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Sitte

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Sitte (Begriffsklärung) aufgeführt.

Sitte ist der durch moralische Werte, Regeln und Normen bedingte, in einer bestimmten sozialen Gruppe oder Gemeinschaft übliche und für den Einzelnen dann als verbindlich geltende Wertekanon (vgl. Ferdinand Tönnies, Die Sitte, 1908). Meist beruht er auf Tradition und Gewohnheit (= "Usus"). Sitte ist mehr als Gewohnheit; es gibt auch als schlecht bewertete Gewohnheiten (manchmal Unsitte genannt).

Sitte ist zudem die umgangssprachliche Kurzform von Sittenpolizei.

„Sitte“ und „Sitten“

Die Sitte (lat. mos) im Singular wird demgemäß als Gesamtheit moralischer Werte und Regeln (Sittlichkeit, Gesittung, Sittsamkeit, Anstand) im Sinne einer moralischen Autorität verstanden (Heteronomie). Sittlich ist das äußerliche Verhalten in der Gesellschaft, wobei man innerlich anderer Meinung sein kann. Es heißt dann: Etwas ist Sitte oder die Sitte will bzw. verlangt etwas. In diesem Sinne versteht sich das Motto Sitte und Tracht der Alten / wollen wir erhalten.

Im Plural werden unter Sitten (lat. mores) Einzelnormen verstanden, z. B. in Form der Höflichkeit, der Tischsitte(n) oder der Hofsitte(n). Sitten haben Kultur-Bezug, das heißt, sie gelten in der Regel in Bezug auf einen geographisch-zeitlichen Raum (vgl. Sprichwort „Andere Länder, andere Sitten!“, englisch: „If in Rome, do as the Romans do.“). Einem Außenstehenden können sie daher sonderbar oder seltsam erscheinen.

Juristische Bedeutung

Das Wort Sitte wird als Rechtsbegriff verwendet und hat dann juristische Bedeutung. Das Grundgesetz weist in Art. 2 Abs. 1 GG auf das Sittengesetz hin, was als unbestimmter Rechtsbegriff ausgelegt werden muss. Im deutschen Zivilrecht regelt beispielsweise § 138 BGB, was als „sittenwidriges Rechtsgeschäft“ verstanden werden kann. Das Gesetz spricht dabei von einem „Verstoß gegen die guten Sitten. § 817 BGB regelt, wie mit Geschäften, die gegen die guten Sitten verstoßen, umgegangen werden muss. Verkehrssitte ist der Überbegriff für die Sitten, die im Rechtsverkehr gebräuchlich sind.

Einzelheiten

Weniger zwingende, oft gar nicht diskutierte soziale Gepflogenheiten werden auch als Brauch bezeichnet. Auch menschliche Umgangsformen, Verhaltensweisen und -regeln (z. B. Manieren) fallen darunter. In ländlichen Gebieten versteht man darunter die traditionelle Lebensweise.

Sitten können alt oder neu, gut oder schlecht, schön oder rau/wild, streng/starr bzw. locker usw. sein. Sitten achtet man, bewahrt bzw. pflegt sie, hält sie (ein), verletzt oder bricht sie, verstößt gegen sie, fügt oder unterwirft sich ihnen. Mit der Zeit werden sie gelockert oder aber verschärft. Sie unterliegen sämtlich dem sozialen Wandel.

Infolgedessen kann man sich auch sittenwidrig verhalten. Insofern es Personen gibt, die über die dauerhaft oder als Mode „herrschenden“ Sitten wachen, werden diese umgangssprachlich als Sittenwächter bezeichnet. Darüber hinaus gibt es eine Abteilung der Kriminalpolizei, die sich mit Sittendelikten befasst. Diese wurde früher und wird heute noch umgangssprachlich „die Sitte“ (Sittenpolizei) genannt.

Im subjektiven Urteil über eine andere Person kann dies soweit gehen, dass man jemandem vorwirft, er habe keine Sitten (Sittenlosigkeit). Das Verhalten selbst wird dann als Unsitte empfunden. Aus dieser Wahrnehmung heraus wird dann auch vom Verfall der Sitten gesprochen. Im 17. Jahrhundert wurde nach dem Massaker von Magdeburg der Begriff Magdeburgisierung als Synonym für die Verrohung von Sitten (speziell in Kriegen) geprägt.

Political Correctness kann man als Einhaltung verbaler Sitten definieren.

Verschiedenheiten in den Sitten verschiedener Völker sind die Grundlage nationalen Klischees.

Internet, Suchmaschinen (z.B. Google), Facebook, Twitter und die Ubiquität von Handykameras und Digitalkameras haben die Grenzen von Privatem und Öffentlichem verschoben. Der Autor, Kolumnist und Essayist Harald Martenstein schrieb 2012:

„jede halbwegs interessante Person und jede alltägliche Handlung [ist] heute ein Gegenstand nahezu ununterbrochener Beobachtung .., nicht zuletzt wegen der Leserreporter, aber auch wegen der tausend Möglichkeiten des Internets und wegen der Handykameras. Vor allem aber deshalb, weil der Mensch ein neugieriges Wesen ist und weil die Neugierde, wie jedes Bedürfnis, sich in einer Warengesellschaft ökonomisch nutzen lässt. ... Vor der Tugendwacht ist niemand sicher, nicht der Jugendliche mit alterstypischem Erfahrungshunger, nicht der Ehemann auf Abwegen, auch nicht die junge Mutter.[1]

Siehe auch

Einzelnachweise

Weblinks

Wiktionary: Sitte – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Sitte aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.