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Verschollenheit

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Verschollenheit ist der Status einer Person, die im deutschen und österreichischen Recht gleichlautend wie folgt definiert wird:

„Verschollen ist, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne daß Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hierdurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden. Verschollen ist nicht, wessen Tod nach den Umständen nicht zweifelhaft ist.“ (§ 1 VerschG)[1]

Nach dem Schweizer Recht kann auch eine Person, die ohne Nachrichten zu hinterlassen den Kontakt zu ihrem früheren Umfeld abbricht, für verschollen erklärt werden. Zweifel daran, dass die Person noch am Leben ist, sind unter Umständen nicht maßgebend.

Allgemeines

Ein Sonderfall ist im Sprachgebrauch, jedoch nicht rechtlich, die vermisste Person, deren Verschollenheit einem auslösenden Ereignis (z. B. Krieg oder Katastrophen) zugeordnet werden kann.

Die Voraussetzungen für die Verschollenheitserklärung und in weiterer Folge die Todeserklärung regelt in Deutschland das Verschollenheitsgesetz (VerschG), in Österreich das Todeserklärungsgesetz (TEG), die weitgehend inhaltsgleich aus dem Reichsgesetz über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom 4. Juli 1939 übernommen wurden.

Bei den meisten Todesfällen wird sich die Tatsache des Todes und der Zeitpunkt relativ leicht feststellen lassen. Was aber passiert in den anderen Fällen als bei einem Flugzeugabsturz oder im Krieg? Da aus vielerlei Gründen (Witwenrente, Erbrecht, Eherecht) auch bei solchen Ereignissen ein Bedürfnis für die Feststellung eines Todesfalls und einer Todeszeit besteht, hat der Gesetzgeber hierfür ein Gesetz geschaffen: Rechtsgrundlage ist das Verschollenheitsgesetz.

Deutschland

Voraussetzungen

Das Verschollenheitsgesetz kennt verschiedene Fristen für eine Todeserklärung:

  • Allgemeine Verschollenheit: 10 Jahre ab letzten Lebenszeichen (5 Jahre bei Personen älter als 80 Jahre), § 3 Abs. 1 VerschG
  • Soldaten im Krieg: 1 Jahr ab dem Ende des Jahres, in dem der Krieg endete (Kriegsverschollenheit), § 4 Abs. 1 VerschG
  • Schiffsuntergang: 6 Monate ab Untergang (Seeverschollenheit), § 5 Abs. 1 VerschG
  • Flugzeugabsturz: 3 Monate ab Absturz (Luftverschollenheit), § 6 VerschG
  • Sonstige Verschollenheit mit Lebensgefahr: 1 Jahr ab Ende der Lebensgefahr, § 7 VerschG

Antragstellung (Aufgebotsverfahren)

Antragberechtigt sind nach § 16 VerschG:

Der Antragsteller hat seine Angaben glaubhaft zu machen (§ 18 VerschG).

Aufgebotsverfahren

Zuständig ist das Amtsgericht des letzten Wohnsitzes oder Aufenthalts. Das Amtsgericht (zuständig ist der Rechtspfleger) führt auf Antrag das Aufgebotsverfahren nach § 15 ff. VerschG durch. Dadurch erhalten der Verschollene, sofern er noch lebt, oder andere Personen, die etwas über den Verbleib des Verschollenen wissen, Gelegenheit, sich zu melden. Das Aufgebot wird an der Gerichtstafel, im Bundesanzeiger sowie ggf. in geeigneten Tageszeitungen veröffentlicht. Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz.

Sofern die Aufgebotsfrist von mindestens sechs Wochen ohne Reaktion verstreicht, erlässt das Gericht den Todeserklärungsbeschluss. Auch der Beschluss ist zu veröffentlichen (§ 24 Abs. 1 S. 1 VerschG).

Schweiz

Voraussetzungen

Artikel 35 bis 38 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches regeln die Verschollenheit.[2] Das Schweizer Recht kennt keine Unterscheidung nach der Art der Verschollenheit. Relevant ist lediglich, ob Lebensgefahr bestand oder nicht.

Ein Jahr, nachdem für eine Person Lebensgefahr bestand oder fünf Jahre nach dem letzten Lebenszeichen (das Gesetz spricht hier von „Nachricht“), kann ein Antrag auf Verschollenheitserklärung eingereicht werden.

Der Antrag auf Verschollenheitserklärung muss am zuletzt bekannten Wohnsitz der betreffenden Person eingereicht werden.[3]

Verfahren und Wirkung

Danach wird mindestens ein Jahr lang über öffentliche Aufrufe die vermisste Person – oder Personen, die über die vermisste Person Auskunft geben könnten – gesucht. Trifft in dieser Zeit ein Lebenszeichen ein, oder wird der Tod der Person bestätigt, verfällt der Antrag. Andernfalls wird die vermisste Person für verschollen erklärt.

Die Verschollenheit der Person hat dieselben zivilrechtlichen Wirkungen wie der Tod der betreffenden Person. Seit dem 1. Januar 2000 gelten verheiratete Personen als geschieden – nicht verwitwet – wenn einer der Ehepartner verschollen ist.

Die Verschollenheitserklärung ist rückwirkend auf den Zeitpunkt, in welchem die Lebensgefahr bestand beziehungsweise auf den Zeitpunkt, in welchem das letzte Lebenszeichen eingetroffen ist; die Ehe der betreffenden Person wird jedoch erst am Datum der Verschollenheitserklärung aufgelöst.

Erbrecht

Für die Möglichkeit, dass die verschollene Person wieder lebendig auftaucht, müssen Erben eine Sicherheit leisten. Erst dann können sie einen Erbschein beantragen. Diese Sicherheit muss im Falle einer Lebensgefahr für den verschollenen fünf Jahre lang bereitgehalten werden; im Fall einer nachrichtenlosen Abwesenheit sogar für fünfzehn Jahre. Die Fünfjahresfrist läuft ab Auslieferung der Erbschaft an die Erben; die Fünfzehnjahres-Frist ab dem Zeitpunkt des letzten Lebenszeichens. In keinem Fall dauert diese Sicherstellungsfrist länger als bis zu dem Tag, an dem der Verschollene hundert Jahre alt geworden wäre.[4]

Verfügt der Erbe nicht über genügend Vermögen für die Sicherheitsleistung und kann er keinen Bürgen aufbieten, wird bis zum Verstreichen der Sicherstellungsfrist eine Erbschaftsverwaltung angeordnet.[5]

Internationale Fälle

Wenn der letzte bekannte Wohnsitz der Person in der Schweiz lag, wenn der letzte Wohnsitz gänzlich unbekannt ist oder wenn ein „schützenswertes Interesse“ vorliegt (wie zum Beispiel Vermögenswerte innerhalb der Schweiz) sind die Behörden der Schweiz zuständig.[6]

Ausländische Verschollenheitserklärungen sind in der Schweiz gültig, wenn sie im Staat des letzten bekannten Wohnsitzes ergangen sind, oder wenn sie durch den Heimatstaat der betreffenden Person ausgefertigt wurden.[7]

Etymologie

Der Begriff „Verschollenheit“ stammt vom 2. Partizip des heute selten gebrauchten Verbs „verschallen“ („aufhören zu schallen“, Verklingen eines Tons, Abklingen).[8][9]

Siehe auch

Weblinks

Nachweise

  1. Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom 4. Juli 1939, Deutsches RGBl. I S. 1186
  2. http://www.admin.ch/ch/d/sr/210/a35.html, abgerufen am 6. Januar 2012
  3. http://www.admin.ch/ch/d/sr/272/a21.html, aufgerufen am 6. Januar 2012
  4. http://www.admin.ch/ch/d/sr/210/a546.html, aufgerufen am 6. Januar 2012
  5. http://www.admin.ch/ch/d/sr/210/a554.html, aufgerufen am 6. Januar 2012
  6. http://www.admin.ch/ch/d/sr/291/a41.html, aufgerufen am 6. Januar 2012
  7. http://www.admin.ch/ch/d/sr/291/a42.html, aufgerufen am 6. Januar 2012
  8. http://de.wiktionary.org/wiki/verschallen, aufgerufen am 12. Februar 2012.
  9. http://de.wiktionary.org/wiki/verschollen, aufgerufen am 12. Februar 2012.
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