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Traditionelle Gesellschaft

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Als traditionelle (oder traditionale) Gesellschaft (veraltet vormoderne Gesellschaft) bezeichnen einige ältere soziologische Theorien eine Gesellschaftsform, die als Vorgängerin der modernen oder modernisierten Gesellschaft gesehen wird. Unter der Annahme, dass sich Gesellschaften weiterentwickeln (soziokulturelle Evolution), bezeichnet traditionelle Gesellschaft das Stadium einer Gesellschaft, bevor oder aus dem sich eine moderne Gesellschaft bildet (siehe auch die Begriffe Moderne und Vormoderne). Entsprechend ließen sich traditionelle Gesellschaften zwar in verschiedenen Aspekten – beispielsweise von modernen Industriegesellschaften – klar unterscheiden, sie wiesen aber überwiegend Gemeinsamkeiten untereinander auf. Der Begriff wurde in diesem Sinne vor allem vom deutschen Soziologen Max Weber (1864–1920) geprägt.

In jüngerer Literatur wird die Bezeichnung als Synonym für den abwertenden Begriff Naturvolk verwendet. Der Ethnologe Klaus E. Müller liefert dazu folgende Definition:

„Unter dem Begriff werden […] Lager- und Dorfgemeinschaften in wild- und feldbeuterischen, agrarischen und hirtennomadischen Kulturen verstanden, die zum Zeitpunkt ihrer Erforschung noch nicht oder nur kaum in Berührung mit den neuzeitlichen Industriezivilisationen gekommen waren. Ihr Leben verlief strikt im Rahmen der altüberlieferten Traditionen (daher der Terminus „traditionelle Gesellschaft“), die durch das Beispiel der Vorfahren (Ahnen) geheiligt und durch die Schöpfung sanktioniert waren und darum als unantastbar galten.“

Klaus E. Müller[1]

Heute wird die traditionelle Gesellschaft nicht mehr als niedrigeres Entwicklungsstadium betrachtet, sondern als eigenständige kulturelle Anpassungen an die jeweiligen Lebensbedingungen. Ein kultureller Wandel im Sinne einer Angleichung an die globale Massengesellschaft ist nicht zwingend, sofern kein entsprechender Druck entsteht.[2][3]

Modernisierungstheorien

Der Begriff gehörte bis zum zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts in den Kontext von Differenzierungs- und Modernisierungstheorien. Diese betrachteten, welche Veränderung die Industrialisierung – insbesondere der Wandel der Produktionsweise zur Arbeitsteilung – auf die Gesellschaft hat bzw. hatte.

Zwei-Phasen-Modelle

Talcott Parsons

Das Schema der Pattern Variables von Talcott Parsons stellt mehrere Indikatoren von Traditionaler Gesellschaft und Moderner Gesellschaft gegenüber.

Emile Durkheim

Emile Durkheim unterscheidet die verschiedenen Gesellschaften nach mechanischer und organischer Solidarität.

Ferdinand Tönnies

Ferdinand Tönnies beschrieb in seinem Werk Geist der Neuzeit (1935) den Weg von der traditionellen mittelalterlichen zur neuzeitlichen Gesellschaft als den mentalen Weg von einer überwiegend „gemeinschaftlichen“ zu einer überwiegend „gesellschaftlichen“ Kultur (vgl. Gemeinschaft und Gesellschaft).

Henry Sumner Maine

Henry Sumner Maine spricht von der Entwicklung vom Status zum Kontrakt.

Mehr-Phasen-Modelle

Walt Whitman Rostow

1960 unterschied der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Walt Whitman Rostow (1916–2003) in seiner Stufentheorie folgende gesellschaftliche Stadien:

  1. traditionelle Gesellschaft
  2. Schaffung der Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Aufstieg
  3. wirtschaftlicher Aufstieg
  4. Entwicklung zur Reife
  5. Zeitalter des Massenkonsums

Für die Zeit nach dem Zeitalter des Massenkonsums hatte Rostow die Vision einer „besseren, idealeren“ Gesellschaft.

Marxismus

Auch der Historische Materialismus (Marxismus) geht von einer allgemeinen Entwicklung der Gesellschaft aus, von einem Urzustand bis zum Endzustand des Kommunismus:

  1. Urgesellschaft
  2. Sklavenhaltergesellschaft
  3. Feudalismus
  4. Kapitalismus
  5. Sozialismus
  6. Kommunismus

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Klaus E. Müller: Schamanismus. Heiler, Geister, Rituale. 4. Auflage, C. H. Beck, München 2010 (Originalausgabe 1997), ISBN 978-3-406-41872-3. S. 9.
  2. Heiko Schrader: Entwicklungssoziologie – Eine Begriffsbestimmung. Otto von Guericke Universität, Magdeburg 2008. ISSN 1615-8229. S. 5.
  3. Bettina Eckl und David Prüm: Einführung in Entwicklungsländerstudien, Teil III: Entwicklungsstrategien. Kapitel 31: Entwicklungstheorien. Hochschule der Medien, Stuttgart 1998/99.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Traditionelle Gesellschaft aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.