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Gerhard Palitzsch

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Gerhard Arno Max Palitzsch (geb. 17. Juni 1913 in Großopitz; gest. 7. Dezember 1944 bei Budapest) war ein deutscher SS-Hauptscharführer im KZ Auschwitz.

Leben

Palitzsch, von Beruf Landwirt, war seit Mitte März 1933 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnr. 1.965.727) und SS (SS-Nr. 79.466). Ab 1933 war Palitzsch als Angehöriger der SS-Totenkopfdivision zunächst in den Konzentrationslagern Oranienburg und Lichtenburg Wachdienst. Ab 1936 fungierte er im KZ Sachsenhausen als Blockführer und später auch als Rapportführer. Am 20. Mai 1940 traf Palitzsch mit 30 „reichsdeutschen“, kriminellen Häftlingen aus dem KZ Sachsenhausen in dem neu geschaffenen KZ Auschwitz ein. Diese „bewährten“ Häftlinge, mit den Häftlingsnummern 1 bis 30, fungierten später als Funktionshäftlinge in Auschwitz. Zunächst war er dort als Rapportführer tätig.[1] Palitzsch wandte am 11. November 1941 vor der Schwarzen Wand als erster die Methode der Einzelerschießung von Häftlingen mit dem Kleinkalibergewehr (Genickschuss) an.[2]

„Mechanisch lädt der Henker jedesmal sein Gewehr durch und führt Exekution auf Exekution durch. Entsteht einmal eine Verzögerung , dann setzt er die Waffe ab, pfeift sich ein Liedchen oder unterhält sich mit den Umstehenden über betont gleichgültige Themen. Er will mit dieser zynischen Haltung zeigen, wie wenig es ihm ausmacht, dieses Pack umzulegen, und wie hart er ist. Er ist stolz darauf, ohne jede Gewissensempfindung diese unschuldigen Menschen umzubringen. Wenn einer nicht den Kopf stillhält, dann preßt er ihm die Gewehrmündung ins Genick und drückt ihn mit dem Gesicht gegen die Wand.“[3]

Anfang September 1941 erfolgte unter Teilnahme von Karl Fritzsch und Gerhard Palitzsch im Stammlager die erste Massenvergasung, bei der etwa 900 sowjetische Kommissare und selektierte Kranke mit Zyklon B getötet wurden.[4][5] Als Rapportführer hatte er in der Folgezeit auch die Aufsicht über den Vergasungsvorgang der jüdischen Häftlinge und war ab 1942 zudem auch im Männerlager von Auschwitz-Birkenau tätig.[2] Nach der Einrichtung des „Zigeunerlager Auschwitz“ wurde Palitzsch im Juni 1943 dessen Leiter.[6]

Nachdem die Ehefrau von Palitzsch im November 1942 an Typhus verstorben war, verfiel Palitzsch zunehmend dem Alkohol und hatte mehrere Affären, unter anderem auch mit weiblichen Häftlingen. Im „Zigeunerlager“ wurde er mit dem weiblichen Häftling Vera Luca/Lukans in eindeutiger Situation in flagranti erwischt. Aufgrund von Untersuchungen bezüglich Diebstahls und Korruption sowie Rassenschande wurde Palitzsch verhaftet und kurzzeitig im Stammlager des KZ Auschwitz im Bunker des Blocks 11 zusammen mit KZ-Häftlingen arrestiert. Am 1. Oktober 1943 wurde er als Lagerführer in das Außenlager Brünn des KZ Auschwitz III Monowitz strafversetzt. Einen Monat nach seiner Versetzung wurde er aufgrund seiner Taten erneut verhaftet, in das Strafvollzugslager Danzig-Matzkau verlegt und von einem SS- und Polizeigericht wegen seiner Taten zum Tode verurteilt. Ein mitinhaftierter Pole sowie Otto Küsel beschrieben später, dass Palitzsch privat d.h. in Haft ein ganz anderer Mensch gewesen sei und wie selbstverständlich das unter Häftlingen übliche Du verwandte. In der Folge wurde Palitzsch jedoch begnadigt und im Juni 1944 aus der SS ausgeschlossen. Danach wurde er, rangmäßig degradiert, einer Bewährungseinheit zugeteilt.[7] Palitzsch starb am 7. Dezember 1944 bei Kampfhandlungen in Ungarn, noch vor der Schlacht um Budapest.[8]

Zitat

„Palitzsch war die gerissenste und verschlagenste Kreatur, die ich während meiner langen, vielseitigen Dienstzeit bei den verschiedenen KL kennengelernt habe. Er ging buchstäblich über Leichen, um seine Machtgelüste zu befriedigen.“[9]

Literatur

  • Wacław Długoborski, Franciszek Piper (Hrsg.): Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz., Verlag Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau, Oswiecim 1999, 5 Bände: I. Aufbau und Struktur des Lagers. II. Die Häftlinge - Existentzbedingungen, Arbeit und Tod. III. Vernichtung. IV. Widerstand. V. Epilog., ISBN 83-85047-76-X.
  • Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg.): Auschwitz in den Augen der SS. Oświęcim 1998, ISBN 83-85047-35-2
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0
  • Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz. Frankfurt am Main, Berlin Wien, Ullstein-Verlag, 1980, ISBN 3-548-33014-2

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Aleksander Lasik: Die Organisationsstruktur des KL Auschwitz, in: Aleksander Lasik, Franciszek Piper, Piotr Setkiewicz, Irena Strzelecka: Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations und Vernichtungslagers Auschwitz., Band I: Aufbau und Struktur des Lagers, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau, Oświęcim 1999, S. 232.
  2. 2,0 2,1 Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg.): Auschwitz in den Augen der SS. Oświęcim 1998, S. 240
  3. SS-Unterscharführer Pery Broad über die Exekutionen in Block 11 Zitiert bei: Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg.): Auschwitz in den Augen der SS. Oswiecim 1998, 439.
  4. Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau (Hrsg.): Auschwitz in den Augen der SS. Oswiecim 1998, S.64f
  5. Eintrag 3. September 1941 bei Chronologie des Holocaust
  6. Aleksander Lasik: Die Organisationsstruktur des KL Auschwitz, in: Wacław Długoborski, Franciszek Piper (Hrsg.): Auschwitz 1940-1945. Studien zur Geschichte des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz., Oswiecim 1999, Band 1: Aufbau und Struktur des Lagers, S. 238
  7. Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz. Frankfurt am Main, Berlin Wien 1980, S. 457-458
  8. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945., Frankfurt am Main 2005, S. 448
  9. Lagerkommandant Rudolf Höß über Gerhard Palitzsch Zitiert bei: Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz. Frankfurt am Main, Berlin Wien 1980, 439.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Gerhard Palitzsch aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.