der Batsheva Dance Company. Seine äusserst strukturierte und sehr innovative Bühnenarbeit machte ihn zu einem auf der ganzen Welt gefragten und mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Gast-Künstler. Nach einer Rückenverletzung entwickelte Naharin zudem eine neue Technik, einen in kein Raster passenden Bewegungsstil, mit dem er den modernen Tanz revolutionierte: «Gaga». «Gaga» durchbricht bekannte Bewegungsmuster und gibt Raum zur Entfaltung, lässt den Tanzenden eigene Gefühle darstellen, Blockaden erspüren und überwinden, lässt ihn die Nähe seiner Mittänzer spüren und mit ihnen wortlos kommunizieren. Darin spiegelt sich auch der Einfluss Martha Grahams: Tanz sei, sagte die grosse Innovatorin des Modern Dance, die verborgene Sprache der Seele. Längst ist «Gaga» die bevorzugte Trainingsmethode der Bat­sheva Company und zahlloser Tänzer weltweit. Die darauf basierenden Tanzstücke begeistern das Publikum im In- und Ausland. Nun auch auf der Leinwand.

Flüchtige Kunst der Bewegung Tomer Heymanns Film, dessen Entstehung die Schauspielerin Natalie Portman mit einer Video-Kampagne massgeblich unterstützte, basiert auf mehr als acht Jahren Arbeit. Die Idee dazu entstand sogar schon in den neunziger Jahren. Doch lange hatte Ohad Naharin es abgelehnt, eine Kamera ins Studio zu lassen, die flüchtige Kunst der Bewegung, die nur für den Moment existiert, überhaupt auf Film einzufrieren. Ausserdem, so der Regisseur, habe der Choreograf darauf bestanden, nur über die Gegenwart und die Zukunft zu sprechen. So porträtierte Heymann einen tanzbesessenen Protagonisten, der trotz Krisen, Schwierigkeiten und Verlusten niemals aufgab und nach vorn schaut. Und schuf einen grossen Film über das Leben selbst, über das Wesen von Kunst und Kreativität und die überwältigende Schönheit des Tanzes.

Mr. Gaga ist zurzeit in den Deutschschweizer Kinos zu sehen. Israel, Deutschland, Schweden, Niederlande 2015. Heymann Brothers Films, in Koproduktion mit ZDF/ARTE, AVROTROS, SVT, Family Robert Weil Foundation, Foundation for Jewish Culture, Israel Lottery Council for Culture & Arts.