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Warninschrift vom Herodianischen Tempel

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Die Warninschrift vom Herodianischen Tempel sollte Nichtjuden bei Androhung der Todesstrafe vom Betreten des inneren Tempelgeländes in Jerusalem abhalten. Es gibt ein vollständiges Exemplar im Archäologischen Museum Istanbul und ein Fragment im Israel Museum Jerusalem. Beide Inschriften mit fast identischem griechischem Text werden datiert in die Zeit zwischen 23 v. Chr. und 70 n. Chr.

Vollständig erhaltenes Exemplar (Archäologisches Museum Istanbul).

Exemplar des Archäologischen Museums in Istanbul

Fundort

Bereits 1871 hatte Charles Clermont-Ganneau den beschrifteten Marmorblock[1] nördlich vom Tempelberg entdeckt und bald darauf veröffentlicht. Der genaue Fundort war der Innenhof der Madrasa al-Muˤaẓẓamija[2][3], welche am Ṭariq Bab Sitti Marjam (hebräisch: Derech Scha’ar haArajot) liegt. Das Objekt verschwand auf mysteriöse Weise und tauchte 13 Jahre später in Istanbul wieder auf.[4]

Inschriftträger

Die griechische Inschrift ist auf einem ursprünglich geglätteten Marmorblock angebracht, der 60 cm hoch, 90 cm breit und 39 cm tief ist. Der Text umfasst sieben Zeilen ohne Worttrennung in griechischen Majuskeln. Das Sigma hat vier Balken, das Omega ist geschlossen, das Alpha wird sowohl mit geradem als auch mit abgeknicktem Mittelbalken geschrieben.[5]

Die Buchstaben sind über 4 cm hoch und waren möglicherweise farbig ausgemalt.[6]

Inschrift

Griechischer Text

  1. ΜΗΘΕΝΑ ΑΛΛΟΓΕΝΗ ΕΙΣΠΟ
  2. ΡΕΥΕΣΘΑΙ ΕΝΤΟΣ ΤΟΥ ΠΕ
  3. ΡΙ ΤΟ ΙΕΡΟΗ ΤΡΥΦΑΚΤΟΥ ΚΑΙ
  4. ΠΕΡΙΒΟΛΟΥ ΟΣ ΔΑΝ ΛΗ
  5. ΦΘΗ ΕΑΥΤΩΙ ΑΙΤΙΟΣ ΕΣ
  6. ΤΑΙ ΔΙΑ ΤΟ ΕΞΑΚΟΛΟΥ
  7. ΘΕΙΝ ΘΑΝΑΤΟΝ

Deutsche Übersetzung (nach Deißmann)

  1. Kein Andersbürtiger [darf] eintre-
  2. ten in das um
  3. das Heiligtum gehende Gitter und
  4. Gehege! Wer dabei er-
  5. griffen wird, wird sich selbst
  6. die Folge zuschreiben müs-
  7. sen, den Tod.
Fragment (Israel-Museum, IAA Inv. Nr. 1936-989).

Exemplar des Israel Museums in Jerusalem

Fundort

Das Fragment wurde 1935 nahe beim Löwentor der Jerusalemer Altstadt bei der Anlage eines Entwässerungsgrabens[7] entdeckt. Der genaue Fundort war der südliche Straßenrand an der Einmündung der vom Löwentor stadtauswärts führenden Straße (heute Derech Scha’ar haArajot) in die Jericho-Straße (Derech Jericho).[8] In diesem Winkel wurden römische oder byzantinische Gräber sowie Fundamentreste eines Gebäudes freigelegt; in einer Mauer dieses Gebäudes war das Fragment als Spolie verbaut worden.[9]

1938 wurde die Inschrift von John Iliffe, dem Kurator des Rockefeller-Museums, publiziert.[10]

Inschriftträger

Der Marmorblock[1] war noch 49 cm hoch, 27 cm breit und 31 cm tief. Die sechs Zeilen sind tief eingraviert in griechischen Majuskeln; es gibt Spuren roter Farbe in den Buchstaben und leicht eingeritzte Linien zwischen den Zeilen. Unterhalb der letzten Zeile ist ein breiter nicht beschriebener Streifen.[11] Iliffe hob die Unterschiede zur Istanbuler Inschrift hervor; die Buchstaben des beim Löwentor gefundenen Exemplars schienen ihm weniger konsistent geschrieben. Es handelt sich um die Arbeit zweier unterschiedlicher Steinmetzen, die aber im etwa gleichen Zeitraum tätig waren.

Inschrift

Griechischer Text

  1. ΘΕΝΑ ΑΛΛ
  2. ΤΟΣ ΤΟΥ Π
  3. ΤΟΥ ΚΑΙ
  4. ΗΦΘΗ ΑΥ
  5. ΙΑ ΤΟ ΕΞ
  6. ΘΑΝΑΤ

Interpretation

Die beiden fast gleichlautenden[12] Inschriften gehörten zu einer unbekannten Zahl von griechischen und lateinischen Warninschriften auf Steinblöcken, die in regelmäßigen Abständen in die steinerne Balustrade (griechisch δρύφακτος, Deißmann: „Gitter“) des Herodianischen Tempels eingefügt waren. (Die in der Literatur oft verwendete Bezeichnung „Tafel“ erweckt insofern einen falschen Eindruck.)

Der Mischna zufolge war die Balustrade (סורג, soreg) zehn Handbreit hoch.[13] Sie grenzte den äußeren Tempelvorhof, der auch von Nichtjuden betreten werden durfte, von den inneren Höfen ab. Der in der Inschrift gebrauchte Begriff περίβολος („Gehege“) bezeichnet wahrscheinlich den Bereich zwischen der Balustrade und der hohen Mauer um den inneren Tempelbereich.[4] Flavius Josephus hat diese Warninschriften beschrieben[14][15]; vergleichbare Warnungen gab es in der Antike auch bei Tempeln anderer Religionen.[16]

Weblinks

Literatur

  • Charles Clermont-Ganneau: A Discovery of a Tablet from Herod’s Temple. In: Palestine Exploration Quarterly 1, 1871, S.132–133.
  • Hannah M. Cotton et al. (Hrsg.): Corpus Inscriptionum Iudeae/Palaestinae, Bd. 1: Jerusalem, Teil 1:1–704. De Gruyter, Berlin 2010 (teilweise online)
  • Adolf Deißmann: Licht vom Osten. Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch-römischen Welt. Tübingen: Mohr 1908. (online)
  • John H. Iliffe: The ΘΑΝΑΤΟΣ Inscription from Herod’s Temple. In: Quarterly of the Department of Antiquities of Palestine 6, 1936, S. 1–3.
  • Max Küchler: Jerusalem. Ein Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-50170-2.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Corpus Inscriptionum. S. 42 ("Marble slab". Nach anderen Autoren, z.B. Deißmann, der den Istanbuler Stein selbst untersuchte, war das Material Kalkstein.).
  2. Max Küchler: Jerusalem. S. 347.
  3. Ilan Ben Zion: Ancient Temple Mount ‘warning’ stone is ‘closest thing we have to the Temple’. Abgerufen am 8. März 2018 (Der Stein war verbaut in der Wand einer muslimischen Schule.).
  4. 4,0 4,1 Corpus Inscriptionum. S. 43.
  5. Corpus Inscriptionum. S. 42.
  6. Adolf Deißmann: Licht vom Osten. S. 48-49.
  7. Edwin Samuel: A Lifetime in Jerusalem. Jerusalem 1970, S. 93.
  8. Max Küchler: Jerusalem. S. 676-677.
  9. Max Küchler: Jerusalem. S. 675 (Bei dem Gebäude könnte es sich um ein ca. 400 n. Chr. literarisch bezeugtes Armenhaus handeln.).
  10. Corpus Inscriptionum. S. 43-44.
  11. Corpus Inscriptionum. S. 42.
  12. Corpus Inscriptionum. S. 44 (Der einzige Unterschied ist ΕΑΥΤΟΥ in Zeile 5 der Istanbuler Inschrift gegenüber ΑΥΤΟΥ bei dem Jerusalemer Fragment.).
  13. Middot. 2,3.
  14. Flavius Josephus: Jüdische Altertümer (Antiquitates). 15, Nr. 417.
  15. Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. 5, Nr. 193-194.
  16. Corpus Inscriptionum. S. 44.
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