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Judenkirchhofsfeld

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Gedenkstein Judenkirchhofsfeld, neben der B 3.

Das Judenkirchhofsfeld ist eine historische Bezeichnung für die Flurstücke 159, 160/1 und 160/2 gegenüber dem großen Flurstück „Lathwiesen“ südlich der Stadt Einbeck, im Überschwemmungsgebiet der Ilme. Es wird heute landwirtschaftlich genutzt. Hier befand sich ein frühneuzeitlicher jüdischer Friedhof.

Der mittelalterliche jüdische Friedhof

Der mittelalterliche jüdische Friedhof, urkundlich 1454 genannt („de olde jodenkerkhove“), befand sich (nicht genauer lokalisierbar) vor dem Altendorfer Tor und wurde bis etwa 1582 genutzt.[1] In einer Urkunde des Jahres 1582 wird er noch einmal erwähnt: die Salzderheldener Schäfer sollen im Winter „sobald man durch die Reinser Landwehr kommt, zwischen der Landstraße und den Weiden (welche mit Steinen vermalet werden sollen), bis an den Juden-Kirchhof“ die Brache nutzen.[2]

Dieser Friedhof wurde zerstört, die Grabsteine als Baumaterial verkauft. Danach lebten etwa 100 Jahre keine jüdischen Familien mehr in Einbeck.

Nach dem Brand der Einbecker Neustadt 1826 entdeckte Moritz Falk im Brandschutt einen Grabstein, der datiert war auf den 11. Tevet 5160, d. h. den 10. Dezember 1399. Man stellte den Stein hinter der Alten Synagoge auf. Harland schrieb darüber: „Hinter der hiesigen Synagoge befindet sich ein Leichenstein, welcher der Inschrift zufolge gegen 460 Jahre alt sein muß. Dieser Leichenstein fand sich zufällig im Hause eines Christen, als nach dem großen Brande vom Jahre 1826 überall aufgeräumt wurde.“[3] Der Fundort des Steins war das Eckgrundstück Altendorfer Straße / Marktstraße, auf dem 1827 ein Neubau errichtet wurde (um 1900 Kolonialwarenhandlung Propfe),[4] heute Marktstraße 46. 1906 heißt es, er sei der unvollständig erhaltene Grabstein einer Frau.[5]

Seit 1961 ist dieser Grabstein verschollen.

Der Friedhof im Judenkirchhofsfeld

Als sich im späten 17. Jahrhundert wieder eine jüdische Gemeinde bildete, erhielt sie als Friedhof nur ein Grundstück, das zu diesem Zweck völlig ungeeignet war, nämlich das Judenkirchhofsfeld. Es befand sich etwa 1 km vor dem Benser Tor, aber noch innerhalb der Einbecker Landwehr. Wenn die Ilme Hochwasser führte, waren Bestattungen dort gar nicht möglich. Die Grabhügel wurden abgespült, die Wege waren unpassierbar.

Benutzung bis 1828

Auf der Flurkarte 18 von Koven (1747) begegnen folgende Flurnamen: „Juden Kirch-Hoff“, „der Juden Pfuhl“, „auf den Juden Kirch-Hoffe“.[6]

1787 bezahlte die jüdische Gemeinde die Anpflanzung einer Hecke, damit das Gelände gegen Beweidung geschützt war. 1788 wurde das Friedhofsareal durch Zukauf vergrößert. 1828 war der Friedhof vollständig belegt, da Grabstätten gemäß jüdischem Recht auf ewig bestehen. So wurde ein Garten vor dem Ostertor an der Taterngasse (heute Rabbethgestraße) als neuer jüdischer Friedhof eingerichtet. Über die Situation auf dem alten jüdischen Friedhof schrieb der Gemeindevorsteher Elias Hirsch Meyersberg, durch seine einsame Lage sei er dem Vandalismus ausgesetzt. Die Grabsteine seien „mutwillig verstümmelt und zerbrochen.“[7] Die Hecke sei zerstört, Pfosten und Pfähle der Einfriedung seien gestohlen.

Bis zur Zerstörung 1940

Das Weiterbestehen des alten Friedhofs und seiner Gräber blieb aber ein Anliegen der jüdischen Gemeinde Einbeck; so lehnte sie 1865 ein Kaufangebot der Verkoppelungskommission ab, die dort einen Exerzierplatz einrichten wollte und vorschlug, die Grabsteine zum neuen Friedhof Rabbethgestraße zu überführen. Der Friedhof besaß damals eine Natursteinmauer, auch befand sich dort zuletzt ein alter Baumbestand.

1940 nötigte die Stadtverwaltung Einbeck das einzige verbliebene Mitglied des jüdischen Gemeindevorstands, die 5 ar 3 qm große Parzelle an die Stadt zu verkaufen. Der Verkaufspreis wurde gleich einbehalten, um damit das komplette Abräumen des Friedhofs und die Beisetzung der Gebeine in einem Sammelgrab zu bezahlen.[8] Daraufhin wurde das Judenkirchhofsfeld zwecks landwirtschaftlicher Nutzung verpachtet.

Situation heute

Im Rahmen der Wiedergutmachungsverhandlungen wurde das Judenkirchhofsfeld an die JTC übergeben. Heutiger Eigentümer ist der Landesverband jüdischer Gemeinden in Niedersachsen e. V.

Als die Umgehungsstraße 1993 gebaut wurde, deren Trasse direkt am Judenkirchhofsfeld vorbeiführt, ließ die Stadt Einbeck einen Gedenkstein[9] aufstellen mit folgendem Text:

„Judenkirchhofsfeld. An dieser Stelle liegt seit dem späten Mittelalter ein jüdischer Friedhof. Er wurde am Ende des 16. Jahrhunderts im Zusammenhang mit den Judenverfolgungen zerstört, aber vom 18. Jahrhundert bis 1827 erneut als Friedhof genutzt. 1940 wurde er vom NS-Regime endgültig zerstört.“

Koordinaten (Gedenkstein): 51°48'15.6"N 9°52'57.4"E

Literatur

  • Thomas Kellmann: Stadt Einbeck. (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Band 7.3), Michael Imhof Verlag 2017, S. 476–477. ISBN 978-3-7319-0511-0
  • Werner Prieß: Eingebunden in das Bündel des Lebens. Jüdische Friedhöfe in der Stadt Einbeck. In: Elke Heege (Hrsg.): Verloren, aber nicht vergessen. Jüdisches Leben in Einbeck. Oldenburg (Isensee) 1998, ISBN 3-89598-562-7, S. 73–89.

Einzelnachweise

  1. Thomas Kellmann: Stadt Einbeck. S. 476.
  2. H. L. Harland: Geschichte der Stadt Einbeck. 2, Einbeck 1859, S. 229.
  3. H. L. Harland: Geschichte der Stadt Einbeck. 2, S. 153 (Kellmann dagegen meint, der Stein sei bei der Alten Synagoge aufgefunden worden. (S.476)).
  4. Werner Prieß: Eingebunden in das Bündel des Lebens. S. 77.
  5. Einbeck. In: Jewish Encyclopaedia. Abgerufen am 9. Januar 2018: „An old and mutilated tombstone still exists to record the interment of a Jewess in the year 5160 (= 1400).“
  6. Thomas Kellmann: Stadt Einbeck. S. 477.
  7. Thomas Kellmann: Stadt Einbeck. S. 477.
  8. Werner Prieß: Eingebunden in das Bündel des Lebens. S. 79.
  9. Jüdische Geschichte und Verfolgung. In: Topographie der Einnerung - Südniedersachsen. Abgerufen am 9. Januar 2018 (Grob unrichtig ist die Lokalisierung im Dorf Amelsen): „An der Umgehungsstraße am alten jüdischen Friedhof am Reinser Tor in Amelsen, dem sogenannten Judenkirchhofsfeld, steht seit 1993 ein Gedenkstein.“

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