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Saurer Regen

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Saurer Regen

Als sauren Regen bezeichnet man Niederschlag, dessen pH-Wert niedriger ist als der pH-Wert, der sich in reinem Wasser durch den natürlichen Kohlenstoffdioxidgehalt der Atmosphäre einstellt (pH-Wert ≤ 5,5).

Hauptursache für den sauren Regen ist die Luftverschmutzung, insbesondere durch säurebildende Abgase. Saurer Regen schädigt Natur und Umwelt und ist ein Hauptverursacher des sogenannten Waldsterbens.

Neben dem sauren Regen muss ebenfalls die Schädigung von Pflanzen durch Nebel (saurer Nebel) in Betracht gezogen werden. Nebelwasser ist häufig deutlich saurer (hat einen niedrigeren pH-Wert) als Regenwasser, da Nebel effizienter Schadstoffe aus der Luft aufnimmt als Regen.

Saurer Regen wird durch Transmission (Verteilung der Schadstoffemissionen in der Atmosphäre durch Wind etc.) häufig in weit entfernten Regionen verursacht. Das bedeutet, dass der Verursacher und der Empfänger von saurem Regen oft verschiedene Staaten sind. Beispielhaft dafür ist die transnationale Umweltverschmutzung in Ostasien.

Ursachen

Hauptartikel: Luftverschmutzung

Hauptverantwortlich für sauren Regen ist die Luftverschmutzung durch Abgase. Insbesondere durch Einsatz schwefelhaltiger fossiler Brennstoffe wie Kohle und Heizöl entstehen Schwefeloxide (SOx) die mit Wasser und ggf. Sauerstoff Schwefelsäure (H2SO4) bilden. Vornehmlich entsteht bei der Verbrennung schwefelhaltiger Brennstoffe zunächst Schwefeldioxid, das mit Wasser und Sauerstoff letztlich Schwefelsäure bildet. Zwei Reaktionsmechanismen sind möglich:

Dieser Reaktionsmechanismus benötigt das Wasser erst zur Bildung der Schwefelsäure aus dem Schwefeltrioxid:
2 SO2 + O2 → 2 SO3
SO3 + H2O → H2SO4
Dieser Reaktionsmechanismus erfolgt komplett in wässriger Lösung, z. B. Wassertropfen im Nebel:
SO2 + H2O → H2SO3
2 H2SO3 + O2 → 2 H2SO4

Weiterhin entstehen bei jedem Blitzschlag und bei jeder Verbrennung Stickoxide (NOx) durch Umwandlung des im Brennstoff und in der Luft enthaltenen Stickstoffs. Diese bilden mit Wasser und Sauerstoff Salpetersäure (HNO3).

2 NO2 + H2O → HNO2 + HNO3
N2O4 + H2O → HNO2 + HNO3

Die Schwefelsäure ist zu etwa ⅔, die Salpetersäure zu etwa ⅓ für die Versauerung der Niederschläge verantwortlich.

Global wirkt sich auch das bei der Verbrennung der o.g. fossilen Brennstoffe freiwerdende Kohlendioxid (CO2) aus. Der natürliche CO2-Gehalt der Atmosphäre ist mit etwa 0,03 % so niedrig, dass er durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe deutlich ansteigt. Dies führt neben dem Treibhauseffekt auch zu einer weiteren Absenkung des eingangs genannten natürlichen pH-Wertes des Regens, da dadurch mehr Kohlensäure gebildet werden kann.

Kohlendioxid (CO2) löst sich in Wasser zu CO2(aq) und reagiert zu ca. 0,2 % mit Wasser unter Bildung von Kohlensäure (H2CO3), die wiederum (teilweise) in dissoziierter Form vorliegt:

CO2 + H2O → H2CO3

In tropischen Gebieten können auch organische Säuren, z. B. Ameisensäure (HCOOH), einen wesentlichen Anteil an der Absenkung des pH-Wertes von Niederschlägen haben.

Auswirkung

Auf Pflanzen

Abgestorbene Fichten im Erzgebirge (1998)

Saurer Regen kann durch die Versauerung des Bodens Pflanzen schädigen und wurde ursächlich mit neuartigen Waldschäden in Verbindung gebracht. Die im Wesentlichen betroffenen Wälder liegen in Regionen mit häufigen und ergiebigen Niederschlägen, die zudem relativ niedrige Jahresdurchschnittstemperaturen aufweisen. Dies trifft in Deutschland insbesondere auf Wälder in höheren Lagen der Mittelgebirge und der Alpen zu.

Durch die Übersäuerung des Bodens wird die natürliche Zusammensetzung gestört. Es werden giftige Schwermetall­ionen sowie Aluminium­ionen freigesetzt, die die Feinwurzeln der Bäume absterben lassen. Dadurch entstehen Störungen im Wasser- und Nährstoffhaushalt des Baumes, und seine Widerstandskraft nimmt stark ab. Die betroffenen Bäume sind anfälliger gegenüber Krankheiten und natürlichen Belastungen. Unter normalen Bedingungen harmlose Einwirkungen wie Bodenfrost oder ein Schädlingsbefall können am geschwächten Baum erhebliche Schäden anrichten. Durch den sauren Regen werden also nicht nur die Jungbäume am Wachstum gehindert, sondern auch die ausgewachsenen Bäume stark geschädigt. Zunächst wirkt sich die Schädigung auf die Blatt- oder Nadelkronen der Bäume aus, die Blätter oder Nadeln werden abgeworfen. Dies führt zu einer Kronenverlichtung. Außerdem kann Wipfeldürre entstehen und der Baum schließlich absterben.

Dadurch ist saurer Regen eine der Ursachen für neuartige Waldschäden. Die aufgetretenen Krankheitsbilder sind allerdings sehr unterschiedlich. Man findet neben gesunden Beständen in vergleichbaren Lagen auch stark geschädigte. Daher werden neben den sauren Niederschlägen inzwischen auch noch andere Ursachen für die Baumschädigungen vermutet wie etwa die Klimaveränderung oder natürliche Schwankungen der Anfälligkeit gegenüber Bodenversauerung. Als weitere Ursachen nachgewiesen werden konnten auch Mineralienmangel, Schädigung geschwächter Bäume durch Pilze, Bakterien und waldbauliche Fehler. Der saure Regen ist einer von mehreren Faktoren deren Auswirkungen vor allem in den 1980er Jahren unter dem Begriff Waldsterben zu einer intensiven öffentlichen Diskussion führten.

Auf Gewässer

Gewässer werden zunehmend durch Säureeintrag belastet. Dabei erfolgt der Säureeintrag weniger direkt über die sauren Niederschläge als eher indirekt über die Zuflüsse. Durch den Bodenabfluss und als Folge des Säureeintrags reichern sich im Wasser Metall-Kationen, z.B. Al3+, an, die als Zellgifte wirken und zu einer Artenverarmung führen können.

Die Geologie der Einzugsgebiete von Flüssen und Seen hat weiterhin einen großen Einfluss auf die Versauerung. Stehen im Einzugsgebiet vor allem Gesteine an, die kaum neutralisierend auf den sauren Regen wirken (z.B. Granit, Gneis, Sandstein), sind diese Gewässer von der Versauerung besonders betroffen. Umgekehrt haben Gewässer, die im Einzugsgebiet große Kalksteinvorkommen haben, kaum Probleme mit der Versauerung.

Der Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre kann darüber hinaus zu einer Versauerung der Ozeane führen und könnte so eine Bedrohung für das Fortbestehen der ozeanischen Biosphäre darstellen, da sich beispielsweise ab einem bestimmten pH-Wert die Kalkschalen von Muscheln und Schnecken auflösen, wobei gemäß folgender Gleichungen pro kg Kohlendioxid 2,27 kg Calciumcarbonat gelöst werden:

CO2 + H2O → H2CO3 und
CaCO3 + H2CO3 → 2 HCO3 + Ca2+

Auf Gebäude

Saurer Regen greift Kalkstein an, was über Jahre an alten Skulpturen zu beobachten ist.

Der saure Regen greift insbesondere Sand- und Kalkstein an, aber auch Betonkonstruktionen. Dadurch schreitet die Verwitterung von Gebäuden wesentlich schneller voran, und zahlreiche Gebäude und Kulturdenkmäler werden so stark beschädigt oder zerstört.

Marmor löst sich in Säuren, da er aus Calciumcarbonat besteht. Wenn saurer Regen auf Marmor trifft, entstehen vielfältige Schäden. Dazu gehören angeraute Oberflächen, Abtragung von Material und Verlust von gemeißelten Feinstrukturen. Die Zerstörung kann die gesamte Fläche betreffen oder punktuell an reaktiven Stellen auftreten. Das Calciumcarbonat reagiert mit den Oxoniumionen im sauren Regen. Bei dieser Reaktion zerfällt es in Calciumionen, Kohlendioxid und Wasser:

CaCO3 + 2H3O+ → CO2 +3H2O + Ca2+

Dann reagieren die Sulfationen der Schwefelsäure mit den Calciumionen und überziehen den Marmor oder Kalkstein mit einer weißen Schicht von Gips:

Ca2+ +SO42− → CaSO4

Der Regen trägt mit der Zeit einen Teil der Gipskruste ab. Dies führt zu kleinen Rissen und zunehmender Erosion.

Die Wiederherstellung von beschädigtem Kulturgut und Gebäuden ist sehr kostspielig. Allein für die Westminster Abbey in London wurden bis zum Jahr 1990 bis zu 10 Mio. Pfund ausgelegt, um vom sauren Regen bzw. Nebel ("Smog") verursachte Schäden zu beseitigen.

In Geld nicht aufzuwiegen sind die Schäden an den Kulturschätzen der Erde. Taj Mahal in Indien und die Akropolis in Athen hatten ebenso unter der Säureeinwirkung zu leiden wie das kanadische Parlamentsgebäude, das Kapitol in Washington oder der Kölner Dom.

Gegenmaßnahmen

Bekämpfung der Symptome

Hubschrauber mit Streubehälter hebt zur Waldkalkung ab
Waldkalkung per Hubschrauber

Als Gegenmaßnahme versucht man in vielen Gegenden Europas (in der Schweiz verboten), mit Kalk die Übersäuerung zu neutralisieren. Vielerorts werden hierzu große Mengen Kalk per Hubschrauber verstreut.

In der Nähe von Kalk- oder Zementwerken mit schlechter Entstaubung kann die unbeabsichtigte Emission von Kalkstaub im Extremfall sogar zur Umkehrung des Phänomens führen und es entsteht basischer Regen. Ein solcher Effekt kann auch eintreten, wenn große Mengen Asche oder andere basische Stäube in die Luft geraten, etwa als Folge großflächiger Waldbrände oder eines Vulkanausbruches.

Bekämpfung der Ursachen

Man ist seit den 80er-Jahren dazu übergegangen, Rauchgase zu entschwefeln. Dabei wird das SO2 aus dem Abgas entfernt und meist zu CaSO4 (Gips) umgesetzt, welches sich als REA-Gips nutzen oder deponieren lässt. Dies ist bei Transportmitteln wie Automobilen, Flugzeugen etc. jedoch nicht möglich. Daher wird aus Kraftstoffen wie Benzin, Diesel, Kerosin und Erdgas der Schwefel mittels spezieller Verfahren entfernt, wodurch zumindest in den Industrieländern der Eintrag von SO2 in die Atmosphäre erheblich verringert werden konnte. Studien von Forschern des Instituts für Weltforstwirtschaft in Hamburg zur Berechnung der mutmaßlichen Versauerung auf Basis dynamischer Modelle weisen darauf hin, dass die Grenzwerte des internationalen Kooperationsprogrammes für die Erfassung und Überwachung der Auswirkungen von Luftverunreinigungen (ICP Forests) im Jahr 2020 mit wenigen lokalen Ausnahmen nicht mehr überschritten werden.[1]

Das Entfernen der Stickstoffoxide gestaltet sich dagegen erheblich schwieriger. Diese entstehen ab einer bestimmten Temperatur bei allen Verbrennungsprozessen, sofern nicht in stickstofffreier Atmosphäre gearbeitet wird. Dies ist kaum bzw. nur mit großem Aufwand möglich, da unsere Atmosphäre zu 78,09 % aus Stickstoff besteht. Deshalb müssten die Stickstoffoxide aus dem Abgas entfernt werden, was in Autokatalysatoren geschieht, jedoch nicht zu 100 % (siehe Lambda-Fenster). Stickstoffoxide zusammen mit der UV-Strahlung der Sonne sind auch die Hauptursache für das Entstehen von bodennahem Ozon. Somit bräuchte man entweder andere Katalysatoren, oder man müsste den Verbrennungsmotor z.B. durch einen Elektromotor ersetzen.

Literatur

  • Gerd Spelsberg: Rauchplage: 100 Jahre saurer Regen. Alano Verlag, Aachen 1984, ISBN 3-924007-05-5.
  • Walter Jansen, Anke Block, Jürgen Knaack: Saurer Regen: Ursachen, Analytik, Beurteilung. Metzler Verlag, Stuttgart 1987, ISBN 3-476-30291-1.
  • Gregory S. Wetstone, Armin Rosencranz: Weltbedrohung saurer Regen: Abwehrversuche in Europa und Nordamerika; eine Studie des Environmental Law Institute für den German Marshall Fund of the United States. Dreisam-Verlag, Freiburg i. Br. 1985, ISBN 3-921472-87-3.
  • Lee, Meehye und Adeel Zafar: Managing air pollution problems in Korea. In: Adeel, Zafar [Hrsg.]: East Asian experience in environmental governance : Response in a rapidly Developing region, United Nations Univ. Press 2003.
  • Yamauchi, Makiko: The Japanese approach to governance of air pollution problems. In: Adeel, Zafar [Hrsg.]: East Asian experience in environmental governance : Response in a rapidly Developing region, United Nations Univ. Press 2003.

Referenzen

  1. chemie report, Hanno Hintze und Verena Sesin, SO2 - Europas Wälder nicht mehr sauer, Hrsg. Verband der chemischen Industrie e.V., 09.2013, S. 10-11

Weblinks

Wiktionary: saurer Regen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: saurer Regen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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