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Vertreibung der Wiener Juden 1670
Die Vertreibung der Juden aus Wien wurde im Jahr 1669 von Kaiser Leopold I. angeordnet und 1670 durchgeführt. Sie wird in Anlehnung an die 1. Wiener Gesera 1421 auch als Zweite Wiener Gesera bezeichnet.
Vorgeschichte
Durch ein Privileg von Kaiser Ferdinand II. waren die Wiener Juden 1624/25 aus der Stadt verbannt und im neu errichteten Ghetto im „Unteren Werd“, einem Teil der heutigen Leopoldstadt, angesiedelt worden. Kaiser Leopold I. bestätigte noch 1659 den Wiener Juden ihre Privilegien und gestattete ihnen 1663, bei Türkengefahr in die Stadt zu flüchten.
Die Vertreibung
Treibende Kraft hinter der Vertreibung war die streng katholische Gattin des Kaisers, Margarita Theresa von Spanien. Sie machte die Juden für Unglücksfälle wie den Tod ihres erstgeborenen Sohnes Ferdinand Wenzel im Jänner 1668 und den Brand des neuerbauten „leopoldinischen“ Traktes der Hofburg im Februar 1668 verantwortlich. Weitere Anstifter waren der Bischof von Neutra, Leopold Karl von Kollonitsch (ab 1670 Bischof von Wiener Neustadt), der einflussreiche Kapuziner und spätere Bischof von Wien, Emerich Sinelli, sowie der Beichtvater des Kaisers, der Jesuit Philipp Müller.
Am 19. Juni 1669 fasste Kaiser Leopold in der Geheimen Konferenz den Beschluss, alle Juden aus Österreich unter der Enns auszuweisen. In einem kaiserlichen Patent vom 2. August 1669 wurde den Juden eine Frist bis zum 14. April 1670 gesetzt, ihre Häuser zu räumen; die Frist wurde bis zum 26. Juli 1670 erstreckt. Die niederösterreichischen Landjuden mussten das Land bis Ostern 1671 verlassen. Berichte über Gewalttaten wie bei der 1. Wiener Gesera von 1421 fehlen.
Die 1650 gestiftete Neue Synagoge wurde 1670 abgebrochen und an ihrer Stelle die Leopoldskirche errichtet. Diese wurde 1671 in Anwesenheit des Kaiserpaares mit dem gesamten Hofstaat sowie des Wiener Bürgermeisters Daniel Lazarus Springer und des Bischofs Wilderich von Walderdorff feierlich dem Heiligen Leopold geweiht.
Folgen
Zahlreiche vertriebene Juden siedelten sich unter dem Schutz von Paul I. Esterházy de Galantha in den Siebengemeinden in Westungarn, dem heutigen Burgenland, an. Die Vertreibung der Juden war nicht von langer Dauer. Schon 1673 wurde ausländischen Juden gestattet, die Jahrmärkte in Krems, Laa, Retz und Mistelbach zu besuchen. Die Hoffaktoren Samuel Oppenheimer und Samson Wertheimer übten weiterhin großen Einfluss am Kaiserhof aus und konnten gegen Ende des 17. Jahrhunderts die Ansiedlung weiterer Juden in Wien durchsetzen.
Literatur
- Thomas Winkelbauer: Ständefreiheit und Fürstenmacht. In: Herwig Wolfram (Hrsg.): Österreichische Geschichte, Band 6/2, ISBN 3-8000-3987-7, S. 202–203.
- Josef von Wertheimer: Die Juden in Oesterreich. Vom Standpunkte der Geschichte, des Rechts und des Staatsvortheils. In drei Büchern. Mayer & Wigand, Leipzig 1842; Digitalisat Bd. 1, S. 123–132.
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