Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Simon von Trient

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Frei erfundene Darstellung des angeblichen Ritualmords an Simon aus Trient, Schedelsche Weltchronik, Nürnberg 1493.

Simon von Trient (auch Simmele von Trient) (geb. um 1472 in Trient; gest. 26. März 1475 ebenda) war ein in der katholischen Kirche bis 1965 als Märtyrer verehrtes Kind, für dessen Tod im Jahr 1475 Juden als vermeintliche Ritualmörder verantwortlich gemacht wurden.

Der vermeintliche Mord

Am Ostersonntag des Jahres 1475 wurde in einem Bach in Trient ein zwei-, nach anderen Quellen dreijähriges Kind von einem Juden Samuel tot aufgefunden, das seit dem Gründonnerstag vermisst worden war. Zusammen mit anderen Mitgliedern der jüdischen Gemeinde meldete Samuel den Mord. In einem aufsehenerregenden Prozess kam man auf der Grundlage von unter der Folter erpressten „Geständnissen” der Juden zu dem Schluss, dass diese einen Ritualmord verübt und das Kind langsam zu Tode gequält hätten. Es wurden insgesamt 14 Juden hingerichtet.

Während Johannes Hinderbach, der Bischof von Trient, den Prozess unterstützte, war Papst Sixtus IV. skeptisch und verbot im Juni 1475 die Weiterführung. Den Vorwurf des päpstlichen Kommissars Bischof Giovanni dei Guidice, Hinderbach habe sich persönlich bereichern wollen, erwiderte der Trienter Bischof mit dem Gegenvorwurf, der Kommissar sei von Juden bestochen worden. Eine Kardinalskommission kam 1478 zu dem Ergebnis, die Hinrichtungen seien rechtmäßig gewesen. An den Untersuchungen beteiligt war der Franziskanerprediger Bernhardin von Feltre.

Der Leichnam des Kindes wurde wenige Tage nach dem Auffinden in die Trienter Peterskirche verbracht und als „Märtyrer“ präsentiert. Die Verehrung Simons wurde 1480 von Papst Sixtus IV. anerkannt und 1584 von Papst Gregor XIII. durch die Eintragung ins Martyrologium bestätigt. Gedenktag Simons war der 24. März. 1782 macht die Ritenkongregation den seligen Simon zum zweiten Diözesanpatron von Trient. Erst 1965 hob die Ritenkongregation unter Paul VI. die Anerkennung auf und stellte fest, dass die Trienter Juden Opfer eines Justizirrtums geworden waren. Die Gebeine brachte man in die Kapelle von San Simonino, die heute meist verschlossen ist und an die Peterskirche angrenzt.

Medienereignis

Die Verbreitung der Nachricht von der angeblichen Ermordung Simons von Trient war eines der ersten Medienereignisse, bei denen die Erfindung des Buchdrucks eine wichtige Rolle spielte. Einblattdrucke, aber auch viele handschriftliche Texte machten den Fall im ganzen Abendland bekannt.

Die berüchtigte Judensau-Darstellung am Brückenturm in Frankfurt am Main vom Ende des 15. Jahrhunderts zeigt die Judensau in Verbindung mit Simon von Trient.

Auch in Kupferstichen und Radierungen des 16. und 17. Jahrhunderts, darunter ein Druck von Luca Ciamberlano (1607) und eine Serie aus dem Kreis von Antonio Tempesta (undatiert), wurde Simon und seine Geschichte dargestellt.

Siehe auch

Literatur

  • Wolfgang Treue: Der Trienter Judenprozeß. Voraussetzungen - Abläufe - Auswirkungen (1475-1588), Hannover 1996, ISBN 3-7752-5613-X (Dissertation von 1994, erschienen in: Forschungen zur Geschichte der Juden, Bd.4)
  • Susanna Buttaroni u.a. (Hg.): Ritualmord. Legenden in der europäischen Geschichte, Wien 2003. (aktueller Sammelband u.a. zu Trient) ISBN 3-205-77028-5
  • Die Blutbeschuldigung gegen die Juden. Stimmen christlicher Theologen Orientalisten und Historiker. Die Bullen der Päpste. Simon von Trient. (Documente zur Aufkläreung, Nr. 2), [Wien 1900]
  • Petra Schöner: Judenbilder im deutschen Einblattdruck der Renaissance. Ein Beitrag zur Imagologie, Baden-Baden, Verlag Valentin Koerner 2002, S. 120-134 ISBN 3-87320-442-8 Rezension
  • Rogger Iginio: Simon von Trient. Eine Ritualmordlegende und ihre Bewältigung. In: Tiroler Heimat NF 50 (1986-1987), S. 101-107 (nicht eingesehen)
  • Ronnie Po-chia Hsia: Trent 1475: Stories of a Ritual Murder. Yale University Press, New Haven CT 1992, ISBN 0-300-05106-9 (englisch)
  • deutsche Übersetzung: Ronnie Po-chia Hsia: Trient 1475. Geschichte eines Ritualmordprozesses. Fischer, Frankfurt 1997, ISBN 3-10-062422-X
  • Alexander Lohner: Die Jüdin von Trient. Aufbau, Berlin 2004, ISBN 3-7466-2025-2 (historischer Roman vor dem Hintergrund der Trienter Ritualmordlegende)
  • Eckhard Leuschner: Das Martyrium des seligen Simonino von Trient - eine antijüdische Serie aus dem Kreis Tempestas?, in: Eckhard Leuschner: Antonio Tempesta. Ein Bahnbrecher des römischen Barock und seine europäische Wirkung, Petersberg, Michael Imhof Verlag, 2005, S. 332-340
  • Eberhard Kaus: Simon von Trient. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 33, Nordhausen 2012, Sp. 1263–1267.
  • Simon (Simedl, Simoncino) of Trent in der Jewish Encyclopedia 1901–1906 (englisch)
  • Simeon, S. (7). In: Johann E. Stadler, Franz Joseph Heim, Johann N. Ginal (Hrsg.): Vollständiges Heiligen-Lexikon ..., 5. Band (Q–Z), B. Schmid’sche Verlagsbuchhandlung (A. Manz), Augsburg 1882, S. 309–310. – (Mit Beschreibung des „genauen“ Tathergangs, auch hier.)

Weblinks

 Commons: Simon von Trient – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Simon von Trient aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.