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Felix Kopfstein

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Felix Kopfstein (* 1886 in Elbing / Westpreußen, gestorben 1940 an Bord der MS Patria) war Jurist.

Leben

Sein Leben wurde nach Schilderungen seines Sohnes Benjamin Kedar-Kopfstein von Schülern einer Braunschweigern Realschule auf einer Website namens "DENKT@G" festgehalten.[1][2]

Felix Kopfstein, der zunächst als Anwalt und später als Richter in Braunschweig tätig ist, wird nach dem Gesetz vom 7.4.1933 zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums” aus dem Staatsdienst entlassen. Er muss Braunschweig verlassen und findet zunächst mit seiner Frau und seinen drei Kindern Unterschlupf in Berlin. Seine Hoffnung auf Rettung erfüllt sich nicht. Er gehört zu den 250 Menschen, die 1940 vor Haifa mit einem Schiff untergehen.

Jugend und Jurastudium

(Auch dieser Abschnitt hat bei DENKT@AG seine 1:1-Entsprechung.[3])

Felix Kopfstein, geboren am 03.05.1886 in Elbing/Westpreußen, ist in Beuthen in Oberschlesien aufgewachsen. Sein Vater ist Oberrabbiner in Beuthen. Informationen über die Mutter liegen uns leider nicht vor. Felix Kopfstein selbst wird für sein Wirken für das Deutschtum ausgezeichnet.

Studium/Berufsanfang

Kopfstein macht sein Abitur in Beuthen im Jahre 1905 und studiert anschließend Rechtswissenschaft in München, Berlin, Freiburg und Breslau. Er beginnt 1908 seine Referendarausbildung im Oberlandesgerichtsbezirk Breslau. Im darauffolgenden Jahr erwirbt er den Doktortitel der Rechte.

Seit Januar 1913 ist Kopfstein Assessor im preußischen Staatsdienst bei der Nationalbank in Berlin. Ab Dezember 1913 übt er den Anwaltsberuf bis März 1914 in Hindenburg in Oberschlesien und anschließend in Beuthen aus. Seine Anwaltstätigkeit muss er für fünf Monate wegen Ableistung des Kriegsdienstes (1915/16) unterbrechen.

Richteramt

(Auch dieser Abschnitt hat bei DENKT@AG seine 1:1-Entsprechung.[4])

Folgen des 1. Weltkriegs

Kopfstein beschließt, Beuthen zu verlassen, weil er keine berufliche Zukunft in Beuthen sieht. Denn durch den Versailler Vertrag fällt ein großer Teil Oberschlesiens an Polen. Aufgrund der Volksabstimmungen, die nach dem Friedensvertrag stattfinden, wird Beuthen zur Grenzstadt. Beuthens Gerichtsbezirk schrumpft. Kopfsteins Betätigungsfeld verkleinert sich ebenfalls. Deshalb stellt er am 25.10.1921 eine schriftliche Anfrage beim Justizminister in Braunschweig, ob er bei einem Gericht im Land Braunschweig als Anwalt zugelassen werden könne.

Er übernimmt im September 1922 eine Anwaltspraxis in Seesen. Nach einer weiteren Anfrage beim Oberlandesgerichtspräsidenten wird er ab November 1922 Notar für den Kreis Gandersheim mit Sitz in Seesen.

Richteramt

Der sozialdemokratische Bildungsminister Hans Sievers wird auf Kopfstein aufmerksam, weil dieser Mitglied der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei und im Gauvorstand des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, dem Bund deutscher Kriegsteilnehmer und Republikaner, ist. Er bewirkt die Ernennung Kopfsteins zum Landgerichtsrat in Braunschweig am 01.10.1928.

Dieser Wechsel vom Beruf des Anwalts zu dem des Richters ist nach Aussage von Miosge also nicht die Idee Felix Kopfsteins gewesen. Kopfsteins Ernennung wird in der Öffentlichkeit kritisiert. Es kommt zu Protesten. Ein Abgeordneter der Nationalsozialisten richtet 1928 folgende Anfrage an den Landtagspräsidenten: „Welche Vorteile, außer der Zugehörigkeit zur jüdischen Rasse und zum Reichsbanner und der demokratischen Parteitüchtigkeit des genannten Herrn begründen es, ihn erfahrenen und befähigten deutschen Beamten des Richterstandes plötzlich überzuordnen?“ (zit. nach Dieter Miosge, Zulassung ist zurückgenommen, Braunschweig 2006, S. 79)

Zwei Jahre später, am 01.03.1930, ernennt Hans Sievers Kopfstein sogar zum Oberlandesgerichtsrat.

Nazi-Zeit

(Auch dieser Abschnitt hat bei DENKT@G seine 1:1-Entsprechung.[5])

Aufgrund seiner linksliberalen Einstellung und der Mitgliedschaft in der DDP gerät Felix Kopfstein vom 25. bis 31.3.1933 in „Schutzhaft“ in das Gefängnis Rennelberg. Am 16. Mai wird er von Heusinger, dem Präsidenten des Oberlandesgerichts, angehört. Daraufhin wird er aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 07.04.1933 zum 22. Mai aus dem Staatsdienst entlassen.

Es wird ihm eine Gehaltszahlung für weitere drei Monate gewährt, aber eine Pension sowie eine Wiederzulassung als Anwalt wird Kopfstein verweigert. Außerdem wird ihm nach seiner Entlassung die staatliche Wohnung in der Zeppelinstraße 2 in Braunschweig gekündigt. Dies geht auch aus einem Schreiben von Frau Kopfstein vom 21.01.1966 hervor:

„Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis hat man uns mit unseren 3 Kindern (damals 9, 10 und 14 Jahre alt) auch aus der Wohnung im staatlichen Haus, Braunschweig, Zeppelinstraße 2, ausgewiesen. Da uns kein Hauswirt aufnehmen wollte, sind wir nach Berlin gezogen, wo wir Verwandte hatten.“ (Schreiben von Frau Kopfstein an Herrn Moderhack, Braunschweig, 21.01.1966, Stadtarchiv Braunschweig)

Felix Kopfstein zieht mit seiner Familie nach Berlin zu seinem Bruder, bis dieser seine Stellung als Direktor eines Hüttenwerkes verliert.

1935 tritt das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ in Kraft: Eheschließungen zwischen Juden und Nichtjuden sind verboten. Dennoch geschlossene Ehen sind nichtig. Von der Gestapo wird Druck auf Gertrud Kopfstein, die Christin ist, ausgeübt, sie soll sich von ihrem Mann trennen, doch sie lehnt dies ab.

Nach Angaben von Miosge führt Frau Kopfstein einen privaten Kindergarten in Berlin; mit den Einkünften von 120 – 150 Mark kann sie die Familie über Wasser halten. Es wird ihr im Jahre 1939 die Erlaubnis zur Führung ihres privaten Kindergartens entzogen. Schließlich arbeitet sie als Stenotypistin.

Flucht nach Palästina

(Auch dieser Abschnitt hat bei DENKT@AG seine 1:1-Entsprechung.[6])

Felix Kopfstein gehört 1940 zu den 500 deutschen Juden, die mit einem Sammeltransport Deutschland verlassen können. Dazu schreibt Frau Kopfstein: „Im August 1940 kam mein Mann in einen – unter Aufsicht der Gestapo zusammengestellten – Palästina-Transport; dabei ist er ums Leben gekommen.“ (Brief von Frau Kopfstein an Herrn Moderhack, Braunschweig, 21.01.1966, Stadtarchiv Braunschweig)

Mit Hilfe der Reichsvereinigung der Juden geht es von Wien aus mit Donauschiffen nach Rumänien und von dort aus mit der griechischen „Pacific“ in den Hafen von Haifa. Dort will die britische Mandatsverwaltung die 500 deutschen Juden abschieben. Sie sollen mit der MS Patria nach Mauritius gebracht werden und nicht in Palästina an Land gehen. Sie befürchten, dass die Juden in Palästina an Macht gewinnen könnten.

Deshalb versucht die jüdische Untergrundorganisation „Hagana“, ihre Landsleute zu retten, indem sie am 25.11.1940 Sprengstoff auf das Schiff bringt. Ziel ist es, durch eine Explosion das Schiff zu beschädigen, sodass die Flüchtlinge in Palästina an Land gehen müssen. Durch die von der „Hagana“ verursachte Explosion wird das Schiff jedoch so stark zerstört, dass es sehr schnell sinkt. So ertrinken 250 Passagiere – unter diesen befindet sich auch Felix Kopfstein. Seine Familie erfährt erst 1941 von seinem Tod. Am 5.7.1946 wird Felix Kopfstein gerichtlich für tot erklärt.

Rückblick

(Auf der Website DENKT@G gehört dieser Abschnitt noch zur "Flucht nach Palästina".[7])

Wenn man einen Rückblick auf Felix Kopfsteins Leben wirft, sieht man, dass er am Anfang ein ganz normales Leben geführt hat. Dies ändert sich, als er von einem Tag auf den anderen alles verliert. Damit ist gemeint, dass er seine Stellung und seine Wohnung einbüßt und schließlich aus Deutschland ausgewiesen wird. Er will sich ein neues Leben in Palästina aufbauen. Aber es kommt nichts wie geplant, und Felix Kopfstein stirbt durch einen Fehler der jüdischen Untergrundorganisation Hagana.

Familie Kopfstein

Auch dieser Abschnitt beruht auf den Schilderungen Benjamin Kedar-Kopfsteins gegenüber den Braunschweiger Schülern.[8]

Gertrud Kopfstein

Felix Kopfstein heiratet die Christin Gertrud Kopfstein geb. Eckert (geb. 07.08.1895). Die Eheleute lernen sich wohl in Beuthen kennen. Es wird vermutet, dass das Ehepaar Kopfstein Ende des Ersten Weltkrieges geheiratet hat. Die beiden haben drei Kinder. Gemeinsam leben die Eheleute mit ihren Kindern in Beuthen, Seesen, Braunschweig und Berlin. Da sie in Berlin als Stenotypistin arbeitet, muss man annehmen, dass sie Stenographie und Maschineschreiben gelernt hat.

Weil ihr Ehemann seit 1933 nicht mehr als Anwalt arbeiten darf, ernährt sie die Familie. Sie trennt sich nicht von ihrem Mann, obwohl die Nazis dies erwarten. Als ihr Mann 1940 nach Palästina geht, bleibt sie mit ihrer Tochter Felicitas in Berlin zurück.

Gertrud Kopfstein kommt am 01.03.1949 nach Braunschweig zurück. Dort lebt sie am Lessingplatz 6. Zehn Jahre später, am 16.04.1959, zieht sie noch einmal um. Danach ist ihre neue Adresse Bankplatz 5. Gertrud Kopfstein lebt seit 1979 in einem Pflegeheim in Lübeck. Gertrud Kopfsteins Sterbedatum ist unbekannt.

Felicitas Kopfstein

Felicitas, geboren 1918, wird im Nazijargon als „Halbjüdin“ bezeichnet. Die älteste Tochter Felicitas ist aufgrund einer Scharlacherkrankung gehbehindert und leidet an einer Schüttellähmung. Felicitas wird von ihrer Mutter sicher in einem Kloster untergebracht. Ihre Mutter wohnt in der Nähe. Das Kloster wird beim Einmarsch der Russen 1945 zersört. Felicitas stirbt bereits im Alter von 27 Jahren in Berlin.

Benjamin Kopfstein

Der jüngste Sohn hat seinen eigenen Artikel: Benjamin Kopfstein.

Bemerkenswert ist, wie die Hagana sowohl im Leben von Vater als auch Sohn eine eigene fatale bzw. prägende Rolle spielt.

Hanna Kopfstein

Hanna Kopfstein (geb. 1922 in Breslau) hat ebenso wie ihr Bruder 1939 Deutschland verlassen und ist nach Palästina ausgewandert. Dort wird sie von der britischen Armee angeworben. Später heiratet sie einen britischen Soldaten, mit dem sie nach Neuseeland geht. Dort lebt sie bis zu ihrem Tod vor etwa 10 Jahren.

Einzelnachweise

Hinweis

Die Informationen dieses Jewiki-Artikels sind im wesentlichen der folgenden Website entnommen: denktag.de

Siehe auch

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