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Nowaja Semlja

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Nowaja Semlja
NASA-Bild von Nowaja Semlja
NASA-Bild von Nowaja Semlja
Gewässer Arktischer Ozean
Geographische Lage 74° 0′ N, 56° 0′ O7456Koordinaten: 74° 0′ N, 56° 0′ O
Nowaja Semlja (Arktis)
Nowaja Semlja
Anzahl der Inseln 2 Hauptinseln
Hauptinsel Südinsel (Nowaja Semlja)
Nordinsel (Nowaja Semlja)
Gesamtfläche 90.650 km²
Einwohner 2429 (2010)
Oben: Franz-Joseph-Land. Mitte: Nowaja Semlja. Rechts: Jamal-Halbinsel und Obbusen
Oben: Franz-Joseph-Land.
Mitte: Nowaja Semlja. Rechts: Jamal-Halbinsel und Obbusen

Nowaja Semlja (russisch Новая Земля/Nowaja Semlja ‚neues Land‘) ist eine russische Doppelinsel, die westlich der innereurasischen Grenze im Nordpolarmeer liegt und zu Europa gezählt wird. Sie ist Teil der Oblast Archangelsk.

Geographie

Die leicht sichelförmige Doppelinsel ist die östliche Begrenzung der Barentssee und die westliche der Karasee. Letztere ist das innereurasische Mündungsmeer der großen sibirischen Ströme Ob und Jenissei und ist bedeutsam für das feuchte Inselklima.

Die fast unbewohnte Inselgruppe besteht aus zwei großen Inseln (Nordinsel und Südinsel) und vielen kleinen Inseln und zahlreichen Eilanden. Zusammen haben sie eine Fläche von 90.650 km². Getrennt werden die beiden Hauptinseln durch die sehr schmale Meerenge Matotschkin Schar. Nowaja Semlja ist insgesamt knapp 900 Kilometer (Mittellinie) lang und liegt zwischen 470 und 1175 Kilometer jenseits des nördlichen Polarkreises:

  • Die Südinsel (Juschny ostrow), die aus dem Nordpolarmeer bis zu 1342 Meter hoch aufragt, ist mit 33.275 km² die sechstgrößte Insel Europas. Im Gegensatz zur Nordinsel herrschen hier vorwiegend Tundra und Frostschuttwüsten, obwohl sie immer noch etwa 71 bis 73 Grad vom Äquator entfernt ist.

Drittgrößte Insel des Archipels ist Meschduscharski im Südwesten. Als südliche Fortsetzung von Nowaja Semlja können die Waigatsch-Insel, die sich südöstlich der an die Südinsel grenzenden Karastraße anschließt, das Pai-Choi-Gebirge, das südöstlich der an Waigatsch grenzenden Jugorstraße auf dem Festland liegt, und der Ural, der sich südlich der Karasee und direkt vom Pai-Choi-Gebirge ausgehend nach Süden erstreckt und die Grenze zwischen Europa und Asien bildet, angesehen werden.

Klima

Klimadiagramm von Malyje Karmakuly

Das Klima, das von der Karasee und den Strömen, die in diese münden, mitbestimmt wird, ist arktisch mit strengen Wintern und kühlen Sommern. Nur während einiger Wochen im Sommer ist die Westküste von Nowaja Semlja schneefrei.

Die jährliche Durchschnittstemperatur liegt bei der Wetterstation Malyje Karakuly an der Westküste der Südinsel bei −5,7 °C; die wärmsten Monate sind der Juli und der August mit jeweils 6,0 °C, die kältesten der Januar und der März mit −15,0 °C. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt 317 mm und ist über das Jahr recht gleichmäßig verteilt, mit einem leichten Maximum von August bis Oktober.

Geschichte

Die Russen kennen Nowaja Semlja trotz seiner nördlichen Lage wahrscheinlich schon seit dem 11. und 12. Jahrhundert. Doch erst im 16. Jahrhundert wurden Westeuropäer auf die Doppelinsel (z. T. als Nova Zembla latinisiert, heute noch der niederländische Name) aufmerksam, als nach einer möglichen Nordostpassage von Europa zum Pazifik gesucht wurde. 1553 sichtete Sir Hugh Willoughby die Insel als erster Westeuropäer, ging aber nicht an Land. Auf Gerhard Mercators großer Weltkarte von 1569 ist sie bereits als Nova Zemla verzeichnet. 1594–1597 erforschte der Niederländer Willem Barents die Inseln, unternahm dabei die erste Überwinterung in der Arktis und starb 1597 dort. Von den Holländern wurden die Inseln nach J. N. Bellin auf seiner 1758 in Paris erschienenen Inselkarte „Neu-Holland“ benannt.

Die erste Samojeden-Siedlung entstand 1872 am Kostin Schar an der Westküste der Südinsel. 1875 wurde eine Rettungsstation in Malyje Karmakuly gegründet, bald darauf auch die dortige meteorologische Station. 1894 wurde eine regelmäßige Dampferverbindung von Archangelsk nach Nowaja Semlja eingerichtet. Anfang der 1940er Jahre lebten auf der Doppelinsel etwa 350 Menschen in zehn Kolonien, davon eine an der Ostküste der Nordinsel.[1]

Von 1907 bis 1913 erkundete der russische Geologe Wladimir Alexandrowitsch Russanow das Gebiet in sechs Expeditionen. Er entdeckte die zahlreichen Rohstoffvorkommen auf den Inseln, 1908 gelang ihm die erste West-Ost-Durchquerung Nowaja Semljas, 1910 navigierte er erstmals rund um die Nordinsel, 1911 umschiffte er die Südinsel.

Im Sommer des Jahres 1943 brachte das deutsche U-Boot U 387 eine automatische Wetterstation nach Nowaja Semlja. Das Gerät mit dem Tarnnamen "Gerhard" wurde südlich der Inonstranzewa-Bucht aufgestellt. "Gerhard" erfasste selbstständig Wetterdaten und funkte sie verschlüsselt an den deutschen Marinewetterdienst. Ein Jahr später brachte das U-Boot ein weiteres Wetterfunkgerät nach Nowaja Semlja. Dieses trug den Codenamen "Erich" und wurde an der Nordseite der Bucht eingerichtet.[2]

Atomtestgebiet

Karte der verklappten Reaktoren in der Region um Nowaja Semlja

Ab 1955 wurde Nowaja Semlja unter dem Codenamen „Objekt 700“ für Kernwaffenversuche der Sowjetunion genutzt.[3] Unter anderem wurde über diesem Gelände auch die sogenannte Zar-Bombe getestet, die mit 57 Megatonnen TNT-Äquivalent die größte je gezündete Kernfusionswaffe ist. Insgesamt wurden in dem Gebiet bis 1990 in drei Zonen 130 Kernwaffenversuche durchgeführt, darunter 88 atmosphärische, 39 unterirdische und drei unter Wasser.[3] Laut verschiedener Berichte lagern auf der Insel und in den Gewässern davor große Mengen radioaktiven Mülls.[4][5]

Einwohner und Wirtschaft

Die Inseln, die ein „munizipales Gebilde“ (munizipalnoje obrasowanije) mit dem Status eines Stadtkreises (gorodskoi okrug) der Oblast Archangelsk bilden, haben heute 2429 Einwohner (Volkszählung 2010), davon 1972 im Hauptort Beluschja Guba an der Westküste der Südinsel und 457 im 12 km entfernten Rogatschowo. Weitere ständig bewohnte Ortschaften gibt es nicht. Die meisten Einwohner gehören der Urbevölkerung an, den Nenzen. Die Fischerei und die Pelztier­jagd, insbesondere auf den Polarfuchs, spielen für Nowaja Semlja eine große Rolle.

Südlich in der Barentssee wird Offshore das Priraslomnoje-Ölfeld mit etwa 73 Millionen Tonnen erschlossen.[6] Daneben werden auf den Inseln Kupfer und Steinkohle abgebaut.

Geophysik

Verschiedene Forschungsstationen auf den Inseln dienen der Meteorologie und der Geophysik. Unter anderem werden Wind- und Meeresströmungen, das Erdmagnetfeld und die Polarlichter erforscht. Eine Vertiefung solcher Forschungen erfolgte ab dem Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957/58 und auch durch spätere internationale Kooperationen.

Um 1980 untersuchten New Yorker Geophysiker die Aufzeichnungen starker seismischer Wellen, die zwei russische Nukleartests auf Nowaja Semlja 1971 und 1974 hervorgerufen hatten. Zunächst berechneten sie daraus, dass der innere Erdkern jährlich um ein Grad rascher rotiert als der Erdmantel. Diese wissenschaftliche Sensation hielt aber nicht lange, weil sie auf einer fehlerhaften Annahme fußte.

Ein weiteres Projekt analysierte nicht die am Erdkern reflektierten, sondern die gestreuten Bebenwellen (→ Seismik). Aus den Differenzen der Laufzeiten von 1971/74 errechneten die Wissenschaftler, dass der Kern tatsächlich dem Erdmantel „vorauseilt“, aber nur um 0,15 Grad pro Jahr. Diese Resultate[7] sind bedeutungsvoll für die Physik des ganzen Erdkörpers und auch für Erdrotation und Astronomie.

Weblinks

 Commons: Nowaja Semlja – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Leonid Breitfuss: Das Nordpolargebiet. Seine Natur, Bedeutung und Erforschung, Springer-Verlag, Berlin 1943, S. 101.
  2. Franz Selinger: Von „Nanok“ bis „Eismitte“. Meteorologische Unternehmungen in der Arktis 1940–1945. Convent, Hamburg 2001, ISBN 3-934613-12-8, Seite 311.
  3. 3,0 3,1 Nuclear Explosions in the USSR: The North Test Site Reference Material (PDF; 1,5 MB) Internationale Atomenergieorganisation. Dezember 2004. Abgerufen am 11. Februar 2010.
  4. http://www.berliner-zeitung.de/archiv/drei-zdf-reportagen-ueber-bisher-geheime-regionen-der-ehemaligen-sowjetunion-die-zeitbombe-auf-objekt-700,10810590,9221006.html
  5. Öko-Test: Wohin mit dem Atommüll? (Archivlink)
  6. Rosneft to Transport Siberian Oil through the Northern Sea Route (Archivlink)
  7. Nature, Band 405

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