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Ernst Grube (Malermeister)

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Ernst Grube (* 13. Dezember 1932 in München) ist ein deutsch-jüdischer NS-Verfolgter und bekannter Vertreter einer aktiven Vergangenheits- und Aufarbeitungspolitik.

Leben

Ernst Grube wurde in München geboren. Die Familie - der Vater Malermeister und Mitglied der KPD[1] - wohnte in der Herzog-Max-Straße, in der auch die Synagoge stand. Nach deren Abriss im Juni 1938 musste die Familie ihr Wohnhaus verlassen, da die "jüdischen" Häuser "entmietet" wurden. Die Familie wurde aufgeteilt. Ernst, Bruder Werner und seine Schwester Ruth wurden von den Eltern getrennt - die Mutter war als "Jüdin" eingestuft, der Vater war Kommunist - und einem jüdischen Kinderheim in Schwabing in der Antonienstraße untergebracht. Ab Oktober 1941 mussten die Heimkinder den gelben Judenstern tragen. Sie durften nicht mehr ins Kino, nicht mehr mit der Straßenbahn fahren, sie wurden ausgeschult. Auf der Straße wurden sie, wie Grube berichtete, "bespuckt und beleidigt". "Hau ab, Saujud!", habe es beim Spiel der Kinder geheißen.

1941 wurden 23 Kinder und die Betreuerinnen des Heims mit dem Bus abgeholt, darunter auch die beste Freundin des Achtjährigen, und nach Litauen deportiert, wo sie erschossen wurden. Ernst Grube und seine Geschwister entgingen dem, da sie als "Halbjuden" galten und sein Vater sich geweigert hatte, sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Im Frühjahr 1942 wechselten die verbliebenen Heimkinder in ein "enges, feuchtes Barackenlager" in Milbertshofen. Anfang 1945 wurde Grube mit seinen Geschwistern und seiner Mutter ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Die Befreiung des Lagers durch die Rote Armee rettete sie. 1943 wurde ihm aufgrund des Judensterns vor einem alliierten Luftangriff der Zutritt zu einem Schutzbunker verweigert. Er habe sich, erklärte er später, "unters Gebüsch gelegt. Rings um mich sind die Bomben gefallen.“[2]

Im Juni 1945 kehrte Grube nach München zurück, wurde Malermeister wie der Vater, machte dann das Abitur und wurde Berufsschullehrer. Anfang der 1950er Jahre motivierte ihn die Wiederaufrüstung, dagegen Stellung zu nehmen. Er nahm in München an den Protesten teil, wurde mehrfach von der Polizei verprügelt, inhaftiert und wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt zu sieben Monaten Haft verurteilt. Grube wurde Mitglied der Gewerkschaft, der FDJ, die 1951, und der KPD, die 1956 verboten wurde. 1959 verurteilte ihn der Bundesgerichtshof zu einem Jahr Gefängnis, unter anderem, weil er gegen das KPD-Verbot verstoßen habe.[3]

Anfang der 1970er Jahre wurde gegen den Berufsschullehrer, der Mitglied der DKP war (und ist),[4] ein Berufsverbot ausgesprochen, das zurückgenommen wurde, nachdem er dem Sachbearbeiter im Münchner Rathaus "den Judenstern ... auf den Schreibtisch" legte.[5]

2010 wurde er namentlich als Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) im Jahresbericht des bayerischen Nachrichtendienstes (Bayerisches Landesamt für Verfassungsschutz, LfV) erwähnt. Er stehe im Verdacht, Kontakte zu Linksextremisten zu haben. Das musste nach öffentlichen Protesten wieder entfernt werden, zumal Grube bei zahlreichen Gelegenheiten in der Öffentlichkeit mit bekannten Vertretern der CSU auftrat und auftritt und auch von dieser Seite Widerspruch gegen den Innenminister Herrmann als Dienstherrn des LfV kam. Der Vorgang gefährde, hieß es, „die Erinnerungspolitik in Bayern“.[6][7] Die VVN, deren bayerischer Landessprecher er ist, wird in Bayern im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern bis heute vom Verfassungsschutz beobachtet.

Grube ist stellvertretender Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau, Kovorsitzender des Fördervereins für Internationale Begegnung, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und Mitglied des Kuratoriums der Evangelischen Versöhnungskirche.[8][9] und im politischen Beirat des NS-Dokumentationszentrums der Stadt München. Gemeinsam mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Florian Ritter und vielen anderen Politikern und Prominenten setzt er sich für die Streichung der VVN aus dem Jahresbericht des bayerischen LfV ein.[10]

Ehrungen

Schriften

  • "Den Stern, den tragt Ihr nicht". Kindheitserinnerungen an die Judenverfolgung in München, in: Dachauer Hefte, 9 (1993), S. 3-13

Literatur

  • Angelika Baumann, Jüdisches Leben in München. Geschichtswettbewerb 1993/94, München 1995
  • Andreas Heusler/Andrea Sinn (Hrsg.), Die Erfahrung des Exils: Vertreibung, Emigration und Neuanfang. Ein Münchner Lesebuch, Berlin/Boston 2015
  • Klaus Holz, Die Verneinung des Judentums: Antisemitismus als religiöse und säkulare Waffe, Münster 2009
  • Christian Kuchler (Hrsg.), NS-Propaganda im 21. Jahrhundert: zwischen Verbot und öffentlicher Auseinandersetzung, Köln/Weimar/Wien 2014
  • Konrad Löw, Deutsche Schuld 1933-1945? Die ignorierten Antworten der Zeitzeugen, München 2011
  • Julius Hans Schoeps, Leben im Land der Täter, Berlin 2001
  • Studienkreis zur Erforschung und Vermittlung der Geschichte des Widerstandes 1933-1945 (Hrsg.), Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Perspektiven der Vermittlung. Tagung vom 17.-18.03.2007 in Frankfurt am Main, Wiesbaden 2007

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Joachim Bomhard, "Wir dürfen nicht schlafen“, in: Freitag, 9.12.2011, siehe auch: [1].
  2. Einer der letzten Zeitzeugen. Ein Münchner, der nicht vergisst, in: Die Abendzeitung, 6.11.2015, siehe auch: [2].
  3. Joachim Bomhard, "Wir dürfen nicht schlafen“, in: Freitag, 9.12.2011, siehe auch: [3].
  4. „Ohne die Rote Armee wäre ich nicht hier, die Rote Armee hat mir das Leben gerettet.“, in: [4].
  5. Thies Marsen, Der Münchner Ernst Grube im Porträt, 16.11.2007, in: [5].
  6. Stigma Verfassungsfeind. Innenministerium stuft Naziopfer als Linksextremisten ein, Süddeutsche Zeitung, 3. Juni 2011, siehe: [6].
  7. Alle Angaben, soweit nicht anders angegeben: Andreas Glas, Kindheit im KZ. Zeitdokumente - bis zur Erschöpfung, in: Süddeutsche Zeitung, 20. Dezember 2012, siehe auch: [7].
  8. [8].
  9. Siehe HB der Stiftung bayerischer Gedenkstätten: [9].
  10. Einer der letzten Zeitzeugen. Ein Münchner, der nicht vergisst, in: Die Abendzeitung, 6.11.2015, siehe auch: [10].
  11. München leuchtet: Archiv 2002. muenchen.de, abgerufen am 3. September 2016.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ernst Grube (Malermeister) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.