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Ständestaat

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Dieser Artikel behandelt das politische Konzept. Für den österreichischen Ständestaat siehe Ständestaat (Österreich).

Ständestaat bezeichnet einen Staat, der durch privilegierte Stände weitgehend dominiert und regiert wird.

Als Ständeordnung wird historisch ein Gesellschaftsmodell bezeichnet, in dem die Einwohner nicht (primär) als Angehörige der Bevölkerung eines Gebietes (später: eines Staatsvolkes) betrachtet wurden, sondern vor allem als Angehörige eines Standes: zum Beispiel des Adels, der Geistlichkeit, des Bürgertums, des Bauernstandes und der Arbeiter. Die Standeszugehörigkeit bestimmte die Rechte, die eine Person hatte; die Rechte wurden vom Fürsten den Untertanen vorgegeben und innerhalb des jeweiligen Standes ausdefiniert. Die ständische Ordnung entstand im Mittelalter und wurde durch den Feudalismus bis ins 20. Jahrhundert getragen.

Die Ständegesellschaft wird seit der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten 1776 als vormodern bezeichnet. In dieser Erklärung werden erstmals selbstverständliche Wahrheiten („self-evident truths“) definiert: „dass alle Menschen gleich geschaffen wurden; dass sie von ihrem Schöpfer mit bestimmten unverlierbaren Rechten ausgestattet sind; dass darunter das Recht auf Leben, auf Freiheit und auf das Streben nach Glück sind; und dass, um diese Rechte zu sichern, Regierungen unter den Menschen eingerichtet sind, die ihre gerechten Befugnisse von der Zustimmung der Regierten herleiten.“

Die nächste drastische Abkehr vom ständischen Modell erfolgte durch die Französische Revolution 1789, doch dauerte es in vielen Ländern bis ins 20. Jahrhundert, Gesellschaftssysteme ohne ständische Gliederung durchzusetzen.

Ein ideologischer Rückgriff auf vormoderne Gesellschaftsformationen, bei dem auch die Idee eines nach Ständen geordneten Staatswesens propagiert wurde, tauchte seit dem späteren 19. Jahrhundert vor allem bei katholischen Politikern und Sozialreformern auf, die sich ab 1931 auf die Enzyklika Quadragesimo anno von Papst Pius XI. stützen konnten. Mit ihrer antiliberalen Stoßrichtung verwandelte sich die Ständestaatsidee nach und nach zu einem Deckmantel für antidemokratische Tendenzen, vor allem nach dem Ersten Weltkrieg. So forderte z. B. der österreichische Philosoph Othmar Spann 1929 an der Universität München den autoritären Ständestaat als Dritten Weg zwischen Demokratie und Marxismus. Die Faschisten in Benito Mussolinis Italien (dort Korporatismus genannt), Francisco Francos Spanien, António de Oliveira Salazars Portugal und Jozef Tisos Slowakei bezogen sich auf dieses Gesellschaftsmodell, ebenso die österreichische Regierungsdiktatur (Austrofaschismus) Engelbert Dollfuß’ und Kurt Schuschniggs 1933–1938, die den Anspruch erhob, einen solchen Ständestaat in Österreich zu errichten.

Nach Arthur Benz handelt es sich beim Begriff Ständestaat historisch gesehen um einen Widerspruch in sich, da die Ständeordnung moderner Staatlichkeit vorausgeht und durch diese abgelöst wurde. Allerdings wird er als vormoderne Staatsform charakterisiert.[1]

Einzelnachweise

  1. Arthur Benz, Der moderne Staat: Grundlagen der politologischen Analyse, 1. Aufl., Oldenbourg, München/Wien 2001, ISBN 3-486-23636-9, S. 14.

Literatur

  • Dieter A. Binder: Der „christliche Ständestaat“. Österreich 1934–1938. In: Rolf Steininger / Michael Gehler (Hrsg.): Österreich im 20. Jahrhundert. Ein Studienbuch in zwei Bänden: Von der Monarchie bis zum Zweiten Weltkrieg, Böhlau-Studien-Bücher, Wien, Köln, Weimar 1997, S. 244 f.
  • Gertrude Enderle-Burcel: Christlich – Ständisch – Autoritär – Mandatare im Ständestaat, Wien 1991.
  • Oswald H. Falle: Wurzeln und Auswirkungen antipluralistischer Komponenten im autoritären Ständestaat, Diplomarbeit, Universität Klagenfurt, 1984.
  • Gerhard Jagschitz: Der österreichische Ständestaat 1934–1938. In: Erika Weinzierl und Kurt Skalnik (Hrsg.): Österreich 1918–38, Band 1, 1983.
  • Ulrich Kluge: Der österreichische Ständestaat, Entstehung und Scheitern. 1984, ISBN 3-486-52341-4.
  • Karl-Heinz Rossbacher: Literatur und Ständestaat. In: Zeitgeschichte 2 (1975), S. 203–212.
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