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Kollektivismus

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Unter Kollektivismus wird ein System von Werten und Normen verstanden, in dem das Wohlergehen des Kollektivs die höchste Priorität einnimmt. Die Interessen des Individuums werden denen der Gruppe untergeordnet. Der Gegensatz dazu ist der Individualismus.

Das Kollektiv kann eine Klasse, ein Volk, ein Betrieb oder jede andere Art von Gemeinschaft sein. Kollektivistische Normensysteme verlangen Solidarität, oder „Kameradschaft“ und „Volksgemeinschaft“, Gemeinschaftsgefühl oder auch Liebe, Letzteres insbesondere in religiösen und familiären Kollektiven.

Mit Sätzen wie "Gemeinnutz geht vor Eigennutz" oder "Eigentum verpflichtet" (so etwa Artikel 14 des deutschen Grundgesetzes) wird das Interesse der Gemeinschaft vor das des Einzelnen gestellt, wobei bedacht werden muss, dass die Gemeinschaft ja auch wiederum aus Individuen im Sinne des Utilitarismus (s. o.) besteht. Auch wenn die individuelle Freiheit den Einschränkungen der Gemeinschaft unterliegt (besonders innerhalb der Familie), bedeutet dies nicht, dass das Individuum abgewertet wird. Der Kollektivismus als Wertesystem ist weiterhin durch hohe Loyalität, Verantwortung und Hilfsbereitschaft, aber auch Selbstkontrolle gekennzeichnet. Wie auch der Individualismus, ist auch der Kollektivismus kein starres Konstrukt, d.h. nur weil in einer Gesellschaft überwiegend kollektivistische Werte vorliegen, bedeutet dies nicht, dass in ihr nicht auch individualistische Werte zu finden sein könnten.

Die meisten politischen Systeme und Ideologien stellen sich nicht einseitig auf die Seite von Kollektivismus oder Individualismus, sondern vertreten unterschiedliche gemäßigte Positionen.

Als politische Ideologien des Kollektivismus gelten insbesondere Kommunismus, Sozialismus, Nationalismus und der Nationalsozialismus, deren Verständnis von Kollektivität sich jedoch wesentlich voneinander unterscheidet. Religiös sind es vor allem Klostergemeinschaften. Wenn der Einsatz für das Kollektiv vom einzelnen auf Willensentscheidung gründet, spricht man von Altruismus. Diesen beansprucht auch der Kollektivismus für sich.

In der Analyse kultureller Merkmale ist der Vergleich von Individualismus und Kollektivismus in deren Ausprägung bei Ländern, Unternehmen, sozialen Gruppen, aber auch Einzelpersonen eine von mehreren beurteilbaren, bewussten und teilweise auch sichtbaren Dimensionen.

Wissenschaftstheorie

Als Methodologischer Kollektivismus wird ein soziologischer Untersuchungsansatz bezeichnet, der von der Annahme ausgeht, dass das individuelle Verhalten auf Einflüsse der Gesellschaft zurückgeführt werden kann. Danach ist auch das Verhalten von gesellschaftlichen Gruppen nicht (restlos) durch das Verhalten von Individuen erklärbar. Dem Methodologischen Kollektivismus steht als Untersuchungsansatz der Methodologische Individualismus gegenüber.

Kulturvergleich in der psychologischen Forschung

Es gibt Untersuchungen im Bereich der kulturvergleichenden Psychologie, welche sich auf individualistische bzw. kollektivistische Kulturen beziehen. In der Regel wird das Verhalten von Versuchspersonen aus eher individualistischen und eher kollektivistischen Kulturen verglichen. Wichtige Forschungsbeiträge stammen u. a. von Nisbett, Kitayama und Markus. Einige ihrer Untersuchungen als Beispiel:

  • Man zeigt Probanden ein Bild, auf dem eine Unterwasserszene dargestellt ist. Man sieht zwei größere und mehrere kleine Fische, außerdem Seegras etc. Die Versuchspersonen werden gebeten, die Darstellung zu beschreiben. Personen aus eher kollektivistischen Kulturen beschreiben v. a. den Hintergrund, die generelle Szene mit allen Fischen - gehen also eher holistisch vor. Personen aus westlichen Kulturen beschreiben hingegen in vielen Fällen eher einen der sehr großen, das Bild dominierenden Fische.
  • Versuchspersonen werden mehrere Stifte vorgelegt. Alle Stifte bis auf einen gleichen sich exakt in ihrem Aussehen, ein Stift hat jedoch eine auffällig andere Farbe. Asiaten wählen zu ca. 65 % einen der gleichfarbigen Stifte. Amerikaner wählen zu einem deutlich höheren Anteil den einzelnen andersfarbigen Stift.
  • Den Versuchspersonen wird ein kleines aufgezeichnetes Quadrat vorgelegt. In diesem Quadrat befindet sich eine eingezeichnete Linie, die genau ein Drittel der Seitenlänge des Quadrates lang ist. Den Personen wird nun ein zweites, kleineres Quadrat ohne Inhalt vorgelegt und sie werden gebeten, in dieses ebenfalls eine Linie zu zeichnen. Dabei werden sie entweder angewiesen, eine Linie einzuzeichnen, die die gleiche Länge wie die andere hat, oder sie sollen eine Linie mit den gleichen Proportionen wie die andere Linie zu dem umgebenden Quadrat zeichnen. Asiaten zeichnen die Linie akkurater, wenn sie sich an den Proportionen orientieren sollen. Amerikaner zeichnen die Linie akkurater, wenn sie sich an der Länge der Linie selbst orientieren sollen.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass Individualismus und Kollektivismus im Kulturvergleich keine Gegenpole einer einheitlichen Dimension sind, sondern zwei vollkommen unabhängige Dimensionen; tatsächlich korrelieren Individualismus und Kollektivismus im Kulturvergleich exakt Null.[1]

Kritik

Kritiker des Kollektivismus bezeichnen diesen als Einschränkung der individuellen Freiheit und als Vorstufe zum Totalitarismus.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. D. Oyserman, H.M. Coon, M. Kemmelmeier: Rethinking individualism and collectivism: Evaluation of theoretical assumptions and meta-analyses. In: Psychological Bulletin. 128, 2002. S. 3–72.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Kollektivismus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.