Tinok Schenischba

Tinok Schenischba, talmudisches Prinzip, dass ein Jude, der die Gebote nicht kennt (ohne Mitschuld daran zu tragen), aus Unwissenheit nicht für deren Nichteinhaltung zur Rechenschaft gezogen werden kann.

Der Begriff ist die Abkürzung eines Prinzips, das der Talmud als "Tinok schenischba bejn hanochrim" einführt. Es beschreibt einen Juden, der in seiner Kindheit (als Säugling, hebräisch: Tinok) von Nichtjuden entführt wurde und in einer nichtjüdischen Umgebung aufwuchs. Er hatte nicht die Möglichkeit, die Gebote der Tora kennenzulernen, ja nicht einmal Anlass, ein Gespür dafür zu entwickeln, dass ihm etwas fehle. Da er die Gebote wegen seiner Unwissenheit übertritt, kann er für seine Vergehen nicht verantwortlich gemacht werden. Seine Unwissenheit befreit ihn von der Verantwortung.

Dieses Grundprinzip des "Nichtwissens" findet auf anders gelagerte Fälle ebenfalls Anwendung (diskutiert z. B. in Schawuot 5a), ja wird sogar soweit ausgedehnt, dass ein Jude, der es besser wissen könnte, die Gebote aber nicht einhält, z. B. jemand, der öffentlich den Schabbat entweiht, nicht regelmässig als echter "Mumar" (der laut Rambam in Bezug auf alle Gebote einem Nichtjuden gleicht), sondern eben als tinok schenischba eingestuft wird, da ansonsten z. B. die von ihm zubereiteten Speisen unter das Verbot von Bischul Akum (von einem Nichtjuden gekochtes Essen) oder dessen ungekochter Wein unter das Verbot von Jajin Nessech fallen würden.

Hinweis: Dieser Jewiki-Artikel beruht inhaltlich auf einem entsprechenden Artikel von Rabbiner Avraham Radbil in der Jüdischen Allgemeinen (Ausgabe vom 30. Oktober 2014).