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Reichtum

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Dieser Artikel behandelt Reichtum als sozioökonomischen Begriff. Für die antike Komödie des Aristophanes gleichen Namens, siehe Der Reichtum.
Papiergeld

Das Wort Reichtum bezieht sich auf die Verfügbarkeit von materiellen oder immateriellen Gütern, die das Leben bereichern. Heutzutage wird Reichtum häufig quantitativ auf Geld und Besitztümer bezogen, lässt sich aber grundsätzlich nicht auf materielle Güter reduzieren. Das entsprechende Adjektiv lautet reich, das sich auch in anderen germanischen Sprachen wiederfinden lässt, so z. B. im engl. rich und schwed. rik und in seiner historisch ältesten Form got. reiks als Adjektiv „mächtig“, substantivisch „Herrscher, Obrigkeit“ bedeutete. Sprachwissenschaftler gehen letztlich von einem keltischen Ursprung aus.[1][2]

Reichtum bezeichnet den Überfluss an geistigen oder gegenständlichen Werten, insbesondere die Tatsache des Besitzes von materiellen Gegenständen. Die Bedeutung geistigen Reichtums wird häufig unterschätzt, lässt sich aber aus materieller Sicht kaum darstellen. Gesellschaftlich gesehen erfordert Reichtum die allgemein akzeptierte Übereinkunft, dass Dinge, Land oder Geld jemandem gehören und dass dieses Eigentum geschützt wird. Das Verständnis von Reichtum unterscheidet sich in verschiedenen Gesellschaften.

Das Gegenteil von Reichtum ist die Armut.

Reichtum in Deutschland

Verteilung des Nettovermögens der privaten Haushalte im Jahre 2003 in Deutschland

Deutschland ist – gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) – im weltweiten Vergleich ein sehr reiches Land. Zwischen 1960 und 2003 hat sich das inflationsbereinigte BIP verdreifacht. Zwischen 1991 und 2001 wuchs es um knapp 16 % von 1.710 Mrd. Euro auf 1.980 Mrd. €. Das Geldvermögen, das Privatleute besitzen, stieg in diesen zehn Jahren um rund 80 %, von 2,0 Billionen € 1991 auf 3,6 Billionen € 2001.

Als Indikator für Wohlstand und Reichtum ist Vermögen eher noch wichtiger als das Einkommen. Vermögen kann als Sicherheit dienen und zeitlich begrenzte Einkommensausfälle ausgleichen. Die Vermögen, besonders die Geldvermögen, sind sehr ungleich verteilt (siehe Vermögensverteilung (Deutschland)). Während im Jahr 2003 die „unteren“ 50 % aller Haushalte zusammen 3,8 % des Gesamtvermögens besaßen, verfügten die „oberen“ 10 % der Haushalte über 46,8 % des privaten Vermögens in Deutschland. 1998 lag dieses Verhältnis noch bei 3,9 % zu 44,4 %.[3]

Im Gegensatz zum Vermögen (insgesamt) bietet das Geldvermögen hinsichtlich der Erhebung und Bewertung sowohl auf Deutschland bezogen als auch bezogen auf den einzelnen Bundesbürger den genauesten und verlässlichten Indikator für Reichtum bzw. Armut. Die Geldmenge in Deutschland wird durch die Deutsche Bundesbank registriert und in ihren Monatsberichten veröffentlicht. Daraus lässt sich leicht die durchschnittliche Geldmenge pro Einwohner bzw. Haushalt errechnen. Letztere lag Ende 2006 bei ca. 23.485 € (im Sinne der Geldmenge M1 also im Sinne von umlaufendem Bargeld und Sichteinlagen). Da die aktuelle Geldmenge im Besitz eines einzelnen Haushalts gleich einem Pegel (Wasserstandsmessung) an einem Fluss das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben widerspiegelt und da hohe Einkommen mit hohem Kapitalbesitz korrespondieren, ist der aktuelle Bestand an Bargeld oder Girokontoguthaben im Vergleich zum genannten Durchschnittswert immer auch ein Spiegel des persönlichen „Reichtums“.

Es besteht ein hohes West-Ost-Gefälle der Vermögensverteilung, wobei die Vermögenskonzentration in den neuen Bundesländern größer zu sein scheint als in den alten.

Schulden

Den Gegensatz zum privaten Vermögensreichtum bildet die Überschuldung von knapp 2,8 Millionen Haushalten. Im Jahr 2002 betrugen die Schulden privater Haushalte 1.535 Mrd. €, die Schulden der Unternehmen 3.142 Mrd. € und die öffentliche Verschuldung 1.523 Mrd. € (2006). Das Nettogeldvermögen aller Unternehmen lag im negativen Bereich bei −1.241 Mrd. €, das des Staates bei −1.061 Mrd. €. Spiegelbildlich dazu lag das Nettogeldvermögen privater Haushalte und der Versicherungen und Banken bei 2.380 Mrd. €.[4]

Einkommensreichtum

Personen mit mehr als 200 % des äquivalenzgewichteten Medianeinkommens leben in Einkommensreichtum. Diese Grenze wurde von Ernst-Ulrich Huster vorgeschlagen.[5] Zwischen 1998 und 2004 betraf dies in Deutschland je nach Jahr und Quelle zwischen 5 % und 9 % der Bevölkerung.[5][6][7][8]

Einkommensreichtum in Deutschland[9]
Jahr Anteil der
Bevölkerung
Quelle
1998 6,6 % 7,0 % [5][6][7]
1999 7,0 % [7]
2000 7,0 % [7]
2001 8,0 % [7]
2002 8,0 % [7]
2003 7,0 % 8,0 % [5][6][7]
2004 5,0 % 8,0 % [8][7]
2005 6,0 % 9,0 % [8][7]

Reichtum in Österreich

Das Privatvermögen in Österreich betrug im Jahr 2001 rund 581 Mrd. €. Die reichste in Österreich lebende Einzelperson war (verstorben am 5. Oktober 2006) mit 5,4 Mrd. € Friedrich Karl Flick. Der reichste gebürtige Österreicher ist Dietrich Mateschitz. Neben ihnen gibt es noch 350 Menschen in Österreich, die über 10,9 Mrd. € zu ihrem Besitz zählen können und rund 28.000 Euro-Millionäre.

Spitzenverdiener finden sich in Österreich in den Bereichen Privatwirtschaft, Kunst oder auch dem professionell betriebenen Sport. Als Bestverdiener kann mit einem jährlichen Bruttoeinkommen von ca. 10 Mio. € Siegfried Wolf, Vorstandsvorsitzender der Magna-Austria, ausgemacht werden.

Der statistisch durchschnittliche Österreicher verdient rund 18.750 € nach Abzug der Steuern pro Jahr und die statistisch durchschnittliche Österreicherin rund 12.270 € nach Abzug der Steuern pro Jahr. Dies sind Werte für unselbstständig Erwerbstätige ohne Lehrlinge aus dem Jahr 2003.[10]

Die sozialwissenschaftliche Sicht von Reichtum

Die Anthropologie und Soziologie beschreiben Gesellschaften auch über ihr Verständnis von Reichtum und über die Strukturen und Machtmittel, die sie einsetzt, um diesen Reichtum zu schützen. Sie können als evolutionärer Fortschritt angesehen werden. Auch kann der Reichtum an Prestige verleihenden Gütern anthropologisch als Grund des Fetischismus untersucht werden. Unter anderem gibt es groteske Fälle, in denen Menschen von ihrem Kontostand oder dem darauf liegenden Geld sexuell erregt wurden. Dies wird jedoch als eine Form von seltener Paraphilie angesehen.

Im ursprünglichen christlichen Glauben predigte Jesus Christus: „Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in den Himmel“. Im Markusevangelium wollte er zeigen, dass man sich nicht auf seinen Reichtum verlassen soll, wenn es darum geht „das ewige Leben zu erben“ (Mk 10,17b). Unter anderem glauben die meisten Christen, dass Reichtum einen Menschen nicht über andere stellt. Freilich aber ist Reichtum damit nicht per se als negativ deklariert. Christi Wort ist eher im historischen Kontext zu sehen, insofern, als Reichtum zu Jesu Zeit nur auf moralisch-tönernen Füßen stehen konnte, und zwar Ausbeutung und Unterdrückung. Auch ist Reichtum in diesem Zusammenhang als Sinnbild übertriebener Verhaftung im Irdischen zu verstehen. Die Konnotation eines Reichen mit fehlender Moral und fehlender Ausrichtung auf Gott ist hier also angeprangert. Der Reiche hat vielmehr die Verpflichtung, den Armen zu helfen. Ausgehend vom Determintations- /Prädestinationsdenkens Luthers bzw. Calvins konnotierte die protestantische Mentalität Reichtum als Indiz der Erwählung des Reichen durch Gott. Der Reiche habe deswegen seinen Reichtum im höchsten Sinne „verdient“. Soziokulturelle Auswirkungen hat dieses Denken bis heute in den Kernländern des Protestantismus wie Großbritannien oder den USA. Traditionellerweise tritt absolute Leistungsgerechtigkeit in protestantisch geprägten Staaten, Verteilungsgerechtigkeit in katholisch geprägten auf.

In Bezug auf den Buddhismus wird Reichtum ähnlich wie im frühen Christentum als „Klotz am Bein“ angesehen. Tenzin Gyatso, der derzeitige Dalai Lama, meinte: „Genugtuung, Geld auf der Bank zu haben, macht vielleicht im Moment glücklich, doch mit der Zeit hat der Besitzende immer mehr Angst, dass er alles verlieren könnte. Der große Lehrer (Buddha) predigte deshalb Armut, da er darin eine Art von ‚Erlösung‘ sah.“

Darüber hinaus beobachtet die Sozialwissenschaft die Anhäufung von Reichtum unter dem Aspekt der Verteilung von Ressourcen und damit auch der Machtverteilung. Die moderne Elitesoziologie, insbesondere das Power Structure Research, betrachten die Reichtumsentwicklung sehr kritisch.

Siehe auch

Literatur

  • Hans Herbert von Arnim: Das Europa-Komplott. Wie EU-Funktionäre unsere Demokratie verscherbeln. München 2006
  • Hans-Georg Bensch: Vom Reichtum der Gesellschaften. Kritische Studien 9, Lüneburg 1995
  • Volker Berghahn u. a. (Hrsg.): Die deutsche Wirtschaftselite im 20. Jahrhundert. Essen 2003
  • Zdzislaw Burda u. a.: ‘Wealth condensation in Pareto macroeconomies’. In: Physical Review E, Bd. 65, 2002
  • Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (2001) (Hrsg.): Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Bonn
  • Jared Diamond: Arm und Reich. Die Schicksale menschlicher Gesellschaften. Frankfurt 2006
  • Thomas Druyen: Goldkinder. Die Welt des Vermögens. 2007
  • Thomas Druyen: Reichtum und Vermögen. Zur gesellschaftlichen Bedeutung der Reichtums- und Vermögensforschung, http://books.google.com/books?id=Ur-SYxmq4g4C&printsec=frontcover&dq=isbn:9783531159287&hl=de&cd=1#v=onepage&q&f=false], Wiesbaden 2009
  • Christoph Deutschmann (1999): Die Verheißung des absoluten Reichtums. Zur religiösen Natur des Kapitalismus. Frankfurt/M. / New York
  • Robert Frank: Richistan: A Journey Through the American Wealth Boom and the Lives of the New Rich. 2007
  • Walter Hanesch, Peter Krause, Gerhard Bäcker u. a.: Armut und Reichtum in Deutschland. Der neue Armutsbericht der Hans-Böckler-Stiftung, des DGB und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Reinbek 2000
  • Jörg Huffschmid: Die Politik des Kapitals. 4. Aufl., Suhrkamp, Frankfurt 1971
  • Jörg Huffschmid: Wem gehört Europa? 2 Bde., Heilbronn 1994
  • Dieter Klein: Milliardäre – Kassenleere. Rätselhafter Verbleib des anschwellenden Reichtums. Berlin 2006
  • F. Lundberg: Die Reichen und die Superreichen. Macht und Allmacht des Geldes. Hamburg 1969
  • Loretta Napoleoni: Modern Jihad. Tracing the Dollars Behind the Terror Networks. London 2003
  • Kevin Phillips: Die amerikanische Geldaristokratie. Frankfurt/M. / New York 2003
  • Thorstein Veblen: Theorie der feinen Leute. Frankfurt 1997
  • Ulrich Viehöver: Die EinflussReichen. Henkel, Otto und Co – Wer in Deutschland Geld und Macht hat. Frankfurt/M. 2006
  • Wolfgang Zapf: Wandlungen der deutschen Elite. München 1966

Weblinks

Wiktionary: Reichtum – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Reichtum – Zitate

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen: Lemma reich
  2. DWB: reich
  3. Lebenslagen in Deutschland. (PDF) Der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. S. 24. Entwurf (Fassung für Ressortabstimmung und Beteiligung von Verbänden und Wissenschaft). 14. Dezember 2004
  4. Bundesbank
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Werkstatt Ökonomie e. V. (Hrsg.): Gibt es überhaupt Armut und Reichtum? Zum gesellschaftlichen Umgang mit Definitions- und Methodenproblemen. Heidelberg Oktober 2002, ISBN 3-925910-04-2 (PDF).
  6. 6,0 6,1 6,2 Werte aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS)
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 7,5 7,6 7,7 7,8 Deutscher Bundestag (Hrsg.): Lebenslagen in Deutschland Der 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. 30. Juni 2008 (PDF).
  8. 8,0 8,1 8,2 Werte aus der Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingung (EU-SILC) ohne Wohneigentum
  9. Über 200 % des äquivalenzgewichteten Medianeinkommens, Prozentsätze geben Unter- und Obergrenzen der entsprechenden Quellen wieder.
  10. Quelle: Statistik Austria, Lohnsteuerstatistik 2003
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