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Ironie

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Beispiel für Ironie (etwa: „Ich kann mir kein richtiges Schild leisten“)

Ironie (griechisch εἰρωνεία eironeía, wörtlich „Verstellung, Vortäuschung“) bezeichnet einerseits eine rhetorische Figur (rhetorische Ironie oder auch instrumentelle Ironie),[1] bei der sich der Sprecher verstellt. Damit verbindet der Sprecher dennoch die Erwartung, dass der wahre Sinn seiner Äußerung verstanden werde, wenn auch vielleicht nicht von jeder Person respektive nicht von jeder Person in vollem Umfang. Andererseits bezeichnet Ironie seit dem Ende des 18. Jahrhunderts auch eine literarisch-philosophische Haltung (romantische Ironie).

Rhetorische Ironie

Die einfachste Form der rhetorischen Ironie besteht darin, das Gegenteil von dem zu sagen, was man meint (im dritten Beispiel wird unten eine kompliziertere Form gezeigt). Um Missverständnissen vorzubeugen, kann Ironie dabei von sogenannten Ironiesignalen (Mimik, Gestik, Betonung, Anführungszeichen usw.) begleitet sein, die den Zuhörer erkennen lassen, dass der Sprecher das Gesagte nicht wörtlich, sondern ironisch verstanden wissen will.

In der Regel beruht das Verstehen von Ironie darauf, dass Sprecher und Hörer wissen, dass sie bestimmte Überzeugungen teilen, man spricht auch von „geteilten Wissensbeständen“. Die ironische Äußerung verstößt scheinbar gegen die geteilten Wissensbestände, der Sprecher verletzt die Erwartung des Hörers, dass gemeinsame Wissensbestände beachtet werden. Als theoretisches Modell zur Erklärung der Entschlüsselung der ironischen Äußerung gilt die Theorie der konversationellen Implikaturen von Paul Grice. Diese Theorie liefert Kriterien zur Entdeckung, jedoch keinen Hinweis auf die Funktion der Ironie.

In der Linguistik wird diese Funktion als Bewertungskommunikation diskutiert.[2][3] Die ironische Äußerung thematisiert indirekt Wertungen, die mit dem Inhalt der geteilten Wissensbestände verbunden sind, um diese dann zu korrigieren; nicht, wie es der landläufigen Meinung entspricht, um sie umzukehren, sondern um sie nach unten hin zu korrigieren. Warum Ironie die gemeinte Bewertung nicht direkt, sondern indirekt ausdrückt, ist bisher nicht abschließend geklärt. Derzeit werden mehrere Ansätze parallel verfolgt: Die Anzeige einer Bewertungskluft zwischen dem Geschehen und Gemeinten[4] oder die Kommunikation zusätzlicher Beziehungsbotschaften (z. B. dass bei geteilten Wertvorstellungen trotz der ironisch formulierten Kritik die Beziehung noch in Ordnung ist – der ironisch Sprechende zeigt durch die ironische Indirektheit an, dass er den ironisch Kritisierten als einsichtig einschätzt und er so auf eine offene direkte Kritik verzichten kann).[5] Obwohl Ironie Bewertungskommunikation ist, müssen die fraglichen Bewertungen nicht von Sprecher und Hörer geteilt werden. Zum Verständnis der Ironie reicht es aus, dass beide um die Bewertung des anderen wissen.

Die erfolgreiche Verwendung von Ironie zeugt nicht nur von der erfolgreichen Reflexion des eigenen Wissens, sondern auch vom erfolgreichen Erkennen des Wissens des Gegenübers und ist daher Ausdruck der Fähigkeit, die Gedanken des anderen vorwegzunehmen und zu reflektieren. Im Diskurs wird dieses Ausdrücken von intellektueller Überlegenheit teilweise selbst wieder funktionalisiert. In hierarchischen Situationen, z. B. Dozent-Student, spricht man in diesem Zusammenhang auch vom „Ironierecht“, das fast ausnahmslos dem höhergestellten Kommunikationspartner zusteht.

Beispiele von Ironie

  • A hat einen Stapel Geschirr fallen lassen. Daraufhin sagt B: „Prima machst du das!“ – Das geteilte Wissen besteht in diesem Fall darin, dass sowohl A als auch B wissen, dass es keineswegs lobenswert ist, einen Stapel Geschirr fallen zu lassen. Indem B ein vermeintliches Lob ausspricht, beachtet er dieses Wissen scheinbar nicht. Die Erkennung der Verstellung beruht darauf, dass der Hörer dies ebenfalls weiß und darüber hinaus auch weiß, dass der Sprecher dies weiß.
  • Ein Familienvater rügt eine Geldausgabe mit der Äußerung: „Wir haben’s ja.“ – Der Vater geht hier davon aus, dass das Kind um die Beschränktheit der finanziellen Mittel der Familie weiß. Wiederum müssen beide um die Geteiltheit dieses Wissens wissen (ausführliche Diskussion des Beispiels → Verstehensmodell der rhetorischen Ironie).
  • Die häufig gegebene Definition des gegenteiligen Meinens des Gesagten trifft das Wesen der Ironie nicht ganz: Auf die Frage nach den Fähigkeiten eines (stets gut gekleideten) Politikers wird mit den Worten „Er ist stets außerordentlich gut gekleidet.“ geantwortet. – Dies ist ein als Lob verkleideter Tadel. Indem lobend eine unwesentliche Fähigkeit herausgestellt wird, wird ironisch angedeutet, dass es mit seinen (wichtigen) politischen Fähigkeiten nicht weit her ist. Die Ironie lässt sich hier aber nicht darauf reduzieren, dass das Gegenteil von dem Gesagten gemeint ist. Denn dies wäre die Aussage, dass er sich hin und wieder schlecht kleidete, und es würde sich um eine ironische Kritik an schlechter Kleidung handeln. Der ausgesagte Sachverhalt ist aber korrekt.

Verstehensmodell der rhetorischen Ironie

Die ironische Äußerung verstößt gegen geteilte Wissensbestände, von deren Geteiltheit Sprecher und Adressat wissen. So müssen im zweiten obigen Beispiel Vater und Kind beide davon ausgehen, dass die finanziellen Mittel der Familie beschränkt sind. Die Äußerung des Vaters „Wir haben’s ja“ ist in ihren Augen falsch. Da das Kind weiß, dass dem Vater bekannt ist, dass es dies ebenfalls glaubt, kann es nicht annehmen, dass der Vater sich irrt oder lügt, sondern es muss glauben, dass er absichtlich etwas Falsches sagt, ohne täuschen zu wollen. Aus seiner Sicht verstößt das Gesagte gegen die Grice’sche Konversationsmaxime der Qualität, „Versuche einen Gesprächsbeitrag zu liefern, der wahr ist“. Da nach dem Kooperationsprinzip das Kind davon ausgeht, dass der Vater ihm etwas mitteilen will und dabei an die Wissensbestände des Kindes anknüpft, versucht das Kind jetzt einen Sinn zu konstruieren. Dazu muss es eine Implikatur bilden, sodass mit diesem erschlossenen Gemeinten die Aussagen den Konversationsmaximen genügt. Nach dem Grice’schen Kommunikationsmodell geschieht dies dadurch, dass der Hörer versucht, die mit der Äußerung verbundene Intention des Sprechers herauszufinden.

Welchen Zweck verfolgt der Vater gegenüber dem Kind, wenn er absichtlich etwas falsches sagt? Indem erkannt wurde, dass die Äußerung unwahr ist, musste sich das Kind bewusst machen, dass die finanziellen Mittel der Familie beschränkt sind. Nun aktiviert das Kind weiteres Weltwissen, z. B. „Man darf keine unnützen Ausgaben machen“ oder „Väter erziehen ihre Kinder, u. a. zur Sparsamkeit“. Aus diesem Weltwissen heraus erkennt das Kind jetzt die Intention des Vaters, das Kind darauf hinzuweisen, dass man generell keine unnützen Ausgaben machen soll, auch wenn es in diesem Einzelfall geschehen ist. Es fühlt sich ermahnt, in Zukunft derartige Ausgaben zu vermeiden, und hat somit das ironisch Gemeinte erschlossen.

Misslingen der Ironie im Verstehensmodell

Das Verstehensmodell ist mehrstufig und auf jeder Stufe gibt es mögliche Ursachen für das Misslingen der Ironie, das Missverstehen der ironischen Äußerung.

  • Die Wissensbestände sind doch nicht geteilt: Ginge im Beispiel das Kind beispielsweise fälschlicherweise davon aus, dass die Familie reich wäre, hätte der Vater sich somit geirrt, so misslänge die Kommunikation, da aus Sicht des Kindes der Vater gegen die Maxime der Quantität verstoßen hätte, dass also aus dieser Sicht die Äußerung keine neue Information enthielte. Das Kind würde also versuchen einen Sinn darin zu finden, dass der Vater etwas Selbstverständliches sagt. Dies wäre in jedem Fall nicht das ironisch Gemeinte, im Falle, dass die Konstruktion eines Sinnes misslänge, verstünde das Kind einfach nur „Bahnhof“.
  • Der Adressat weiß doch nicht um die Geteiltheit des Wissens: Wüsste im Beispiel das Kind zum Beispiel von der Mutter um die Beschränktheit der finanziellen Mittel, und dass der Vater häufig so tut, als wäre er reich, so würde das Kind davon ausgehen, dass der Vater es anlügt, um vor dem Kind als reich dazustehen.
  • Das Kind ist (noch) nicht in der Lage, die Intention des Vaters zu konstruieren: Hat das Kind erkannt, dass der Vater absichtlich etwas Falsches gesagt hat, so muss das Kind gemäß obigem Modell versuchen, die Intention hinter der Äußerung zu erkennen. Hat das Kind beispielsweise noch nicht ausreichendes Weltwissen, hat zum Beispiel ein Kind bisher immer nur gesehen, dass das Geld aus dem Geldautomaten kommt, weiß es noch nicht, dass man keine unnützen Ausgaben tätigt usw., so kann es noch nicht die richtige Intention erschließen bzw. erkennen. Beispielsweise würde es stattdessen meinen, der Vater würde irgendeinen Scherz machen. Das Kind ist noch nicht ironiefähig, da es noch nicht in der Lage ist, komplexe Sprecherintentionen zu erkennen.[6][7]

Selbstironie

Selbstironie ist eine Ironie, deren unmittelbare Zielscheibe die eigene Rolle oder Meinung ist und die daher eine spielerische, relativierende oder sogar kritische Haltung sich selbst gegenüber einnimmt. Selbstironie gilt daher oft als Zeichen von Humor und sympathischer Bescheidenheit bzw. steht, aufgrund ihrer immanenten Selbstkritik, auch für eine generell undogmatische Lebenseinstellung. Entsprechend häufig ist sie daher auch in der Kunst (Literatur, Film, Theater) zu finden und wird von der Kunstkritik als Qualitätsmerkmal thematisiert. Ihr Fehlen wird nicht selten als künstlerisches Manko kritisiert. Dass sie ihm völlig abging, wird als hervorstechender Charakterzug Adolf Hitlers gesehen. Dagegen wappnet sich Thomas Mann – für Marcel Reich-Ranicki Hitlers Gegenpol des Deutschtums – mit Selbstironie gegen alle Zweifel.

Siehe auch: Doktor Faustus

Sokratische Ironie

Als sokratische Ironie bezeichnet man häufig ein sich klein machendes Verstellen (man stellt sich dumm), um den sich überlegen wähnenden Gesprächspartner in die Falle zu locken, ihn zu belehren oder ihn zum Nachdenken zu bringen. Gemeint ist hiermit ein echtes Verstellen, das im Gegensatz zur rhetorischen Ironie nicht unbedingt als Verstellung erkannt werden will. Dieser Ironiebegriff entspricht der Bedeutung zur Zeit Sokrates’ und auch noch Aristoteles’.[8] Erst mit der Ausbildung der Rhetorik bekam der Begriff der Ironie seine heutige Bedeutung. Als echtes Verstellen galt in der Antike die Ironieverwendung auch als moralisch verwerflich. Sokrates bezeichnete seine Art der Gesprächsführung als Hebammenkunst (Mäeutik). Die sokratische Ironie ist allerdings eine Fehlinterpretation von außen, z. B. aus Sicht des Alkibiades in Platons Symposion, und keine Beschreibung von Sokrates’ wahrer Einstellung. Tatsächlich verstellte sich Sokrates nicht; er war von seinem Nichtwissen überzeugt[9] (zur weiteren Diskussion der Frage „Verstellen“ versus „Echtes Nichtwissen“ → Sokrates: Abschnitt Sinn und Methode Sokratischer Dialoge). Der Philosoph ist kein Weiser, er strebt nach Weisheit. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird mit dem Begriff der sokratischen Ironie aber doch zumeist auf ein echtes sich klein machendes Verstellen verwiesen.

Ironie in der Literatur

In der Literatur kommt Ironie in allen Formen vor: Zum einen wird rhetorische bzw. sokratische Ironie in Unterhaltungen z. B. zwischen Romanfiguren inszeniert. Hierbei kümmert sich der Autor dann auch darum, dass der Leser erkennt, dass die Romanfiguren rhetorisch bzw. sokratisch-ironisch kommunizieren. Andererseits ist Literatur auch eine monodirektionale Kommunikation zwischen Autor und Leser. Hierbei gibt es bezüglich der Verwendung von rhetorischer Ironie das Problem, dass der Autor im Allgemeinen keine Kenntnis vom Wissensstand des Lesers hat. Dieses Problem kann der Autor z. B. dadurch lösen, dass er den Leser zunächst auf gleiche Augenhöhe bringt, sich also darum kümmert, dass der Leser über das nötige Wissen zur Entschlüsselung der Ironie verfügt. In der anspruchsvollen Literatur jedoch wird die Verantwortung für das Erkennen und Entschlüsseln der Ironie (z. B. durch genaues Studium von Werk, Autor und Literatur im Allgemeinen) ausschließlich dem Leser übertragen. Dabei nimmt der Autor bewusst in Kauf, dass seine Ironie nicht von jedem verstanden wird (was immer wieder vorkommt; siehe beispielsweise die Fernsehsendung Ein Herz und eine Seele).

In der Literaturkritik ist eine weitere Form von Ironie von Bedeutung: In der Romantik wurde mit Ludwig Tieck, besonders aber mit Friedrich Schlegel, der Begriff der Ironie um eine literarische Haltung erweitert, die später als romantische Ironie bezeichnet wurde. Diese zeichnet sich durch eine Distanz zum eigenen Werk aus, die beispielsweise dadurch erreicht wird, dass der Schaffensprozess selbst thematisiert wird, etwa durch Einflechten von Reflexionen über das Schreiben des aktuellen Romans. Das Adjektiv „romantisch“ verweist hier auf das erste Auftreten des Begriffs.

Allerdings ist der Begriff der romantischen Ironie nicht eindeutig. Er wurde insbesondere seit dem Ende des 19. Jahrhundert ausführlich diskutiert und erfuhr dabei verschiedene philosophische Differenzierungen (unter anderem → Objektive Ironien und Ironiker). Ironie, jetzt nicht mehr eindeutig Verstellung, sondern „schwebend“ zwischen dem Gesagten und dem klassisch ironisch Gemeinten, wird zur philosophischen Haltung. Thomas Mann beschreibt diese Ironie als heitere Ambiguität.[10] Mit ihr könne er die Antinomien des Lebens aussöhnen, aus dem „Entweder-oder“ ein „Sowohl-als-auch“ machen. Dieses Geltenlassen bedeutet ihm, ähnlich wie Goethe, ein Mehr an Objektivität, denn „Ironie aber ist immer Ironie nach beiden Seiten hin.“[11] Auch schon für Friedrich Schlegel galt: „Ironie ist klares Bewusstsein der ewigen Agilität, des unendlich vollen Chaos.“[12]

Die mit der Bezeichnung romantische Ironie beschriebenen Haltungen lassen sich bis in die Literatur der Antike zurückverfolgen und spielen bis in die heutige Zeit für Literatur (und auch für Film und Theater) eine wichtige Rolle.

Im 20. Jahrhundert wurde insbesondere durch Richard Rorty der Begriff der Ironie weiterentwickelt zu einer philosophischen Haltung, die sich durch eine ironische Distanz zur eigenen Sprache auszeichnet.

Eine weitere Form der literarischen Ironie, die schon in der antiken Tragödie verwendet wurde, ist die dramatische oder tragische Ironie. Hierbei erscheint der Protagonist ahnungslos, während seine Katastrophe für den Leser/Zuschauer usw. erkennbar bevorsteht.

Was die Erkennbarkeit von Ironie in der Literatur betrifft, so soll Heinrich Heine, nicht ohne Ironie, die Einführung eines Ironiezeichens analog zum Ausrufezeichen gefordert haben, um Missverständnisse zu vermeiden. Im Französischen wurde ein solches Zeichen, der point d’ironie vom Schriftsteller Alcanter de Brahm erfunden – es hat sich aber nicht durchsetzen können.

Objektive Ironien und Ironiker

Eine Sichtweise der Funktionsweise der verbalen Ironie (z. B. bei Tadel durch Lob) ist die, dass man ausspricht, was man eigentlich erwartet hätte, aber eben ironisch kritisiert, dass stattdessen das Gegenteil eingetreten ist (siehe z. B. die ironische Verwendung „Das ist ja eine tolle Party“, eben wenn sie nicht gerade berauschend ist). Dieses hinter der verbalen Ironie stehende Prinzip, dass statt des Erwarteten genau das Gegenteil eingetreten ist, wird Anfang des 19. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Diskussion um die romantische Ironie als allgemeines Prinzip entwickelt und der Begriff der Ironie um dieses allgemeine Prinzip erweitert. Die Ironie wird losgelöst von der verbalen Ironie und man sieht jetzt auch Ironie in Dingen, in Pseudoobjekten, welche kein Bewusstsein haben, z. B. in der Welt, im Schicksal, der Geschichte, der Natur, in Situationen, im Kosmos. Die sich hieraus ergebenden Ironien, die Ironie der Welt, Ironie des Schicksals, Ironie der Geschichte usw., werden, da es kein ironisches Subjekt gibt, als objektive Ironien bezeichnet. Diese objektiven Ironien benötigen stets einen Zuschauer, ein Subjekt, den Ironiker, welcher die Ironie bemerkt.[13] Der Ironiker in diesem Sinne ist jemand, der in der Welt den Widerspruch zwischen Ideal (als dem gemeinhin Erwarteten) und Wirklichkeit als eine objektive Ironie erkennt (vergleiche z. B. die oben beschriebene Bewusstseinshaltung des Thomas Mann).[14]

Ironie im Journalismus

Was das Mittel der Ironie im Journalismus angeht, so entstehen dort die gleichen Erkennbarkeitsprobleme wie im Literaturabschnitt beschrieben. Wendet sich eine Zeitschrift an ein spezielles Publikum, so kann Ironie durchaus selbstverständlich sein. Je breiter das Publikum jedoch ist, an das sich ein Journalist richtet, desto größer ist die Gefahr, dass Ironie an einem Teil der Adressaten vorbeigeht. Daher die unter Publizisten übliche Warnung: Ironie versteht der Leser nie. In den Medien ist sie deshalb, von unfreiwilliger Ironie abgesehen, fast nur in Reservaten anzutreffen. Glossen beispielsweise sind zumeist klar als solche gekennzeichnet und haben oft einen festen Stammplatz (Rubrik in der Zeitung, Sendeplatz im Rundfunk).

Ironie im Internet

Bei der Kommunikation im Internet (beispielsweise in Mitteilungsforen, E-Mails und Chats) pflegen die Partner einen eher lockeren Umgangston. Mit besonderen Zusätzen können sie Gedanken andeuten, die über das geschriebene Wort hinausgehen, zum Beispiel Gefühle und auch Ironie:

  • Emoticons als Ersatz für begleitende Mimik (z. B. ;-))
  • Inflektive (auch Erikativ genannt) und begrenzt Lautmalereien als Gestik-Ersatz (z. B. *grins*, *zwinker*)
  • Versalschrift, Textdicke, -farbe, -größe (u. a. wie -laufweite) dienen zur Hervorhebung als Alternative zur Satzbetonung (z. B. NEIN, wie kommst du denn DARAUF?)
  • Gestik, Mimik und Betonung, die bei der schriftlichen Kommunikation nicht sichtbar sind, werden oft durch sichtbare Pseudo-HTML- oder BB-Codes ersetzt. Beispiele sind <ironie>Ja, natürlich!</ironie> oder [ironie]Nein, niemals![/ironie], wobei oft nur der schließende HTML-Tag geschrieben wird.
  • Außerdem wird immer öfter ein doppelter Zirkumflex ^^ (der auch das japanische horizontale Emoticon für lächeln/grinsen ist) besonders bei der vernetzten Kommunikation der Jugendlichen zur Erkennung ironischen Inhalts verwendet.

Mehr dazu siehe Netzjargon.

Siehe auch

Literatur

  • Gerd Althoff, Christel Meier-Staubach: Ironie im Mittelalter. Hermeneutik – Dichtung – Politik. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2012, ISBN 978-3-534-72507-6.
  • Ernst Behler: Klassische Ironie, romantische Ironie, tragische Ironie. Zum Ursprung dieser Begriffe. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1981, ISBN 3-534-05741-4.
  • Wayne Booth: A Rhetoric of Irony. University of Chicago Press, Chicago 1974, ISBN 0-226-06552-9.
  • Martin Hartung: Ironie in der Alltagssprache. Eine gesprächsanalytische Untersuchung. Dissertation an der Uni Freiburg. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 1998, ISBN 3-531-13013-7. (PDF; 998 kB)
  • Vladimir Jankélévitch: Die Ironie. Suhrkamp, Berlin 2012, ISBN 978-3-518-58588-7.
  • Uwe Japp: Theorie der Ironie. Klostermann, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-465-01575-4.
  • Roland Mugerauer: Sokratische Pädagogik. Ein Beitrag zur Frage nach dem Proprium des platonisch-sokratischen Dialoges. Dissertation an der Uni Heidelberg. 2. verbesserte Auflage. Tectum-Verlag, Marburg 2011, ISBN 978-3-8288-2752-3, besonders S. 36–63 und S. 71–77.
  • Wolfgang Müller: Ironie, Lüge, Simulation und Dissimulation und verwandte Termini. In: Christian Wagenknecht (Hrsg.): Zur Terminologie der Literaturwissenschaften. Würzburg 1986, ISBN 3-476-00619-0, S. 189–208.
  • Heinrich Plett: Einführung in die rhetorische Textanalyse. 8. Auflage. Buske, Hamburg 1991, ISBN 3-87118-082-3.
  • Georg Picht: Die Ironie des Sokrates. In: Hier und Jetzt. Philosophieren nach Auschwitz und Hiroshima. Band 1. Klett-Cotta, Stuttgart 1980, ISBN 3-12-936320-3, S. 221–238.
  • Richard Rorty: Contingency, Irony, and Solidarity. (Deutsch: Richard Porty: Kontingenz, Ironie und Solidarität. Übersetzt von Christa Krüger. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-518-28581-5.)
  • Bettina Schubarth: Ironie in Institutionen. Die Reflexion gesellschaftlichen Wissens im ironischen Sprechen. Iudicium, München 2001, ISBN 3-89129-138-8.
  • C. Jan Swaeringen: Rhetoric and Irony: Western Literacy and Western Lies. Oxford University Press, New York 1991, ISBN 0-19-506362-7.
  • Helmut Willke: Ironie des Staates. Grundlinien einer Staatstheorie polyzentrischer Gesellschaft. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-518-58115-5.

Weblinks

Wiktionary: Ironie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Ironie – Zitate

Einzelnachweise

  1. Norbert Groeben, Brigitte Schelen: Produktion und Rezeption von Ironie. Band 1, Narr, Tübingen 1984, ISBN 3-87808-863-9, S. 2.
  2. Helga Kotthoff: Spaß verstehen. Zur Pragmatik von konversationellem Humor. Niemeyer, Tübingen 1998, ISBN 3-484-31196-7, S. 334–337
  3. Siehe auch die empirischen Bestätigungen in Martin Hartung: Ironie in der Alltagssprache. Eine gesprächsanalytische Untersuchung. 1998.
  4. Helga Kotthoff: Spaß verstehen. Zur Pragmatik von konversationellem Humor. Niemeyer, Tübingen 1998, ISBN 3-484-31196-7, S. 336.
  5. Monika Schwarz-Friesel: Expressive Bedeutung und E-Implikaturen. Zur Relevanz konzeptueller Bewertungen bei indirekten Sprechakten: Das Streichbarkeitskriterium und seine kognitive Realität. In: W. Rudnitzky (Hrsg.): Kultura kak tekst. (deutsch „Kultur als Text“). SGT, 2010. (PDF; 314 kB)
  6. Martin Hartung: Ironie in der Alltagssprache. Eine gesprächsanalytische Untersuchung. 1998, S. 41–44; Diskussion Grice’scher Konversationsmaximen, Gemeinsame Wissensbestände: S. 59 (auch Fußnoten), S. 61, S. 80, S. 150–152; Misslungene Ironie: S. 157.
  7. Helga Kotthoff: lronieentwicklung unter interaktionslinguistischer Perspektive. 2007. (PDF; 210 kB)
  8. Aristoteles: Nikomachische Ethik. 1227a.
  9. Georg Picht: Die Ironie des Sokrates. In: Hier und Jetzt. Philosophieren nach Auschwitz und Hiroshima. Band 1, 1980, S. 221–238.
  10. Am 13. Oktober 1953 notiert er im Tagebuch: „Heitere Ambiguität im Grunde mein Element.“
  11. Thomas Mann: Betrachtungen eines Unpolitischen. S. Fischer, Berlin 1918, S. 592.
  12. Philosophische Lehrjahre: Kritische Ausgabe. Band 18, Nr. IV 411.
  13. Uwe Japp: Theorie der Ironie. 1983, S. 55.
  14. Uwe Japp: Theorie der Ironie. 1983, S. 52–59.
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