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Ivo Andrić

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Ivo Andrić (kyrillisch Иво Андрић; * 9. Oktober 1892 in Dolac bei Travnik; † 13. März 1975 in Belgrad) war ein jugoslawischer Schriftsteller, Diplomat, Politiker und Literaturnobelpreisträger.

Leben

Andrić stammte aus einer katholischen Handwerkerfamilie mit Vater Antun und Mutter Katarina (geb. Pejić), die in Sarajevo beheimatet war. Er wurde während eines Besuchs seiner Mutter bei Verwandten in Dolac geboren und am selben Tag getauft. Andrić war zwei Jahre alt, als sein Vater an Tuberkulose starb. Seine Mutter konnte ihn nicht ernähren, daher wuchs er bei der Schwester seines Vaters, Ana, und deren Ehemann Ivan Matkovščik in Višegrad auf.

Er absolvierte die Mittelschule (srednja škola) in Višegrad und das Gymnasium in Sarajevo. Nach 1912 studierte er mit durch den Ersten Weltkrieg bedingten Unterbrechungen Philosophie, Slawistik und Geschichte in Zagreb, Wien, Krakau und Graz. Er erhielt ein Stipendium der Kroatischen Gesellschaft für Kultur und Bildung. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde er als Mitglied der revolutionären Organisation Mlada Bosna, und da er einem der in das Attentat von Sarajevo verwickelten Attentäter Unterschlupf gewährt hatte, von den österreichisch-ungarischen Behörden gesucht und in Split verhaftet. Dort verbrachte ein Jahr im Gefängnis. Andrić wurde anschließend nach Ovčarevo (Travnik) und Zenica verbannt, bis er 1917 amnestiert wurde. Er begab sich nach Zagreb in ärztliche Behandlung und begründete dort die literarische Zeitschrift Književni jug („Literarischer Süden“) (1918).

Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete er im Zagreber Nationalrat mit, dessen Deklaration der Union von Serbien, Kroatien und Slowenien zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen und schließlich zum Königreich Jugoslawien führte. Er begab sich 1919 nach Belgrad und trat im Februar 1920 ins dortige Außenministerium ein. Zwischen 1920 und 1923 war er so in den Konsulaten im Vatikan, Bukarest, Triest und Graz tätig. 1924 promovierte er an der Karl-Franzens-Universität Graz über „Die Entwicklung des geistigen Lebens in Bosnien unter der Einwirkung der türkischen Herrschaft“. Bis 1941 war er weiter im diplomatischen Dienst des jugoslawischen Königreiches in Paris, Madrid, Brüssel, Genf und Berlin. 1939 wurde Andrić Mitglied der Serbisch-königlichen Akademie und im gleichen Jahr außerordentlicher Gesandter des Königreichs Jugoslawien im Deutschen Reich. Unter seiner Leitung fand auch 1940 der Einzug in das neu erbaute Gebäude der Jugoslawischen Gesandtschaft in Berlin statt. In dieser Zeit ging er bei Carl Schmitt ein und aus. 1941 suchte er um seine Abberufung als Botschafter Jugoslawiens im Deutschen Reich nach, musste aber noch als offizieller Repräsentant Jugoslawiens dem Dreimächteabkommen vom 25. März in Wien beiwohnen. Nach der Bombardierung Belgrads am 7. April boten ihm die Deutschen an, in die Schweiz auszureisen. Er zog es aber vor, nach der Internierung des Personals der jugoslawischen Botschaft und der Konsulate am Bodensee vom 7. April bis zum 31. Mai 1941, nach Belgrad zurückzukehren, wo er aus dem diplomatischen Dienst ausschied und zurückgezogen an seinen großen Romanen arbeitete.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Andrić Vorsitzender des Jugoslawischen Schriftstellerverbandes, Abgeordneter des Jugoslawischen Parlaments und später Filmzensor. 1954 wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei Jugoslawiens und unterzeichnete als erster das Abkommen von Novi Sad über die serbokroatische Sprache. 1958 heiratete er seine langjährige Lebensgefährtin Milica Babić, mit der er bis zu ihrem Tod 1968 zusammenlebte; nach der Hochzeit zog er sich völlig aus der Öffentlichkeit nach Travnik zurück. 1961 erhielt er den Nobelpreis für Literatur „für die epische Kraft, mit der er Motive und Schicksale aus der Geschichte seines Landes gestaltet“.

Werke

Datei:Ivo andric statue.jpg
Denkmal für Ivo Andrić in Belgrad
Datei:Grob Ive Andrića.jpg
Sein Grab in Belgrad

Nachdem Andrić zuerst Gedichte und Erzählungen verfasst hatte, wurde er durch die 1945 erschienenen Romane der „Bosnischen Trilogie“ (Na Drini ćuprija, Gospođica und Travnička hronika), insbesondere durch den erstgenannten, der auf Deutsch unter dem Titel Die Brücke über die Drina erschienen ist, weltberühmt. In seinen Romanen und Erzählungen befasst er sich vor allem mit dem bosnischem Leben und bosnischer Geschichte sowie mit dem Nebeneinander von Orient und Okzident. Seine politische Haltung drückte sich in seinen Werken aus, er war ein Anhänger des jugoslawischen multiethnischen Staatsgedankens, stellte aber andererseits gerade die Problematik des Zusammenlebens verschiedener Kulturen dar. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg stellte er sich in den Dienst des – jetzt sozialistischen – jugoslawischen Staates.

  • Ex ponto, Prosa 1918 (dt. Ex Ponto, 2012, Übersetzung Gero Fischer)
  • Nemiri, Prosa 1920 (dt. Unruhen, 2012, Übersetzung Gero Fischer)
  • Put Alije Đerzeleza, Erzählung 1920 (dt. Der Weg des Alija Djerzelez, 1947)
  • Die Entwicklung des geistigen Lebens in Bosnien unter der Einwirkung der türkischen Herrschaft. Dissertation. Universität Graz, Graz 1924 (Neuausgabe Wieser Verlag, Klagenfurt 2011, ISBN 978-3-85129-899-4)
  • Most na Žepi, Erzählungen, 1925 (dt. Die Brücke über die Zepa, 1963)
  • Anikina Vremena, 1931 (dt. Anikas Zeiten)
  • Portugal, zelena zemlja, 1931
  • Gedichte, dt. in: Kroatische Dichtung, 1933
  • Španska stvarnost i prvi koraci u njoj, 1934
  • Razgovor sa Gojom, Essay 1936 (dt. Goya 1962)
  • Die Novellen, dt. Wien 1939
  • In der Klosterherberge; dt. in: Kroatische und bosnische Novellen, Wien 1940
  • Na Drini ćuprija, Roman 1945 (dt. Die Brücke über die Drina, 1953)
  • Gospođica, Roman 1945 (dt. Das Fräulein, 1958)
  • Travnička hronika, Roman 1945 (dt. Wesire und Konsuln, 1961)
  • Na Nevskom prospektu, 1946
  • Na kamenu, u Počitelju,
  • Zlostavljanje, 1950 (dt. Die Misshandlung)
  • Priča o vezirovom slonu, 1948 (dt. Der Elefant des Wesirs)
  • Prokleta avlija, Novelle 1954 (dt. Der verdammte Hof, 1957)
  • Igra, 1956
  • Aska i vuk, 1960 (dt. Aska und der Wolf, 1983)
  • O priči i pričanju, beseda povodom dodele Nobelove nagrade, 1961
  • Gesichter. dt. Erzählungen 1962
  • Sämtliche Erzählungen in 3 Bänden, dt. 1962-1964
  • Jelena žena koje nema, Erzählungen 1963 (dt. Jelena, 1967)
  • Die Männer von Veletovo. dt. Erzählungen 1963
  • Ljubav u kasabi, 1963 (dt. Liebe in einer kleinen Stadt. Jüdische Geschichten aus Bosnien)
  • Die Geliebte des Veli Pascha. dt. Novellen 1964
  • Priče iz detinjstva, 1967 (dt. Geschichten aus der Kindheit)
  • Die Frau auf dem Stein. dt. Erzählungen 1967
  • Eseji i kritike, 1976 (dt. Essays und Kritiken)
  • Znakovi pored puta, 1976 (dt. Wegzeichen, 1982)
  • Šta sanjam i šta mi se događa, lirske peme koje su objavljene posthumno 1918
  • Omerpaša Latas, posthum 1977 (dt. Omer-Pascha Latas, 1979)
  • Na sunčanoj strani, Roman, posthum
  • Das Haus in der Einsamkeit dt. 1987
  • Buffet Titanic. Erzählungen. dt. Wieser, Klagenfurt 1995, ISBN 978-3-85129-757-7
  • Die verschlossene Tür. Erzählungen. dt. Zsolnay, Wien 2003, ISBN 978-3-552-05262-8
  • Lyrik und lyrische Prosa. Ex Ponto, dt. von Miloš Okuka und Gero Fischer. Wieser, Klagenfurt 2012, ISBN 978-3-99029-010-1.

Ehrungen

Andrić erhielt zahlreiche Ehrungen durch den jugoslawischen Staat und ist der weltweit bekannteste und am meisten übersetzte Autor der südslawischen Literaturen (Übersetzungen in 40 Sprachen). Heute wird Andrić sowohl von Serbien als auch von Bosnien-Herzegowina und Kroatien geehrt, obwohl sein politisches Wirken auch nicht immer unumstritten ist. Neben Straßenbenennungen, Denkmälern, Briefmarkenausgaben und anderen Ehrungen gibt es in Belgrad ein ihm gewidmetes Museum. Dieses wird von der Ivo-Andrić-Stiftung betrieben, die auch seit dem Todesjahr des Autors jährlich eine nach ihm benannte Auszeichnung an zeitgenössische serbischsprachige Autoren vergibt, den Andrić-Preis.

In Višegrad entsteht nach einem Projekt des Filmregisseurs Emir Kusturica der idealisierte Nachbau einer mittelalterlichen serbischen Stadt, Andrićgrad genannt. In dessen Zentrum wurde am 28. Juni 2012, dem Vidovdan, ein Denkmal für Ivo Andrić eingeweiht.[1] Das Projekt wird insbesondere von der bosniakischen Volksgruppe in Bosnien und Herzegowina kritisiert, da es eine einseitige serbische Geschichtsdarstellung manifestiere. [2]

Verfilmungen

Literatur

  • Miranda Jakiša: Bosnientexte. Ivo Andrić, Meša Selimović, Dževad Karahasan. Lang, Frankfurt a.M. 2009, ISBN 978-3-631-57715-8.
  • Peter Thiergen (Hg.). Ivo Andrić 1892-1992. Beiträge des Zentenarsymposions an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, München 1995 (= Vorträge u. Abhandlungen zur Slavistik, Bd. 25)
  • Miranda Jakiša. Literatur als Archiv und Ort des Kulturtransfers: Die Habsburgermonarchie und die Osmanen bei Ivo Andrić. In: Das Osmanische Reich und die Habsburgermonarchie. Akten des internationalen Kongresses zum 150-jährigen Bestehen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Wien, 22.-25. September 2004, Wien/München 2005, S. 635-646.
  • Markus Klein: Ivo Andrić (1892-1975) – Autorenporträt (= „Scholien aus San Casciano“ – ISSN 2199-3548 – ID 2014030)

Weblinks

 Commons: Ivo Andrić – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ivo Andrić aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.