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Hardboiled detective

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Der „hardboiled detective“ (auch: „hard-boiled“, deutsch: „hartgesottener Ermittler oder Polizist“) ist eine archetypische Figur des anglo-amerikanischen Kriminalromans.

Eigenschaften

Der „hardboiled detective“ ist ein Asphaltcowboy, nur den eigenen Vorstellungen von Recht verpflichtet. „My ethics are my own“, sagt beispielsweise Race Williams, der von Carroll John Daly geschaffene Urvater aller abgebrühten Privatdetektive bereits in The Snarl of the Beast (1927).[1] Dieser Figurentypus hat eine illusionslose bis zynische Sicht auf die Welt. Er steht selber am Rande der Legalität, neigt teilweise zur Selbstjustiz und nimmt wenig bis keine Rücksicht auf geltende Rechtsnormen und Gesetze. Notfalls macht er auch skrupellos von der Schusswaffe Gebrauch und lebt in latentem oder offenem Konflikt mit der Polizei – letzteres teilweise auch deshalb, weil er früher selbst Polizist war und den Dienst quittiert hat. So war beispielsweise Raymond Chandlers Philip Marlowe früher Assistent des Bezirksstaatsanwalts, der ihm Insubordination vorwarf, wie Marlowe in The Big Sleep (1939) nicht ohne Berufsstolz bemerkt.

Das Verhalten des „hardboiled detective“ entspricht einem an Kraft und Härte orientierten Männlichkeitsideal. Er ist üblicherweise Kettenraucher und schätzt hochprozentige Getränke. Sein Verhältnis zum anderen Geschlecht ist komplex oder ambivalent. Als Mann ist er durchaus an Frauenbekanntschaften und sexuellen Abenteuern interessiert, zeigt jedoch zumeist eine frauenfeindliche Einstellung und oftmals ein vergleichsweise hohes Maß an Frauenverachtung. Soweit es die klassischen gebrochenen Romanfiguren der 1930er bis 1950er Jahre betrifft, ist in jüngster Zeit zu diesen archetypischen Charaktereigenschaften allerdings ein differenzierteres Bild gezeichnet worden.[2]

Als Ermittler agiert er in einem sozialen Umfeld, das auf allen Ebenen – einschließlich der staatlichen und polizeilichen Instanzen – von Gewalt und Korruption geprägt ist. Vor diesem Hintergrund agiert der hartgesottene Ermittler seinerseits mit verbaler und physischer Gewalt, einerseits um durch Einschüchterung an Informationen zu kommen, andererseits um sich in den gefährlichen und oftmals lebensbedrohlichen Situationen zu behaupten, in die er im Laufe seiner Untersuchungstätigkeit immer wieder gerät. Einzelne „hardboiled detectives“ wie etwa Mickey Spillanes Mike Hammer zeigen dabei nicht nur die für die Figur typische hohe Gewaltbereitschaft, sondern darüber hinaus ein regelrechtes Vergnügen an roher Gewalt und brutaler Aggression.[3]

Geschichte

Als literarische Vorläufer dieses Typs gelten die frauenlosen, einsamen und gewaltbereiten Helden von James Fenimore Cooper, Herman Melville oder Jack London. Im Kriminalroman werden diese Einzelgänger im 20. Jahrhundert als „hardboiled detectives“ aus der Wildnis in die Stadt verpflanzt. Eine literarisch bemerkenswerte erste Ausprägung erfährt dieser Typus in den Figuren eines Philip Marlowe (geschaffen von Raymond Chandler) und Sam Spade (von Dashiell Hammett), die beide aus der Literatur ins Kino des Film noir wandern sollten. Das gilt auch für weitere Detektivfiguren Hammetts, so für den anonymen sogenannten „Continental Operative“, der in den Romanen Red Harvest (1929) und The Dain Curse (1929) meist nur als der „Op“ angesprochen wird, und für Ned Beaumont aus The Glass Key (1931). Im Gegensatz zu den anderen erwähnten Charakteren ist der „Op“ nicht selbständig, sondern Angestellter der Continental Detective Agency. Wie es diesen Figuren entspricht, verhält er sich aber trotzdem einzelgängerisch.

Der Typus erwies sich in der Folgezeit als erstaunlich export- und wandlungsfähig. So schuf die Amerikanerin Sara Paretsky im Jahre 1982 die Figur der weiblichen Privatdetektivin V. I. Warshawski, die als emanzipierter „hardboiled detective“ charakterisiert werden kann. Eine weitere zeitgenössische Erscheinung des „hardboiled detective“ ist der Privatermittler Burke, ein Ex-Krimineller, der Jagd auf pädophile Sexualstraftäter macht, und von 1985 bis 2008 Held in den Romanen des New Yorkers Andrew Vachss. In Europa dürfte der Pariser Autor Léo Malet mit Nestor Burma den ersten „hardboiled detective“ geschaffen haben, in Dänemark Dan Turèll mit seinem namenlosen Journalisten, den er seit Mord i mørket (1981) in zwölf Romanen auftreten und wie eine Chandler-Figur agieren ließ. In der deutschsprachigen Krimiliteratur ist derzeit der deutschtürkische Ermittler Kemal Kayankaya des Autors Jakob Arjouni als „hardgesottener“ Detektiv anzusprechen; auch er gelangte mit Doris Dörries Film Happy Birthday, Türke! ins Kino.

Der europäische Gegentyp

Das Gegenstück zum Archetyp des „hardboiled detective“ ist der vor allen Dingen in der europäischen Kriminalliteratur heimische melancholische Kommissar. Seine Tradition beginnt in Frankreich mit dem Kommissar Jules Maigret von Georges Simenon, im deutschsprachigen Raum mit dem Wachtmeister Studer von Friedrich Glauser oder im spanischsprachigen Raum in den Protagonisten der novela negra, zu deren Autoren beispielsweise Juan Madrid gehörte. Sie wird heute von diversen Autoren fortgeführt, beispielsweise mit der Figur des schwedischen Kommissars Kurt Wallander von Henning Mankell.

Literatur

  • Gabriele Dietze: Hardboiled Woman. Geschlechterkrieg im amerikanischen Kriminalroman. Europäische Verlags-Anstalt, Hamburg 1997, ISBN 3-434-50411-7 (zugleich Dissertation, Berlin, Freie Universität, 1996: Genre und Gender).
  • Nina Schindler (Hrsg.): Das Mordsbuch. Alles Über Krimis. Claassen, Hildesheim 1997, ISBN 3-546-00122-2.
  • Martin Compart (Hrsg.): Noir 2000. Ein Reader (= DuMont Noir. 22). DuMont, Köln 2000, ISBN 3-7701-5018-X.
  • Jerold G. Abrams: From Sherlock Holmes to the Hard-Boiled Detective in Film Noir. In: Mark T. Conard (Hrsg.): The Philosophy of Film Noir. The University Press of Kentucky, Lexington KY 2006, S. 69–88, ISBN 0-8131-2377-1.
  • Armin Jaemmrich: Hard-boiled Stories und Films noirs: Amoralisch, zynisch, pessimistisch? Eine Analyse zu Dashiell Hammett, Raymond Chandler, James M. Cain, Cornell Woolrich, W.R. Burnett und anderen Autoren sowie zu maßgeblichen Films noirs. A. Jaemmrich, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-00-039216-0.
  • Hannah Scharf: Wolf Haas und der Kriminalroman. Unterhaltung zwischen traditionellen Genrestrukturen und Innovation. Diplomica Verlag, Hamburg 2014, ISBN 978-3-8428-7129-8.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach Jaemmrich: Hard-boiled Stories und Films noirs, S. 30.
  2. Vgl. hierzu insgesamt Jaemmrich: Hard-boiled Stories und Films noirs. Siehe auch Scharf: Wolf Haas und der Kriminalroman, S. 52–59.
  3. Vgl. Scharf: Wolf Haas und der Kriminalroman, S. 52 f.
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