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Vedanta

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Vedanta (Begriffsklärung) aufgeführt.

Vedanta (Sanskrit, m., वेदान्त, vedānta) ist neben dem Samkhya eine der heute populärsten Richtungen der indischen Philosophie und heißt wörtlich übersetzt: „Ende des Veda“ d. h. der als Offenbarung verstandenen frühindischen Textüberlieferung („Veda“ → „Wissen“). Der Begriff wurde erstmals in der Mundaka-Upanishad 3,2,6 und der Bhagavad-Gita, Vers 15,15 für die am Ende des vedischen Schrifttums stehenden Upanishaden verwendet. Später wird es der Name für eines der sechs philosophischen Systeme des Hinduismus (Darshanas). Innerhalb des Vedanta gibt es mehrere Richtungen, von denen der Advaita-Vedanta heute die bedeutendste ist. Die Bedeutung, die Vedanta (und insbesondere Advaita Vedanta) heute innerhalb der religiösen und philosophischen Traditionen Indiens zukommt, ist zum Teil beeinflusst durch Diskurse, die im Europa des ausgehenden 18. Jahrhunderts ihren Ausgangspunkt hatten. Die Interpretationen der damals in Europa vorliegenden indischen Schriften durch verschiedene Autoren (insbesondere Philosophen und Theologen) prägten nachhaltig das europäische Bild Indiens. Seit dem 19. Jahrhundert lässt sich beobachten, wie dieser Diskurs innerhalb religiöser Reformbewegungen sowie der indischen Unabhängigkeitsbewegung eine Neuinterpretation erfuhr.[1]

Grundlagen

Das Studium der Veden und das Befolgen der Rituale wurden als Voraussetzung für das Studium des höheren Wissens, des Vedanta, angesehen. Nur wer so gereinigt war und den höheren Kasten angehörte, durfte den Vedanta studieren. Die vorgeschriebene vorbereitende Reinigung des Schülers durch vedische Rituale wird heute oft durch Elemente des Bhakti-Yoga ersetzt.
Bereits in den Upanishaden kristallisieren sich die zentralen Begriffe Atman (innerstes Sein des Menschen) und Brahman (Weltseele) heraus. Sie werden in vielen Aussagen als Einheit identifiziert: „Diese Seele (Atman) ist Brahman“, „Das bist du“ (Tat Tvam Asi), „Ich bin Brahman“. Die Natur des Brahman ist satya („Wahrheit“), jnana („Erkenntnis“), ananta („Unendlichkeit“) oder ananda („Glückseligkeit“). Hier stellt sich die Frage nach der Beziehung der individuellen Seelen, jivatman, zum paramatman, d. h. Brahman, und nach der Beziehung der Welt der Vielfältigkeit zum einen letzten Sein. Wird in den Upanishaden auch immer wieder die Einheit betont, gibt es doch auch Ansätze, die der Welt eine eigene, von Brahman getrennte Wirklichkeit zusprechen. Bei der Lösung dieser Frage kam es zu den unterschiedlichen Vedanta-Systemen.

Formen des Vedanta

Der Artikel beschreibt fünf Formen des Vedanta: Advaita-Vedanta, Vishishtadvaita-Vedanta, Achintya Bhedabheda, Shuddhadvaita, Dvaita-Vedanta.

Advaita-Vedanta

Beim Advaita-Vedanta (Sanskrit, m., अद्वैत वेदान्त, advaita vedānta, advaita = „Nicht-Dualität“) handelt es sich um ein monistisches System, das die Welt auf ein einziges Prinzip zurückführt. Der bekannteste Gelehrte des Advaita-Vedanta war Shankara (788–820 n. Chr.), der ältere Upanishaden, wie z. B. die Katha-Upanishad, kommentierte und die Vedanta-Philosophie seines Lehrers Gaudapada weiterentwickelte. Wichtige Texte des Vedanta sind die um das 1./2. Jh. n. Chr. textlich fixierten Brahmasutras (auch „Vedantasutras“ genannt), die Shankara ebenso wie die Bhagavad Gita kommentierte. 'Vivekachudamani' (Kleinod der Unterscheidungskraft), der 'Atma Bodha', 'Upadesha Sahasri' sind weitere zentrale dem Shankara zugeschriebene Werke des Advaita Vedanta, die die Philosophie der Nicht-Dualität und der Identität der Seele mit Brahman erläutern.

Wesentliches Charakteristikum des Advaita-Vedanta ist die Wesensidentität von Atman, der individuellen Seele, und Brahman, der Weltseele, deshalb die Bezeichnung Advaita-Vedanta, 'Vedanta der Nichtzweiheit'. Hier besteht der Erkenntnisprozess des Menschen und der Weg zur Erlösung darin, diese Einheit zu erkennen. Dualität tritt demnach nur dort auf, wo avidya, Unwissenheit, herrscht. Die wahre Erkenntnis, die diese Unwissenheit überwindet, führt zur Advaita-Erfahrung und damit zur Befreiung, moksha. Shankaras wichtigster Beitrag besteht in der Entwicklung des Brahman-Begriffs ohne Form und Attribute (nirguna). Daher sind auch sat (reines „Sein“), cit (reines „Bewusstsein“) und ananda (reine „Glückseligkeit“) keine das Brahman qualifizierenden Attribute, sondern sie konstituieren sein Wesen.

Der wahre Atman gilt als durch Maya, Illusion, verschleiert und das Ziel ist es, die Identität von Atman und Brahman zu erkennen. Shankara selbst unterschied zwischen einem niederen Wissen und einem höheren Wissen. Als höheres Wissen galt das Erkennen des unveränderlichen Brahman, für das es kein Werden und keine Vielheit gibt. Das niedere Wissen betraf das Entstehen der Welt aus dem Brahman und das Umherwandern der Geistmonaden. Das Studium wird oft mit dem Ausüben des Jnana-Yoga gleichgesetzt, dessen klassischer Dreischritt folgende Phasen beinhaltet: Studium der Schriften, begriffliche Analyse des Inhalts der Schriften und Meditation über den Gegenstand der Schriften, die in der Erfahrung der Identität von individuellem Selbst (atman) und dem allen Erscheinungen zugrunde liegenden Prinzip (brahman) münden soll.

Die klassische Unterscheidung von niederem und höherem Wissen wird in der neuzeitlichen Version des Neo-Advaita außer Kraft gesetzt. Vertreter dieser modernen Form verweisen ganz auf das nichtduale Ziel des Advaita und versuchen dieses in Form von Satsangs durch unmittelbare Erkenntnis zu vermitteln.

Vishishtadvaita-Vedanta

Vishishtadvaita-Vedanta (Sanskrit, n., विशिष्ताद्वैत वेदान्त, viśiṣtādvaita vedānta, advaita („Nicht-Dualität“), vishishta („modifiziert“)) bedeutet so viel wie qualifizierter Nicht-Dualismus. Es besagt, Gott existiere als Einziges, jedoch bliebe die Pluralität der Welt als eine reale Erscheinungsform Gottes erhalten und sei nicht, wie bei Shankaras Advaita, eine Illusion.

Bedeutendster Vertreter ist Ramanuja (1017–1137 n. Chr.), der in allem das göttliche Brahman, für ihn in Vishnu-Narayana, sieht. Alle Eigenschaften der Schöpfung seien real und unter der Kontrolle Gottes. Dieser könne trotz der Existenz aller Eigenschaften eins sein, da diese nicht unabhängig von ihm existieren können. In Ramanujas System besitzt Gott (Narayana) zwei untrennbare Wesensarten, nämlich die Welt und die Seelen. Diese verhalten sich danach zu ihm wie Körper und Seele. Materie und Seelen stellen den Körper Gottes dar. Gott sei ihr Bewohner, die Kontrollinstanz, Materie und Seelen untergeordnete Elemente, Eigenschaften.
Ramanuja vertritt das Konzept eines persönlichen höchsten Wesens, Narayana und die göttliche Liebe ist für ihn der verbindende Faktor zwischen dem höchsten Wesen und den individuellen Seelen. Der Vishishtadvaita bildet neben einigen verwandten Theorien eine wichtige theoretische Grundlage des Vishnuismus, insbesondere des Bhakti-Yoga, des Weges der Hingabe an Gott.

Der Vishishtadvaita konnte sich als erster gegen Shankaras Advaita-Vedanta (Monismus) behaupten.

Achintya Bhedabheda

oder auch Dvaitadvaita, bezeichnet eine Schule, welche die gleichzeitige Einheit und Verschiedenheit der Wahrheit lehrt. Begründer dieser Philosophie ist Chaitanya (1486–1533).

Diese Lehre besagt, dass sowohl die Gesamtheit aller Seelen als auch die Gesamtheit der Materie (Prakriti) Umwandlungen der Energie der höchsten Wahrheit sind. Als Gottes Energie sind sie einerseits mit ihm identisch und gleichzeitig auf ewig von ihm verschieden, „bheda-abheda“. Dies sei „achintya“ unvorstellbar. Die Wahrheit, die „nichtduale Einheit in Vielfalt“, wird im Bhagavatapurana 1.2.11 veranschaulicht:
„Die Kenner der Wahrheit beschreiben die ewige Wahrheit, deren Wesen nichtduale reine Erkenntnis ist, als Brahman, Paramatma und Bhagavan, so wird es vernommen.“

Anhänger dieser Philosophie sehen in dem Vers die konzentrierte Lehre: Die absolute Wahrheit ist nichtdual und doch wird sie gleichzeitig bezeichnet mit

  • Brahman, die alldurchdringende und eigenschaftslose spirituelle Energie.
  • Paramatma, die Überseele, welche jeden Atman begleitet und in transzendenter Gestalt in allen Dingen gegenwärtig ist.
  • Bhagavan, der höchste Herr selbst, der jenseits der manifestierten Prakriti in seinem ewigen Reich Vaikuntha weilt.“

Shuddhadvaita

Shuddhadvaita, die Philosophie der reinen Nichtdualität, wurde von Vallabha (1479–1531), einem Zeitgenossen Chaitanyas begründet. Er lehnt die Maya-Lehre Shankaras ab, wonach Universum und Individualität bloße Illusion seien. Für ihn ist die ganze Welt Gottes Energie und trotz des ständigen Wandels real. Wie andere vishnuitischen Philosophen unterscheidet auch er zwischen Gott, Materie und den individuellen Seelen.

Vallabha erhob das Bhagavatapurana zur Position einer höchst autoritativen Schrift. Sein systematisches Werk Tattvadipa, das sich mit den Lehren des Bhagavatapurana beschäftigt, veranschaulicht seine Philosophie des Shuddhadvaita: Krishna erschafft die Jivas (Seelen), kreiert das Universum und genießt alles. Der Zweck der Existenz Gottes und der Seelen liege in nichts anderem, als sich gegenseitig zu erfreuen und zu genießen. Radha sei die Gestalt gewordene Liebe Krishnas.[2]
Die Schule Vallabhas ist bekannt für ihre Verehrung Radhas und Krishnas als das höchste göttliche Paar.

Die Vallabha-Schule ist heute eine starke religiöse Bewegung, die vor allem in Nordindien Millionen von Anhängern haben soll.

Dvaita-Vedanta

Dvaita-Vedanta (Sanskrit, m., द्वैत वेदान्त, dvaita vedānta, dvaita = „Zweiheit“, „Dualität“) wurde vom Philosophen Madhva (1199–1278) begründet. Der Begriff Dvaita-Vedānta bedeutet: „Vedanta der Zweiheit“. Danach ist der Atman vom Brahman ewig getrennt und nicht so wie im Advaita-Vedanta identisch.

Stattdessen seien alle Menschen Individuen (jivas), von denen jeder einen eigenen Geist habe. Auch untergrabe die Gleichsetzung von Gottseele einerseits und den Seelen der Individuen andererseits die absolute Autorität Gottes, der allein das Höchste Brahman sei, und von dessen Gnade allein es abhänge. Gottesdienst (puja) und die glaubensvolle Unterwerfung unter ein höheres Wesen (Bhakti-Yoga) seien sinnlos, wenn dieses höhere Wesen identisch mit der (eigenen) Seele ist.

Das Dvaita-Vedanta wurde fortentwickelt von Jayatirtha (1356–1388) und Vyasaraya (1478–1589). Die Anhänger der von Madhva gelehrten Religion sind heute am stärksten vertreten im indischen Bundesstaat Karnataka.

Siehe auch

Literatur

  • Paul Deussen: Das System des Vedânta ..., Brockhaus, Leipzig 1883.
  • Paul Deussen: Die Sûtra's des Vedânta oder die Shârîraka-Mîmânsâ des Bâdarâyana nebst dem vollständigen Kommentare des Shânkara. Aus dem Sanskrit übersetzt, Brockhaus, Leipzig 1887.
  • Elios : Universale Freiheit Advaita Vedanta in der Lebenspraxis des 21. Jahrhunderts, Verlag J. Kamphausen, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-89901-698-7
  • Eliot Deutsch: Advaita Vedanta – A Philosophical Reconstruction, University of Hawaii Press 1986, ISBN 978-0-824802-71-4
  • Erich Frauwallner: Geschichte der indischen Philosophie. Otto-Müller-Verlag, Salzburg 1953.
  • Rewati Raman Pandey: Scientific Temper and Advaita Vedanta, Varanasi: Sureshonmesh Prakashan 1991
  • Raphael: Advaita Vedanta. Der Weg der Nicht-Dualität. Verlag J. Kamphausen, Bielefeld, ISBN 978-3-933496-36-2
  • Raphael: Tat Tvam Asi – Das bist du. übers. v. Beate Schleep. Kamphausen, Bielefeld 2000, ISBN 978-3-933496-48-5
  • Sthaneshwar Timalsina: Consciousness in Indian Philosophy: The Advaita doctrine of 'awareness only'. Routledge, New York 2009, ISBN 978-0-415776-77-6

Weblinks

Fußnoten

  1. Richard King: "Mystic Hinduism". Vedanta and the politics of representation. In: Ders.: Orientalism and Religion. Postcolonial Theory, India and 'The Mystic East'. London: Routledge 1999, S. 118–142.
  2. Zusammengefasst aus Klaus K. Klostermaier: Hinduism – A Short History, Seite 111–114 (ISBN 1-85168-213-9)
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