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Ohnmachtsspiel

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Beim sogenannten Ohnmachtsspiel oder Würgespiel wird absichtlich eine Ohnmacht herbeigeführt, welche auf einer reflektorischen Verlangsamung des Herzschlags, Blutdruckabfall und somit einem akuten Sauerstoffmangel im Gehirn beruht. Das Aufwachen kann mit einem durch den Sauerstoffmangel (Hypoxämie) bedingten euphorischen Gefühl oder Traum verbunden sein. Möglich sind verschiedene Verfahren, zum Beispiel Hyperventilation, gefolgt von Strangulation, Zusammenpressen des Brustkorbs, Atmen gegen Widerstand (ähnlich dem Valsalva-Versuch) oder Abdrücken der Halsschlagader. In der Jugendsprache sind zahlreiche weitere Bezeichnungen (Halstuchspiel, Tomatenspiel, Pilotentest, Bluttest) bekannt.

Anlass und Wirkungsweise

Es handelt sich bei diesem Verfahren um die Herbeiführung eines Sauerstoffmangels. Vor allem Jugendliche suchen auf diese Weise Erfahrung in ungewöhnlichen Bewusstseinszuständen. Motive können Mutproben, Gruppendruck und pubertäre Experimentierlust sein.

Die autoerotische Selbststrangulation zur Steigerung des sexuellen Empfindens (vgl. Atemkontrolle) wird im Allgemeinen nicht zum Ohnmachtsspiel gezählt und vor allem von Erwachsenen praktiziert.

Die durch den geringen Sauerstoffpartialdruck im Blut verursachte Asphyxie kann bleibende Hirnschäden verursachen.[1] Insbesondere die gefährliche Strangulationsmethode hat unter anderem in den Vereinigten Staaten (Choking Game) und in Frankreich (Jeu du foulard, frz. für „Halstuchspiel“) zu Todesfällen geführt.[2]

Geschichte

Im südfranzösischen Ort Manosque soll die Praktik bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts vielfach angewendet worden sein. Der aus diesem Ort stammende Schriftsteller Jean Giono hat die Methode in seiner 1948 entstandenen Novelle Faust au village beschrieben.[3] In England soll das Spiel ebenfalls schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg verbreitet gewesen sein.[4]

Todesfälle

Eine Auswertung von Medienberichten durch die U.S. Centers for Disease Control and Prevention (CDC) identifizierte 82 mit dem Spiel in Zusammenhang stehende Todesfälle von amerikanischen Jugendlichen zwischen 6 und 19 Jahren im Zeitraum 1995 bis 2007 – die meisten davon bei dem gescheiterten Versuch, sich ohne Mitspieler mit Hilfsmitteln, wie zum Beispiel Gürteln, die Halsschlagadern kurzfristig abzudrücken, was zu einer tödlichen Strangulation führte.[5] Der erste durch die Medien aufgegriffene Todesfall in Deutschland ereignete sich am 5. Dezember 2009 in Falkensee.[6] Es sollen aber bereits zuvor mehrere Todesfälle in Deutschland vorgekommen sein. Auch Michael Hutchence, Sänger der australischen Rockband INXS, soll auf diese Weise ums Leben gekommen sein.[7] In Österreich gab es im Mai 2016 das erste bekannte Todesopfer in Graz.[8]

Die Französin Françoise Cochet, deren Sohn auf diese Weise starb, hat eine Initiative betroffener Eltern gegründet, die Association de Parents d’Enfants Accidentés par Strangulation (APEAS).[9] Eine weitere französische Betroffenen-Initiative ist SOS Benjamin.[10]

Rezeption

In der Folge Fünf Minuten Himmel der Kriminalreihe Tatort wird das Ohnmachtsspiel unter Schülern thematisiert.

In der Folge "Lügen haben kurze Beine" (Staffel 7, Folge 13) der Serie Alphateam – Die Lebensretter im OP wird ein 13-jähriges Mädchen in die Notaufnahme eingeliefert, das zusammen mit ihrer Stiefschwester das Ohnmachtsspiel probiert hat.

Auch in den Fernsehserien Auf Streife – Die Spezialisten auf Sat.1 und Berlin – Tag & Nacht auf RTL 2 wurde das Thema aufgegriffen. Im Spielfilm Jahrhundertfrauen (2016) muss der jugendliche Hauptdarsteller nach einem Ohnmachtsspiel ins Krankenhaus eingeliefert werden.

In dem Film Blue My Mind (2017) wird das Ohnmachtsspiel ebenfalls von einigen Jugendlichen durchgeführt. Die Protagonistin hat dabei eine kurze Vision, die sich auf das (übernatürliche) Ende des Films bezieht.

Literatur

  • Wolfgang Schwerd: Erstickung (Sauerstoffmangel). In: Wolfgang Schwerd (Hrsg.): Kurzgefaßtes Lehrbuch der Rechtsmedizin für Mediziner und Juristen. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln-Lövenich, 3., überarbeitete und ergänzte Auflage 1979, ISBN 3-7691-0050-6, 71–84, hier: S. 72 und 78–80.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ohnmachtsspiel, bis der Notarzt kam (Memento vom 28. Juli 2014 im Internet Archive) Ohnmachtsspiel, bis der Notarzt kam. In: Hamburger Abendblatt. Nr. 20 vom 24. Januar 2001, S. 18. Abgerufen am Donnerstag, 2. April 2009.
  2. Unintentional Strangulation Deaths from the "Choking Game" Among Youths Aged 6--19 Years --- United States, 1995--2007 / Editorial Note. Centers for Disease Control and Prevention.
  3. Sigrid Neudecker: Würgespiel: Nicht neu, aber sehr gefährlich. In: Die Zeit. 18. Dezember 2009.
  4. Laut Anne Corrêa-Guedes, Professorin an der privaten Universidade Autónoma de Lisboa und Mitglied von APEAS, wiedergegeben in: Vor dem Computer selbst stranguliert. In: Potsdamer Neueste Nachrichten. 10. Dezember 2009.
  5. Unintentional Strangulation Deaths from the "Choking Game" Among Youths Aged 6--19 Years --- United States, 1995--2007. Centers for Disease Control and Prevention
  6. Havelland: 14-Jähriger stirbt bei Würgespiel. In: spiegel.de
  7. Sascha Lehnartz: Die perfide Sucht nach dem Rausch ohne Drogen. In: Die Welt. 9. Dezember 2009.
  8. 13-jähriger Grazer stirbt bei „Würgespiel“. In: Kleine Zeitung, 12. Mai 2016 (Original Link: http://www.kleinezeitung.at/s/steiermark/4986770/Schule-unter-Schock_13jaehriger-Grazer-stirbt-bei-Wurgespiel)
  9. Website der Elterninitiative APEAS (Memento vom 7. Dezember 2009 im Internet Archive)
  10. Website der Organisation SOS Benjamin
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ohnmachtsspiel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.